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Löwen staunen über sich selbst

Wahnsinnsleistung gegen Füchse begeistert Trainer, Spieler und Fans

Beim Blick auf die Anzeigetafel schüttelten die Löwen-Fans in der SAP Arena immer wieder mit dem Kopf. Das konnte doch nicht wahr sein! Nach einer Viertelstunde führte ihre Mannschaft gegen den Tabellenführer mit sechs Toren, hatte überhaupt erst vier Gegentreffer zugelassen. Und dann, als man den Löwen-Lauf gerade als unfassbar definiert hatte, wurde es noch deutlicher, schraubte der Deutsche Meister die Führung bis zur Pause auf stolze neun Treffer. Dass es am Ende 14 (!) Tore waren, die Löwen die Füchse mit 37:23 wieder nach Hause schickten, hinterließ teils freudestrahlende, teils ungläubige Gesichter. Das Resultat war eine Löwen-Party, die es sonst nur bei Titelgewinnen gibt.

„Das waren Emotionen wie beim Endspurt der letzten Saison“, sagte Mikael Appelgren. Dabei hatte der Löwen-Torwart selbst einen Riesenanteil an der überragenden Atmosphäre in der Löwenhöhle. 20 Paraden wies die Statistik des Schweden am Ende aus. Bei 23 Gegentoren war das nicht weniger als eine Weltklasse-Leistung, für die er Lob von allen Seiten, unter anderem von beiden Trainern, bekam. Zusammen mit Andreas Palicka bildet „Apfel“ das aktuell stärkste Torhüter-Duo der DKB Handball-Bundesliga. In fast jedem Spiel gehört einer der beiden zu den besten Löwen auf der Platte.

Alle Mann in Spiellaune

Wer sich auf einen solchen Rückhalt verlassen kann, spielt lieber in der Abwehr – und befreiter in der Offensive. Letzteres galt am Donnerstagabend praktisch für die ganze Mannschaft. Andy Schmid zeigte sich in bester Spiellaune, packte ein Trick-Anspiel nach dem anderen aus. Mads Mensah schwang auf halblinks die Keule, Gudjon Valur Sigurdsson flog scheinbar schwerelos durch den Torraum, Alex Petersson spielte abwechselnd Paul Drux und Stipe Mandalinic schwindelig. „Wir haben die Köpfe wieder frei bekommen, spielen jetzt mit Überblick und ohne Fehler. Dazu kommen Spritzigkeit und eine richtig gute 5:1-Abwehr, die jeden Gegner richtig Kraft kostet“, sagte Löwen-Coach Nikolaj Jacobsen, den man nicht häufig so gelöst erlebt hat wie nach dem Erfolg im Spitzenspiel.

Hendrik Pekeler, der am Kreis einmal mehr schuftete wie ein Berserker, zeigte sich begeistert von der Mannschaftsleistung: „Wir haben eine gute Chemie im Team und heute ein fast perfektes Spiel abgeliefert.“ Auf die Frage, ob der Sieg gegen Berlin erst dann etwas wert sei, wenn man diesen nächste Woche gegen Flensburg vergolde, meinte der kongeniale Schmid-Partner: „Nein, der Sieg heute steht für sich. Berlin spielt eine saustarke Saison, es war wichtig, die mal von der Spitze zu holen. Gegen Flensburg und in Stuttgart wollen wir jetzt natürlich nachlegen.“

Löwenherz-Aktion auf Rekordkurs

Gute Nachrichten gab es nicht nur von der Platte. Auch die Löwenherz-Aktion zugunsten von Herzenswünsche e.V. lief mehr als ordentlich an. Weil die Löwen-Familie kräftig ins Portemonnaie griff und massenweise Lose für die Tombola kaufte, befindet sich die Benefiz-Aktion auf Rekordkurs. Gerd Häcke von Herzenswünsche, der eigens für ein Interview im Löwen Fan-TV vor dem Spiel aus Münster anreiste, zeigte sich nahezu überwältigt und lobte: Wahnsinn, was die Rhein-Neckar Löwen leisten!“ Fortsetzung folgt übrigens, dann mit Tombola und Tor-Wette beim Heimspiel gegen die SG Flensburg-Handewitt nächsten Donnerstag.

Sportlich betrachtet kann es dann gerne so weitergehen wie zuletzt: Für die Löwen war das 37:23 gegen Berlin der 23. Heimsieg in der Bundesliga in Folge – und die erneute Rückkehr an die Tabellenspitze. „Es ist immer schön, oben zu stehen. Das heißt, dass man mehr Punkte hat als die anderen“, kommentierte Nikolaj Jacobsen in seiner gewohnt trockenen Art den Zwischenstand bei Saison-Halbzeit. Die „Herbstmeisterschaft“ bedeute ihm ansonsten nicht viel. Wichtiger sei ihm, dass die Mannschaft in guter Form sei – und die beiden restlichen Spiele vor dem Jahreswechsel auch noch erfolgreich bestreite.

„Schauen, wie sich so ein freies Wochenende anfühlt“

Nun stehen ein paar freie Tage an, am Montag beginnt dann die Vorbereitung auf das Topspiel gegen Flensburg am Donnerstag, 21. Dezember, um 20:45 Uhr. Für Andy Schmid und Kollegen ist das ein ziemlich ungewohntes Gefühl: „Ich muss erst einmal schauen, wie sich so ein freies Wochenende anfühlt“, sagte der Löwen-Spielmacher mit einem Lächeln. Mit Blick auf Flensburg sagte er: „Wir wissen, was auf uns zukommt. Aber noch ist das sehr weit weg.“ Oli Roggisch, Sportlicher Leiter der Löwen, warf nur in Sachen Stimmung einen Blick auf den Nord-Süd-Gipfel und wünschte sich eine genauso entfesselte und mitreißende Fangemeinde wie gegen Berlin. Die Voraussetzungen dafür sind nicht schlecht, denn die SAP Arena ist schon seit mehr als einer Woche ausverkauft.