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Weißrussisches Löwen-Abenteuer

Rhein-Neckar Löwen am Samstag in Brest gefordert

Die Brest-Abwehr packt gegen Mads Mensah zu. Es ist der ganz normale Handball-Wahnsinn. Nachdem die Rhein-Neckar Löwen am Donnerstagabend in der Bundesliga in Minden gespielt – und gewonnen – hatten, sind sie am Freitagmorgen in den Flieger zum nächsten Auswärtsspiel gestiegen. Weil dieses rund 48 Stunden nach der Minden-Aufgabe in Weißrussland (!) stattfindet, heißt es für die Badener in erster Linie: Reisestress verdauen, Ruhe finden, Kraft tanken – und dann noch einmal alles raushauen gegen den HC Meshkov Brest.

„Für Brest geht es um alles“, sagt Löwen-Kapitän Andy Schmid. Er ist sich sicher: In der Industriestadt, die als „Tor zum Westen“ eine wichtige Transitfunktion zwischen Westeuropa, Russland und Zentralasien hat, wird es den Löwen alles andere als leichtgemacht werden. Der HC Meshkov – benannt nach dem Vereinsgründer – steht mit fünf Punkten zwar auf dem vorletzten Tabellenplatz. Allerdings ist man auch punktgleich mit Montpellier HB und damit ganz nahe an Rang sechs, der als letzter noch für die Teilnahme am Achtelfinale berechtigt. Auch Kristianstad als Achter hat fünf Punkte auf dem Konto, so dass es im Dreikampf um die nächste Runde auf jeden Zähler ankommt.

Höchstmotivierter Gegner

„Die Tabellenkonstellation spricht ganz klar dafür, dass Brest alles in dieses Spiel hineinlegen wird“, sagt Andy Schmid und erwartet einen höchstmotivierten Gegner am Samstagabend. Brest muss danach noch nach Veszprém, dürfte sich dort keine Punkte ausrechnen und würde in das Duell mit Kristianstad am letzten Spieltag sicher gerne einen kleinen Punktevorsprung mitnehmen. Zumal man auch das leichteste Restprogramm des Trios hat, Montpellier noch in Kielce und Skopje sowie zuhause gegen Barcelona ran muss, Kristianstad nach Barcelona und zuhause gegen Skopje spielt. Die große Chance, sich zum vierten Mal in Folge für das Achtelfinale der VELUX EHF Champions League zu qualifizieren, dürfte dafür sorgen, dass die Weißrussen am Samstag mit 100 Prozent Fokus in ihr Heimduell mit den Rhein-Neckar Löwen gehen werden.

Vladan Lipovina im Hinspiel gegen Brest. Zuhause im Universal-Sportkomplex „Wiktorija“ sind die Brester ohnehin nicht zu unterschätzen. Nach dem 32:30-Sieg in Kristianstad zum Auftakt der aktuellen Königsklassen-Runde gelang ihnen hier der überraschende 26:23-Coup über Titelverteidiger Montpellier, aufgrund dessen sie bis heute die Möglichkeit haben, sich für die nächste Turnierphase zu qualifizieren. Denn danach, und das gehört eben auch zur Wahrheit, gab es für den Klub keinen Sieg mehr und aus neun Spielen nur noch ein Remis. Das allerdings ließ auch wieder aufhorchen, gelang es doch gegen den Champion von 2017, Vardar Skopje. Nicht nur das 31:31 gegen die starken Mazedonier dürfte Andy Schmid im Kopf gehabt haben, als er von der Heimstärke Brests sprach.

Löwen mit schlechter Brest-Erfahrung

Auch gegen Veszprém (28:29) waren die Weißrussen ganz nah an einer Überraschung. Lediglich gegen Barcelona (21:29) und Kielce (26:35) blieb man zuhause chancenlos. Und auch die Löwen selbst kamen schon in den zweifelhaften Genuss eines Gastspiels im tiefen europäischen Osten. Am 8. Oktober 2016 gab es in der Champions-League-Vorrunde das erste Aufeinandertreffen mit dem HCM in dessen Heimspielstätte. Nach 60 Minuten stand es 28:30 aus Löwen-Sicht. „Da haben wir am eigenen Leib erfahren, wie schwer das dort sein kann, und dass Brest zuhause jeden schlagen kann“, erinnert sich Andy Schmid noch gut an den letzten Brest-Besuch. Auf dem Hinspiel-Resultat, als man Meshkov ziemlich deutlich mit 33:27 distanzieren konnte, will sich der Schweizer jedenfalls nicht ausruhen.

Andy Schmid weiß, wie schwer es werden kann am Samstag. „Wir wissen genau, dass das ein komplett anderes Spiel wird als noch in der SAP Arena. Uns erwartet ein sehr physisches Duell“, so der Löwen-Kapitän, der zudem den Nachteil der weiten und kraftzehrenden Anreise zu verzeichnen hat. Nach dem durchaus kniffligen Gastauftritt in Minden, den man erst relativ spät zu seinen Gunsten entscheiden konnte, ging es ins Hotel und am nächsten Morgen um 9 Uhr zum Flughafen. Um 10.30 Uhr startete die Maschine Richtung Weißrussland, wo am Abend das Abschlusstraining auf dem Programm stand. 24 Stunden später, am Samstag um 19.30 Uhr Ortszeit (17.30 Uhr deutsche Zeit) müssen Schmid und seine Löwen dann auf den Punkt voll da sein, wenn sie die eigenen Ambitionen in der Champions League untermauern wollen.

Nach dem 27:30 gegen Skopje ist Platz zwei in der Gruppe so gut wie weg, bestenfalls noch Rang drei möglich. Dafür ist ein Sieg in Brest Pflicht. Dabei fehlen weiterhin die verletzten Steffen Fäth (Hüfte) und Jesper Nielsen (Leiste). Die Partie wird zum einen wie gewohnt im Liveticker der Rhein-Neckar Löwen auf Facebook und Twitter begleitet, zum anderen auf Sky Sport 1 im Pay-TV übertragen.