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Deutschland scheitert in WM-Krimi an Portugal
In der Verlängerung entscheidet ein Treffer das letzte Viertelfinal-Duell
Deutschland unterliegt Portugal 30:31 (9:13) im Viertelfinale der 29. Handball-Weltmeisterschaft. Durchgang eins geht an die Iberer, die schneller schalten, Angriffe klüger ausspielen und damit die Top-Leistung von Torwart Andreas Wolff egalisieren. Nach der Pause steigern sich die Deutschen deutlich und verwickeln den Gegner in einen waschechten Krimi, der in die Verlängerung geht und in dem Portugal denkbar knapp die Nase vorn behält. Im Halbfinale geht es für die Jungs um Martim und Kiko Costa am Freitag gegen Dreifach-Weltmeister und Top-Favorit Dänemark.
Nach sechs Minuten sorgt Renars Uscins mit dem 1:2 für das erste deutsche Tor des Abends. Rui Silva macht wenig später das 1:4 (8.). Die Portugiesen sind besser im Spiel, weil sie sich im Angriff die besseren Chancen erspielen. Da fallen die fünf frühen Wolff-Paraden kaum ins Gewicht. Auszeit Alfred Gislason nach zehn Minuten, Spielstand 1:5. Löwe Juri Knorr kommt. Wolff hält einen Siebenmeter, Julian Köster zieht eine Zwei-Minuten-Strafe, verursacht dann aber ein Stürmerfoul (2:5, 13.). Es bleibt ein schwieriger Abend für das DHB-Team. Umso wichtiger, dass Knorr mit dem 3:6 ein erstes Ausrufezeichen setzt (14.).
Der Löwen-Spielmacher zieht das Spiel an sich, trifft nach guter Passstafette über Marko Grgic und Uscins zum 5:7 (19.). Jetzt muss Portugal die erste Auszeit nehmen. Nach Steal Johannes Golla und Kontertor Lukas Zerbe ist Deutschland dran (6:7, 20.). Grgic scheitert am Pfosten, Luis Frade trifft bei Unterzahl Deutschland ins leere Tor, dreht zurück auf plus drei (7:10, 23.). Kiko Costa setzt noch einen drauf zum 7:11 (24.), da ist die schöne Aufholjagd zunichtegemacht. In dieser Phase agieren die Deutschen wieder zu fahrig, unglücklich und nicht energisch genug.
Deutschland scheitert in WM-Krimi an Portugal: Andreas Wolff macht ein Mega-Spiel
Diogo Marques im Tor der Portugiesen egalisiert zunehmend die Leistung Wolffs. Vieles spricht gerade für die Iberer. Knorr hält dagegen, kämpft einen Siebenmeter heraus. Zerbe verkürzt auf 9:11 (28.). In die Pause geht es mit 9:13. Noch ist alles drin, aber es braucht eine Steigerung in Hälfte zwei, insbesondere im Angriff, aber vor allem in Sachen Leidenschaft, Aufmerksamkeit, Handlungsschnelligkeit, Galligkeit. Knorr eröffnet Hälfte zwei mit einem Durchbruch zum 10:13 (31.). Frade sieht Rot nach hartem Einsteigen gegen Uscins (13:15, 36.). Wichtig die Parade von Wolff gegen Silva und das Kontertor von Golla zum 14:16 (38.).
Portugal verschlampt einen Angriff, Deutschland kann den Anschluss herstellen (15:17, 40.). Köster findet Golla, es steht 16:17 (41.) – alles wieder offen. Die Roten verteidigen weiter überraschend stark, Knorr wählt den Schlagwurf, findet einen Weg zum 17:18 (43.). Es ist das vierte Tor des Löwen-Spielmachers im fünften Versuch. Wolff hält mit dem Gesicht gegen Silva, kriegt zwei Minuten gegen Portugals Mittelmann und den Ball, mit dem Deutschland die Führung zu sich zurückholen kann (18:18, 46.). Direkt danach kassiert auch Portugals Trainer eine Zeitstrafe, spielen die Deutschen in doppelter Überzahl.
Zerbe vollendet per Siebenmeter zum 19:18 (47.). Wolff mit Mega-Parade, Zerbe mit dem 20:18 – jetzt haben die Deutschen starkes Oberwasser. Auszeit Portugal. Knorr schweißt ein zum 21:19, bringt weitere Emotionen in den Fight von Oslo. Uscins zieht nicht minder heftig nach, Wolff pariert zum 14. Mal (22:20, 50.). Es bleibt ein Spiel des Willens und der Nerven. Der starke Kreisläufer Victor Iturriza verkürzt nach einer Fehlerserie auf 22:21 (52.). Jetzt quittiert das deutsche Team eine doppelte Unterzahl nach Fouls von Marian Michalczik und Lukas Mertens. Knorr zwingt den Ball zum 23:22 über die Linie (54.).
Deutschland scheitert in WM-Krimi an Portugal: Am Ende wird es dramatisch
Wolff packt überirdische Reflexe aus, hält gegen Martim Costa zum 16. Mal (23:23, 56.). Köster ballert zum 24:23 (57.). Kiko Costa gleicht aus zum 25:25 (59.). Der Krimi spitzt sich zu. Golla macht das 26:25, Zerbe vereitelt das Gegentor nach schneller Mitte. Kiko Costa zieht zwei Minuten gegen Köster – bitter. 22 Sekunden vor dem Ende, beim Stand von 26:26, nimmt Gislason die letzte Auszeit. Es kommt kein Wurf mehr zustande. Verlängerung!
Knorr startet die Extrazeit mit einem Strahl zum 27:26 (61.). Es ist sein siebtes Tor im zehnten Versuch. Portugal antwortet umgehend. Golla scheitert am Pfosten, Kiko Costa wuchtet ein (8/13), Knorr scheitert am Pfosten. Nicht, dass das Spielglück jetzt entscheidend kippt! Martim Costa macht das 27:29 (64.), zum ersten Mal seit der Halbzeit bekommen die Portugiesen wieder das Momentum. Mit 28:29 geht es in die Halbzeit der Verlängerung. Der überragende Zerbe holt den Siebenmeter, den er selbst zum 29:29 verwandelt (67.). Neuntes Tor für Zerbe im neunten Anlauf. Wolff hält zum 21. Mal – Chance zur Führung. Uscins aber scheitert am Block Portugals.
Eine Minute noch. Iturriza macht das 29:30. 30 Sekunden – Mertens trifft zum 30:30. Martim Costa haut einen aus der Hüfte raus – 30:31. Aus. Das Drama ist aus. Was für ein bitteres Finale aus deutscher Sicht.