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Auftakt gegen einen Spitzenclub

Löwen starten gegen Skopje ins Pflichtspieljahr 2016

Mit dem Heimspiel in der VELUX EHF Champions League gegen den mazedonischen Meister Vardar Skopje starten die Rhein-Neckar Löwen am morgigen Donnerstag, 19:30 Uhr Fraport Arena Frankfurt, (SKY live) ins Pflichtspieljahr 2016. „Ich freue mich, dass es nach der EM-Pause wieder los geht, mit Skopje erwarten wir direkt eine absolute Spitzenmannschaft, die sich vor allem auf die Champions League konzentriert“, so Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen am heutigen Mittwoch bei einem Pressegespräch in Kronau.

Wie ernst dem morgigen Gegner die Königsklasse ist, verdeutlicht die Vorbereitung von Skopje auf die Partie in Frankfurt, für die die Löwen bereits über 3000 Karten abgesetzt haben. Bereits am gestrigen Dienstag landeten die Mazedonier in Frankfurt, zwei Tage vor dem Spiel. Mit 12 Punkten liegt Skopje aktuell nur einen Punkt hinter den Löwen auf Tabellenplatz fünf, dieser würde in einem kommenden Achtelfinale zuerst Heimrecht bedeuten, während die Löwen auf dem momentan dritten Platz das entscheidende Rückspiel zu Hause hätten. Und Skopje möchte unbedingt zum Final4 nach Köln.

Es ist der dritte Anlauf. 2014 scheiterte Vardar auf dem Weg ins Final Four der Champions League ganz knapp an der SG Flensburg-Handewitt. Zwölf Monate später war gegen Vive Kielce Schluss, wieder ging es eng zu. Doch 2016 soll es endlich klappen, mit der ersten Reise nach Köln. „Das ist unser Ziel“, stellt Davor Stojanoski, Klub-Direktor des mazedonischen Meisters, klar. Und damit das gelingt, konnte er sich wieder auf die Millionen von Sergej Samsonenko verlassen. Der russische Oligarch und Investor von Vardar Skopje will es wissen, ihm ist die Vorherrschaft in der nationalen Liga längst nicht genug. Sein Klub soll auch in Europa für Furore sorgen und Geld spielt dabei keine Rolle. Weltklasse-Torwart Arpad Sterbik kam vor eineinhalb Jahren vom FC Barcelona nach Skopje, ebenso Ex-Löwe Sergey Gorbok. Und auch vor dieser Runde griff der Russe wieder tief in die Tasche. Mit Mijajlo Marsenic (HC Partizan), Luka Cindric (HC Metalurg), Jorge Maqueda (HC Nantes), Dejan Manaskov (HSG Wetzlar) und Aleksander Dereven (HC Medwedi Tschechow) wurden gleich fünf Neue geholt.

Und auch für die kommende Saison hat sich Skopje bereits den nächsten Weltklassespieler gesichert. Vom THW Kiel kommt Rückraumspieler Joan Canellas im kommenden Sommer, dafür wechselte Blazenko Lackovic vor wenigen Tagen nach Kiel, um den Rekordmeister im Kampf um die Meisterschaft in der Bundesliga zu unterstützen.

Einer, der sich besonders auf das Duell mit den Löwen freut, ist Gorbok, der von 2007 bis 2010 und 2013/14 bei den Badenern spielte. Vor etwas mehr eineinhalb Jahren gehörte er zu jenen tragischen Helden, die eine überragende Saison zeigten, am letzten Spieltag aber die Meisterschaft wegen der um zwei Tore schlechteren Tordifferenz verpassten. Diesen Schmerz hat der Rechtshänder bis heute nicht verdaut, sind doch die Löwen bislang der einzige Klub in seiner Karriere, mit dem er keinen Titel gewann. Arkatron Minsk, ZTR Zaporozhye, RK Celje, Medwedi Tschechow – überall gab es etwas zu feiern. Auch mit seinem neuen Klub Vardar Skopje räumte er gleich in seiner ersten Saison mit Meisterschaft und Pokalsieg richtig ab – wenngleich es für das mit Stars gespickte Ensemble nicht sonderlich schwer ist, auf nationaler Ebene zu glänzen.

„Die mazedonische Liga ist nicht so stark“, gibt Gorbok zu: „Und die Belastung ist eine andere als in der Bundesliga.“ Während die deutschen Vereine Woche für Woche auch im nationalen Wettbewerb an ihre Grenzen gehen müssen, startet die mazedonische Liga erst im Frühjahr. „Es gibt einfach nicht so viele Mannschaften“, berichtet Gorbok. Der Königsklasse gilt die volle Konzentration, eine komfortable Situation, wie der Russe zugibt: „Ich habe hier mehr Zeit für meine Familie als zuvor bei den Löwen.“ Seine in Heidelberg geborenen Drillinge Eva, Sara und Daniela besuchen in Skopje eine internationale Schule. „Sie sprechen hervorragend Englisch. Ich kann von ihnen lernen“, scherzt der Rückraumschütze, der nach dieser Saison zum ungarischen Topklub Pick Szeged wechselt und bis dahin immer mal wieder die Gelegenheit nutzen will, um mit Ehefrau Veronika und den drei Töchtern von Skopje an die nicht weit entfernte griechische Küste zu reisen – auch wenn diese Ausflüge durch die Reform der Champions League seltener geworden seien, wie der Rückraumspieler bedauert: „Der neue Modus ist schon eine echte Herausforderung. Man trifft bereits in der Vorrunde auf zahlreiche Top-Teams, noch dazu gibt es mehr Spiele. Das ist auch für uns schwer.“

Mangels Konkurrenz im eigenen Land ist Vardar in der internationalen Seha-Liga, in der Mannschaften aus Osteuropa und vom Balkan gegeneinander antreten, am Ball. Gorbok und Co. kämpfen mit MVM Veszprem und HC Zagreb um die Spitzenposition, in der Champions-League-Gruppe B sieht es nicht ganz so gut wie erwartet aus. Vardar steht als Tabellenfünfter unter Druck, will es eine gute Ausgangsposition für das Achtelfinale haben. Ein Sieg bei den Löwen wäre Gold wert – und dass sie dazu in der Lage sind, beim deutschen Vize-Meister zu gewinnen, zeigten sie in der vergangenen Saison. Da siegte die Mannschaft von Trainer Raul Gutierrez Gonzalez, der seit November 2013 bei den Mazedoniern arbeitet, beim badischen Handball-Bundesligisten mit 28:35.

Und auch das Hinspiel in dieser Runde ging an Vardar, beim 25:19 in Skopje konnten sich Gorbok und Co. einmal mehr auf ihre Heimstärke und ihre fanatischen Fans verlassen. Sie sind das große Plus, die heißblütige und emotionale Atmosphäre hat Skopje schon so manchen Punkt gebracht. Die 6000 Zuschauer im nagelneuen, hochmodernen und von Samsonenko finanzierten Sport-Center Jane Sandanski veranstalteten einen Höllenlärm und lassen Skopje von weiteren magischen Nächten in der Champions League träumen.

„Wir sind ein ernstzunehmender Gegner. Es ist unser Ziel, jedes Jahr in der Champions League dabei zu sein. Handball ist in Mazedonien die Sportart Nummer eins, und wir wollen weitere Fans für uns gewinnen“, sagt Trainer Raul Gutierrez Gonzalez.
Irgendwann soll natürlich auch der Sprung auf den europäischen Thron gelingen, die Titelfavoriten sind in dieser Saison der FC Barcelona, KS Vive Kielce, MVM Vesprem und Paris Saint-Germain. Dieses Quartett ist für Raul Gutierrez Gonzalez der Maßstab – und um es angreifen zu können, braucht er weitere Stars. Das weiß auch Sergej Samsonenko.