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Das gelbe Bollwerk verleiht Sicherheit (MM)

MANNHEIM. Entnervt nimmt Gennadi Chalepo nach 24 Minuten seine zweite Auszeit. Der Trainer des TuS N-Lübbecke sucht nach einer neuen Lösung in der Offensive, das Abwehrbollwerk der Rhein-Neckar Löwen ist einfach nicht zu überwinden. Schon rund zehn Minuten zuvor hatte Chalepo die grüne Karte auf den Tisch gelegt, ein mickriges Tor brachte seine Mannschaft anschließend bis zum nächsten Krisengipfel zustande. Die Ideen des TuS-Trainers bleiben ohne durchschlagenden Erfolg, keine 20 Treffer erzielt seine Mannschaft in 60 Minuten, weshalb die Bundesliga-Handballer der Rhein-Neckar Löwen über einen ungefährdeten 24:19 (12:8)-Sieg jubeln.

„Wir haben das Spiel in der Abwehr gewonnen, eine großartige Defensivleistung gezeigt, hatten in Niklas Landin einen überragenden Torwart“, analysiert Spielmacher Andy Schmid treffend. Rund eine Stunde nach Spielschluss sitzt er entspannt mit Zarko Sesum im Business Club der SAP Arena. Nach drei Siegen in drei Spielen ist die Stimmung prächtig – aber noch längst nicht alles im Lot. „In der Offensive haben wir nur phasenweise gut gespielt, da gibt es Luft nach oben“, sagt der Schweizer und erhält Zustimmung von Sesum.

Gudmundsson zufrieden

Das Duo muss es schließlich wissen, gehört es doch zu den Aufgaben der beiden Mittelmänner, ihre Nebenleute in Szene zu setzen, das Spiel zu ordnen, für Ideen zu sorgen. Dass dies nicht über 60 Minuten gelingt, liegt jedoch weniger an den beiden Regisseuren, sondern ist der kurzen Saisonvorbereitung und den vielen Neuzugängen geschuldet. „Aber wenn wir so verteidigen, gewinnt man auch mit 24 Toren ein Spiel“, verweist Sesum auf das Positive und schmunzelt. Trainer Gudmundur Gudmundsson attestiert seinem Defensivverbund sogar eine „Weltklasse-Leistung“, seine Freude darüber kann der Isländer nicht verbergen. „Alle beteiligen sich an der Abwehrarbeit. Es macht Riesenspaß, sich das anzusehen.“

Schon heute (19.45 Uhr) sind die Löwen wieder gefordert, in Aschaffenburg treten sie beim Ex-Meister TV Großwallstadt an. Es bleibt also keine Zeit, großartig Spielzüge einzustudieren. „Die fehlenden Automatismen im Angriff gleicht diese Mannschaft zurzeit noch mit einem guten Geist, einem tollen Defensivverhalten, beeindruckender Körpersprache und feinen Einzelleistungen aus. Keinem bleibt verborgen, dass hier eine echte Einheit auf dem Feld steht“, meint Manager Thorsten Storm, der sich sicher ist: „Dieses Team tut alles dafür, dass die Löwen eine gute Zukunft haben.“

In der Gegenwart sieht es zumindest nicht schlecht aus. Gewinnen die Gelbhemden heute ihr viertes Spiel, erobern sie die Tabellenspitze. Trainer Gudmundsson schaut ein wenig verdutzt, als er darauf hingewiesen wird. „Oh ja, wirklich? Darüber habe ich gar nicht nachgedacht“, sagt der Coach und wiegelt ab: „Wichtig ist immer nur das nächste Spiel.“ Aber Spitzenreiter, das ist doch eine schöne Sache, oder? Gudmundsson lächelt ein wenig, aber er traut sich nicht so recht aus der Deckung. „Ja, das wäre nicht schlecht. Aber ich will lieber nicht daran denken. Wir haben eine nicht ganz unproblematische Zeit hinter uns, in der die Löwen große Ziele hatten und viel schief lief. Diese Geschichte wollen wir hinter uns lassen.“

Von Marc Stevermüer