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Zittersieg gegen Lemgo

Löwen bezwingen den TBV nach langem Rückstand

Die Rhein-Neckar Löwen haben die Tabellenführung in der Handball-Bundesliga verteidigt. Die Badener besiegten am Samstagabend den TBV Lemgo in der SAP Arena denkbar knapp mit 35:34 (16:16). Der Tabellenführer tat sich über 60 Minuten schwer mit den Ostwestfalen, hatten vor allem in der Abwehr große Probleme und feierten am Ende einen knappen Sieg. Aufgrund des zeitgleichen Kantersieges des THW Kiel beim Bergischen HC beträgt der Vorsprung der Löwen in der Tabelle nur noch drei Treffer gegenüber dem Rekordmeister von der Ostsee.

Dass es in der Bundesliga keine einfachen Spiele gibt, ist bekannt. Auch bei den Löwen. Doch dass die Heimpartie gegen den TBV Lemgo bis zum Schlusspfiff spannend sein würde, ja bis zum Schlusspfiff nicht entschieden sein würde, damit hatte wohl kaum jemand in der SAP Arena gerechnet. Bis zum 32:31 (57. Spielminute) führten die Gäste, dann drehten die Gastgeber die Partie durch jeweils zwei Treffer von Patrick Groetzki und Andy Schmid, garniert mit zwei Paraden von Bastian Rutschmann, sodass sich große Erleichterung in der Arena breitmachte. „Wir haben schlecht gespielt. Wir müssen einfach zufrieden sein, dass wir zwei Punkte geholt haben“, sagte Stefan Sigurmannsson, der seinen Vertrag bei den Löwen bis 2017 verlängert hat. „Lemgo hätten einen oder zwei Punkte mehr als verdient gehabt. Wir waren einfach nicht da. Ich habe die Mannschaft gewarnt, aber vor allem in der Abwehr waren wir nicht gut. Lemgo hatte unsere Schwächen in der Abwehr ausgenutzt. Dann kriegt man in der Bundesliga Probleme“, sagte Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen nach der Partie. Lemgos Trainer Niels Pfannenschmidt urteilte: „Wir hätten einen Sieg verdient gehabt. Aber trotzdem großes Kompliment an mein Team. Wir haben das gegen die Löwen-Abwehr sehr gut gelöst, immer eine Antwort gefunden und dann leider selbst in der Abwehr Probleme bekommen.“

In den ersten Minuten konnten sich die Löwen nicht mit mehr als mit einem Treffer absetzen, den Lemgoern gelang immer wieder der Ausgleich. Das lag zum einen daran, dass die Abwehr der Badener nicht so zupackte, wie man es von ihr gewöhnt ist, Situationen zum Tempogegenstoß, und damit zu einfachen Toren, ergaben sich nur sehr wenige. Zum anderen spielten die Löwen im Angriff nicht konzentriert genug. In das Spiel der Badener reihte sich immer mal wieder ein Abspielfehler ein, sechs Fehlwürfe in der ersten Viertelstunde und einige starke Paraden von Gäste-Torwart Nils Dresrüsse kamen hinzu. So stand es nach 15 Spielminuten 6:6. Löwen-Coach Jacobsen hatte genug gesehen und legte die Grüne Karte, um in der Auszeit seine Mannschaft neu einzustellen.

Doch es wurde nicht besser. ausgerechnet Tim Suton, der seinen Vertrag bei den Gelbhemden vor ein paar Tagen aufgelöst hat (ab kommender Saison ist er aber wieder ein Löwe), traf zur ersten Lemgoer Führung, in Überzahl gerieten die Löwen anschließend sogar mit zwei Treffer in Rückstand (7:9/19.). Und die Gäste verteidigten diesen Zwei-Tore-Vorsprung erst einmal, obwohl sie in dieser Phase mehrfach in Unterzahl agieren musste, dies aber im Angriff durch einen zusätzlichen Feldspieler geschickt kompensierten und immer wieder Treffer aus dem Rückraum erzielten – des Öfteren auch, wenn schon Zeitspiel angezeigt war. Da half auch ein Torwartwechsel bei den Löwen, Rutschmann war nach 21 Minuten für Niklas Landin gekommen, nichts. Wie zaghaft die Löwen verteidigten, zeigt auch die Tatsache, dass es bis zur 26. Spielminute dauerte, bis die Badener die erste Gelbe Karte bekamen. Die Gäste, die in der Abwehr deutlich härter zupackten, hatten zu diesem Zeitpunkt neben einer Gelben Karte schon drei Zwei-Minuten-Strafen kassiert. „Wir waren zu brav“, monierte so auch Stefan Sigurmannsson nach der Partie.

Die vierte Zwei-Minuten-Strafe gegen die Gäste, Suton musste zum zweiten Mal raus, brachte Lemgo dann um den Lohn für ihre bisherige Leistung. Mit einem 4:0-Lauf in den letzten drei Minuten vor dem Wechsel – Bjarte Myrhol, Uwe Gensheimer per Siebenmeter, erneut Myrhol und Patrick Groetzki trafen – egalisierten die Badener die Begegnung zum 16:16-Halbzeitstand.

Was sich mit Beginn der zweiten Halbzeit änderte: Die Löwen agierten mit einer 5:1-Deckung. Was sich mit Beginn der zweiten Hälfte nicht änderte: Das Spiel an sich. Lemgo erzielte die ersten drei Treffer nach der Pause, die Badener hingegen brauchten fast fünf Minuten für ihr erstes Tor (17:19/35.). Was sich nun abspielte, erinnerte an das, was die Zuschauer schon über weite Strecken des ersten Durchgangs gesehen hatten: Lemgo führte, mal mit einem, mal mit zwei, mal mit drei Treffern. Die Badener hinkten hinterher, weil vieles klappte, vieles aber auch nicht. Vor allem in der Defensive haperte es weiterhin, die Ostwestfalen trafen immer wieder aus dem Rückraum. „Wir hatten keinen Abwehrverbund, 34 Gegentore sind definitiv zu viele“, sagte Torhüter Rutschmann.

Doch langsam, ganz langsam, wendete sich das Blatt. Weil Kim Ekdahl du Rietz im Angriff praktisch jeden Ball versenkte (insgesamt zehn Treffer). Weil Gensheimer alle seine sieben Siebenmeter traf. Weil den Gästen im Angriff der eine oder andere Fehler unterlief – und sie vor allem in der Abwehr nicht mehr so kompakt standen. Beim 24:23 (45.) führten die Löwen erstmals seit der Anfangsphase wieder. Doch die Gäste, die in der Bundesliga im Abstiegskampf stecken, gaben nicht auf. Sie nutzten die Fehler der Löwen, Hendrik Pekeler, der zur kommenden Saison zu den Badenern wechselt, erzielte das 28:27 für Lemgo (50.). Und diese Führung gab der TBV erst einmal nicht mehr her, führte 29:28 (52.), 30:29 (54.), 31:30 (55.) und 32:31 (57.). Doch dann kam der Schlussspurt der Gastgeber, die buchstäblich noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen waren.

Rhein-Neckar Löwen – TBV Lemgo 35:34 (16:16)

Rhein-Neckar Löwen: Landin, Rutschmann (21.-30. und ab 53.) – Schmid (5), Gensheimer (11/7), Kneer, Sigurmannsson (n.e.), Myrhol (2), Larsen (1), Reinkind, Guardiola, Petersson (1), Groetzki (5), Ekdahl du Rietz (10)

TBV Lemgo: Bauer (für zwei Siebenmeter), Dresrüsse – Lönn (1), Bechtloff, Hornke (6/1), Suton (4), Schneider (8), Pekeler (5), Lemke (3), Haenen (n.e.), Höning (6), Zieker (1), Niemeyer

Trainer: Nikolaj Jacobsen – Niels Pfannenschmidt

Schiedsrichter: Andreas Pritschow/Marcus Pritschow

Zuschauer: 7088

Strafminuten: 2/10

Siebenmeter: 7/7 – 1/1

Zeitstrafen: Larsen (2) – Lemke (2), Suton (4), Niemeyer (2), Bechtloff (2)

Spielfilm: 6:6 (16.), 8:10 (21.), 12:16 (26.), 16:16 (Hz.), 17:19 (35.), 23:23 (44.), 26:26 (49.),  29:29 (53.), 31:31 (57.), 35:34 (Ende)

Beste Spieler: Gensheimer, du Rietz, Groetzki – Schneider, Hornke, Hörning.