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Löwen verabschieden sich mit Kantersieg von den eigenen Fans

37:21 Erfolg im letzten Heimspiel der Saison 2014/2015

Die Rhein-Neckar Löwen haben das letzte Heimspiel der Bundesligasaison 2014/2015 mit 37:21 (16:8) gegen die TSG Friesenheim gewonnen. Die Badener feierten damit den zwölften Heimsieg in Serie, verloren in dieser Spielzeit in der SAP-Arena nur eine Partie. Im Mittelpunkt stand am Mittwochabend vor 8204 Zuschauern vor allem die Verabschiedung von fünf Spielern.

Die Löwen haben damit mit 61 Punkten so viele Zähler wie noch nie in einer Saison gesammelt und können am Freitagabend in Magdeburg die Punkteausbeute noch krönen. Den zweiten Tabellenplatz und die damit verbundene Vizemeisterschaft haben die Badener ja schon seit Wochen sicher. Der Spitzenreiter THW Kiel ist nach dem knappen Erfolg bei der TSV Hannover-Burgdorf, die Kieler lagen beim 28:26 (13:15)-Sieg im ersten Durchgang deutlich zurück, mit zwei Punkten Vorsprung vor den Löwen und dem deutlich besseren Torverhältnis (um 25 Treffer besser) quasi Deutscher Meister.

Bjarte Myrhol wollten diesen Treffer unbedingt. Immer wieder bot er sich in diesen letzten Sekunden des Spiels an, immer wieder forderte er den Ball. Dann bekam er ihn von Mads Mensah Larsen, drehte sich, wurde gefoult. Siebenmeter für die Löwen, zwölf Sekunden vor Schluss. Zwölf Sekunden vor Schluss des letzten Heimspiels von Bjarte Myrhol bei den Löwen. Die Halle skandierte den Namen des Norwegers, Trainer Nikolaj Jacobsen beorderte Stefan Sigurmannsson, der schon zum Siebenmeterpunkt laufen wollte zurück. Bjarte Myrhol schnappte sich den Ball, trat zum Siebenmeter an – und traf. Es war sein letztes von vielen, vielen Toren in der SAP Arena für die Rhein-Neckar Löwen.  

Der Norweger, für den der Applaus schon vor dem Spiel besonders laut war, geht nach sechs Jahren bei den Badenern zu Skjern Handball nach Dänemark. Myrhol wurde nach der Partie lange von den Fans mit Sprechchören gefeiert. „Du warst immer ein Vorbild, ein besonderer Spieler für uns. Auf und neben dem Spielfeld“, sagte Geschäftsführer Lars Lamadé. Myrhol war zudem der erste Löwenspieler, dessen Trikot ab nun bei Heimspielen der Löwen unter dem Hallendach der SAP-Arena hängt. Im Beisein eines sichtlich gerührten Spielers, der über die Aktion im Vorfeld nicht eingeweiht worden war, wurde dies vollzogen, die Fans feierten ihr Idol als „Handballgott“. „Wenn ich mein Trikot da oben hängen sehe, weiß ich nicht, ob diese Trennung schön ist“, sagte Myrhol und fügte an: „Das war eine riesen Überraschung. Und eigentlich möchte ich gerne noch eine Zahl hinzufügen, vielleicht komme ich irgendwann ja noch einmal als Ersatzspieler wieder.“

Nach drei Jahren bei den Löwen gehen auch Niklas Landin und die Badener zur neuen Saison getrennte Wege, der Torwart schließt sich dem THW Kiel an. „Ich hatte ein tolles Leben und eine tolle Zeit hier“, sagte der Däne. „Das sind zwei herbe Verluste, die zwei kann man nicht einfach ersetzen“, sagte Löwen-Trainer NIkoalj Jacobsen, der vor allem die menschlichen Fähigkeiten vor Myrhol lobte. Auch Bastian Rutschmann verlässt die Löwen, und zwar in Richtung Frisch Auf Göppingen. Zudem gehen David Schmidt, seit 2008 bei den Löwen, und Roko Peribonio, der dritte Torwart. Beide schließen sich der TSG Friesenheim an.  

Handball gespielt wurde am gestrigen Abend auch noch: Die Friesenheimer wirkten dabei in der Offensive über weite Strecken der Partie einfallslos, machten einfache Fehler, die die Löwen oftmals mit Toren per Tempogegenstoß oder zweiter Welle bestraften. Nach sechseinhalb Spielminuten musste Gäste-Trainer Thomas König schon die erste Auszeit nehmen – die Löwen führten zu diesem Zeitpunkt mit 5:0. Und wäre den Gastgebern zu Beginn nicht die eine oder andere Unachtsamkeit (Passfehler, verworfener Siebenmeter von Gensheimer) im Angriffsspiel unterlaufen, die Gelbhemden wären in der Anfangsphase noch deutlicher davon gezogen. Trotzdem war schon nach zehn Spielminuten klar, wer dieses Spiel gewinnen würde.

Denn die Badener standen in ihrer 3:2:1-Deckung einfach extrem sicher, ließen die TSG-Offensive kaum zur Entfaltung kommen. Zudem hinderte Torwart Landin den einen oder anderen Ball am Überqueren der Torlinie. Und vorne spielten die Löwen über weite Strecken der Partie sehr konzentriert, leisteten sich nur wenige Fehlwürfe (16 Treffer bei 23 Versuchen bis zur Pause).

Die große Spannung, wenn denn vorher jemand an einem Sieg der Löwen gezweifelt hatte, war also schnell raus aus dieser Partie. So blieb Zeit für die Fans, sich an kleinen Randerscheinungen der Begegnung zu erfreuen: Wie etwa der, als Landin nach 18 Spielminuten weit aus seinem Tor herauseilte, um einen Pass von TSG-Schlussmann Kevin Klier auf Linksaußen Philipp Grimm abzufangen. Die Zuschauer jedenfalls jubelten frenetisch. „Ich habe den Jungs gesagt, wenn ihr Vollgas gebt, haben wir hier alle zusammen Spaß“, sagte Trainer Jacobsen.

Bei den Löwen durften Spieler wie Stefan Sigurmannsson, Marius Steinhauser oder David Schmidt, die sonst nicht so viel Spielzeit erhalten, schon in der ersten Hälfte aufs Parkett und erhielten viel Spielzeit. Dem Löwen-Siegeszug auf dem Feld tat dies kein Abbruch, die Gastgeber setzten sich Tor um Tor ab, führten 6:1 (10.), 12:4 (19.), 15:6 (26.). Erst als bei den Löwen kurz vor dem Wechsel Stefan Kneer zweimal innerhalb kürzester Zeit eine Zwei-Minuten-Strafe kassierte, kamen die Nachbarn aus Ludwigshafen etwas näher (8:15). In die Pause ging es dann mit 16:8, Schmidt hatte für die Gastgeber getroffen.  

Die Löwen kamen konzentriert aus der Pause, erhöhten durch Treffer von Sigurmannsson (3), Groetzki und Myrhol über 19:8 auf 21:9 (36.). Beim dem Spielstand hatten vor allem die Spieler auf der Bank viel Spaß, es huschte des Öfteren ein Lächeln über die Gesichter der Akteure. Und auf dieser Bank fanden sich auch recht schnell die Spieler wieder, die in dieser Saison ansonsten viel auf dem Parkett gestanden hatten: Andy Schmid oder Niklas Landin etwa. So durfte nach 43 Spielminuten Bastian Rutschmann in seinem letzten Heimspiel für die Löwen ins Tor, Mads Mensah Larsen agierte auf der Spielmacherposition und Abwehrspezialist Kneer machte nun auch im Angriff mit. Nur Bjarte Myrhol, der traf weiter, erzielte in seinem letzten Heimspiel, in dem Vorsprung in der Schlussviertelstunde zwischen zwölf und 13 Treffern schwankte, bevor sich die Löwen noch ein bisschen weiter absetzen, sechs Tore. „Es war ein sehr, sehr emotionaler Abschied. Der ganze Tag war beschissen, meine Gefühle gingen hoch und runter“, sagte der Norweger zum Abschied mit Tränen in den Augen.

 

Rhein-Neckar Löwen – TSG Friesenheim 37:21 (16:8)

Rhein-Neckar Löwen: Landin, Rutschmann (ab 44.) –  Schmid (3/1), Gensheimer (2), Kneer (1), Sigurmannsson (6/2), Myrhol (6/1), Larsen (3), Reinkind (3), Guardiola (1), Steinhauser (3), Groetzki (3), Ekdahl du Rietz (3), Schmidt (3)

TSG Friesenheim: Klier, Bender (ab 31.) – Grimm (3/2), Kogut (2), Claus (1), Dietrich (2), Just (4), Tesch (4), Hauk, Büdel (3), Schmidt (2), Kossler, Criciotoui, Claussen, Unger

Trainer: Nikolaj Jacobsen – Thomas König

Schiedsrichter: Marcus Hurst/Mirko Krag

Zuschauer: 8204

Strafminuten: 6/6

Siebenmeter: 5/4 – 2/2

Gensheimer scheitert an Klier

Zeitstrafen: Kneer (4), Guardiola (2) – Grimm (2), Tesch (2), Büdel (2)

Rote Karte: Tesch (54.)

Spielfilm: 5:0 (7.), 6:1 (10.), 9:3 (16.), 12:4 (19.), 15:6 (26.), 16:8 (Hz.), 23:10 (36.), 28:15 (50.), 32:18 (55.), 37:21 (Ende)

Beste Spieler: Landin, Myrhol, Sigurmannsson – Just.