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Der harte Schaffer mit dem Sieger-Gen

Als neuer Cheftrainer der Rhein-Neckar Löwen hat Maik Machulla viel zu tun und noch mehr vor

Maik Machulla beim Training.
Maik Machulla im Löwen-Training.

„Ich bin nervös“, gesteht Maik Machulla bei seinem ersten Treffen mit der gesamten Rhein-Neckar-Löwen-Organisation. Am Mittwoch, 16. Juli, fällt der Startschuss für seine neue große Trainerstation, versammeln sich Mannschaft, Team ums Team und Geschäftsstelle im Trainingszentrum Kronau. Und wie vor jedem Meilenstein-Moment wird dem Träger der Verantwortung die Tragweite bewusst.

„Das muss auch so sein“, sagt der erfahrene Ex-Profi, der in der Saison 1997/98 sein Bundesliga-Debüt im Trikot des SC Magdeburg feiert und genau weiß, wie es sich anfühlt, wenn ein neues Kapitel beginnt. Bei der BSG Einheit Halle-Neustadt fängt alles an. Es ist ein durchaus rühriger Verein mit ansehnlicher Handballabteilung. Hier entfaltet sich ein Talent, das den Talentspähern der erweiterten Region nicht verborgen bleibt.

1991, damals gerade einmal 14, folgt der heranwachsende Maik dem Ruf des SC Magdeburg, lebt dort im Internat und lernt früh, sich auf den Sport hin auszurichten. In Magdeburg reift der gebürtige Greifswalder vom Teenager zu einem Mann, der ein Handballspiel lesen und lenken kann, der vorangeht ganz so, wie er es heute als Cheftrainer macht. Und wie er es von seinen Jungs auf dem Spielfeld sehen will.

Der harte Schaffer mit dem Sieger-Gen: Grundsteine aus Magdeburg

Der harte Schaffer mit dem Sieger-Gen. Als neuer Cheftrainer der Rhein-Neckar Löwen hat Maik Machulla viel zu tun und noch mehr vor.
Maik Machulla als Flensburg-Trainer mit Uwe Gensheimer.

Früh sieht er auch, was die Faktoren von Erfolg sind. Beim SCM befindet er sich Ende der 1990er, Anfang der 2000er Jahre in einer reinen Legenden-Truppe, spielt als Jungspund neben Granden wie Joel Abati, Olafur Stefansson und Henning Fritz, gewinnt mit ihnen 2001 die Meisterschaft und – als Leihspieler bei der SG Hameln – 2002 offiziell die Champions League. Trainer ist ein gewisser Alfred Gislason, die erste prägende Trainerfigur im Profi-Leben Maik Machullas.

2002, nach der Leihsaison, packt Machulla seine sieben Sachen und verlässt den SCM nach ziemlich genau zehn Jahren. Bei der HSG Nordhorn, wohin es ihn zieht, wird er immerhin ganze acht Jahre bleiben und die erfolgreichste Zeit des Vereins mitgestalten. Höhepunkt ist der Gewinn des EHF-Cups 2008 gegen den FC Kopenhagen. Damit folgt man wem als EHF-Cup-Sieger nach? Genau: Machullas Ex-Klub SC Magdeburg.

Während es danach für die HSG in die Insolvenz geht, führt es Maik Machulla, damals 33, nach Hamm in Westfalen. Hier agiert er, wie auch schon seit seiner letzten Saison in Nordhorn, als Spielertrainer. Der fließende Übergang vom Feld an die Seitenlinie, beides in verantwortlicher Position, nimmt zwei Jahre später Fahrt auf. 2012 heuert das Ostsee-Kind aus Greifswald bei der SG Flensburg-Handewitt an und kehrt damit zumindest in die Nähe seiner Heimat zurück.

Der harte Schaffer mit dem Sieger-Gen: Meilenstein Flensburg

Der harte Schaffer mit dem Sieger-Gen. Als neuer Cheftrainer der Rhein-Neckar Löwen hat Maik Machulla viel zu tun und noch mehr vor.
In Flensburg reifte er zum Top-Trainer: Maik Machulla.

Bei der SG schließt sich ein Kreis. Es beginnt aber auch etwas komplett Neues. Machulla spielt noch eine Saison aktiv, schlüpft dabei aber immer mehr in die Rolle des Co-Trainers von Ljubomir Vranjes. 2014 beendet er, mit 37, seine aktive Karriere, kommt noch einmal kurz zurück, als Not am Mann ist, und landet wieder in jenen Sphären, in die er schon mit dem SCM vorgestoßen war.

2014 gewinnt er, als spielender Co-Trainer, die Champions League, 2015 den DHB-Pokal. Als er 2017 für den scheidenden Vranjes den Cheftrainerposten übernimmt, fühlt sich das wie die logische Konsequenz der gesamten Entwicklung Maik Machullas als Handballer an: vom spielintelligenten Mittelmann über den spielenden Co-Trainer zum Chefcoach. Alles andere als logisch sind die sportlichen Erfolge, mit denen der damals 40-Jährige bei den Flensburgern durchstartet.

2018 schnappen Machullas Nordlichter den Löwen die Meisterschaft vor der Nase weg, 2019 folgt der zweite Streich. 2020 und 2021 geht die SG jeweils als Zweiter über den Zielstrich in der stärksten Liga der Welt. Es scheint – im Großen und Ganzen betrachtet – immer nur und immer weiter bergauf zu gehen mit der Laufbahn des Maik Machulla. Ehe es zweimal nacheinander kracht. 2023, nach einer Halbfinalniederlage im Pokal gegen die Löwen, beendet die SG die Zusammenarbeit. Knapp elf Jahre, ähnlich lang wie in Magdeburg und Nordhorn, war man sich treu geblieben. Dann das abrupte Ende.

Der harte Schaffer mit dem Sieger-Gen: Missverständnis wird zum Glücksfall

Der harte Schaffer mit dem Sieger-Gen. Als neuer Cheftrainer der Rhein-Neckar Löwen hat Maik Machulla viel zu tun und noch mehr vor.
Im Winter 2024 unterschreibt Machulla bei den Löwen.

Machulla betont damals mehrmals, wie lange und wie sehr ihn die Trennung beschäftigt hat. 2024, als er endlich wieder bereit ist für etwas Neues, nimmt das erste Missverständnis in der bis dahin fast reibungslos dahinschnurrenden Karriere seinen Lauf. Schon nach wenigen Monaten wird klar: Das hier bei Aalborg Håndbold passt so gar nicht. Der Verein reagiert schnell und hart, beendet das Arbeitsverhältnis sofort. Für die Löwen, was soll man sagen, ein Glücksfall.

Denn so wirft sich der harte Schaffer nun hier in Kronau jeden Tag in die Arbeit. Die Aufgabe ist keine kleine: Acht Neuzugänge wollen integriert werden, dazu ein neues Spielsystem, ein neuer Co- und ein neuer Torwarttrainer. Die gute Laune und die Lust aufs Anpacken, diese beiden früh entdeckten Qualitäten der neuen Löwen-Mannschaft, machen Maik Machulla zuversichtlich, dass er in Kronau, in einer der Wiegen der Rhein-Neckar Löwen, wieder an die eigene Erfolgsgeschichte wird anknüpfen können.

Das Rezept dieses Erfolges, zumindest ein ganz zentraler Aspekt, spielt sich nämlich im Trainingszentrum selbst ab. Unten in der Handballhalle, oben im Kraftraum, aber auch bei den taktischen Einheiten im Video-Raum daneben: Hier wird Maik Machulla tagein, tagaus an seiner neuen Mannschaft, an ihrem Spiel, an ihrer Verfassung arbeiten. Keiner bei den Löwen hätte etwas dagegen, wenn das nächste Kapitel im Machulla-Buch ähnlich erfolgreich und damit lange werden würde wie die Abschnitte in Magdeburg, Nordhorn und Flensburg.