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„Die Arbeit hat sich gelohnt: Ich bin jetzt Weltmeister“
Die Rhein-Neckar Löwen haben einen frisch gebackenen Weltmeister in ihren Reihen. Gedeón Guardiola schnappte sich mit dem spanischen Nationalteam den Titel. Im Interview spricht der Kreisläufer vor der Bundesliga-Partie gegen den TV Großwallstadt (Mittwoch, 20.15 Uhr/SAP Arena) über das Wintermärchen der Iberer, die spanische Liga und die Löwen.
Gedeón, ein paar Wochen sind seit dem Gewinn des WM-Titels mit der spanischen Nationalmannschaft ins Land gezogen. Hast Du diesen Triumph realisiert?
GEDEÓN GUARDIOLA: Mittlerweile schon. An einer Weltmeisterschaft teilzunehmen, ist immer etwas Besonderes. Vor allem dann, wenn das Turnier im eigenen Land stattfindet. Uns ist dazu noch die Krönung gelungen und wir haben den Titel gewonnen. Das ist das Allergrößte.
Was macht diesen Erfolg noch so besonders?
GUARDIOLA: Wir haben so viele Menschen glücklich gemacht. Meine Familie und meine Frau sind unglaublich stolz auf mich. Und ich weiß jetzt endgültig: Die viele Arbeit, der ganze Fleiß, die unzähligen Trainingsstunden – das alles hat sich gelohnt. Ich bin jetzt Weltmeister.
Was wahrscheinlich entsprechend gefeiert wurde . . .
GUARDIOLA: Nach dem Finale sind wir mit der ganzen Mannschaft und dem Trainerstab essen gewesen. Unsere Familien waren dabei. Anschließend haben wir uns ins Nachtleben gestürzt. Es wurde sehr, sehr spät.
Dein Zwillingsbruder Isaías konnte das Finale nur als Fernsehzuschauer verfolgen. Tut er Dir leid?
GUARDIOLA: Ich habe alles versucht, um ihn zum Finale nach Barcelona zu bekommen. Aber er hatte am Tag nach dem Endspiel gleich wieder Training bei den Löwen und es gab keinen Flug, der ihn rechtzeitig von Barcelona nach Deutschland gebracht hätte. Es wäre natürlich das absolute i-Tüpfelchen gewesen, wenn ich zusammen mit meinem Bruder Weltmeister geworden wäre. Ich bin mir aber sicher: Wenn er weiter hart an sich arbeitet und sich verbessert, wird er auch wieder eine Chance in der Nationalmannschaft bekommen.
Im Endspiel wurde Dänemark mit 35:19 von euch demontiert. War das die beste Leistung einer spanischen Nationalmannschaft in den vergangenen Jahren?
GUARDIOLA: Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Richtig ist auf jeden Fall, dass wir ein sehr gutes Spiel gezeigt haben. Es lief einfach alles nach Plan. Die Torhüter hielten prächtig, in der Abwehr standen wir hervorragend und im Angriff nutzten wir unsere Chancen konsequent. Wir haben mit diesem deutlichen Final-Sieg sicherlich Geschichte im Welt-Handball geschrieben, müssen aber auch zugeben, dass die Dänen nicht unbedingt ihren besten Tag erwischt hatten.
Es gab durchaus Kritik am spanischen Stil. Angeblich hat der neue Weltmeister nicht attraktiv gespielt.
GUARDIOLA: Ich glaube nicht, dass man das so sehen kann. Wir haben uns im Turnierverlauf gesteigert und unsere beste Leistung im Endspiel gezeigt. Deswegen sind wir ein verdienter und würdiger Weltmeister.
Im Viertelfinale habt ihr Deutschland besiegt. War diese Partie für Dich etwas Spezielles?
GUARDIOLA: Ja klar, schließlich spiele ich in der Bundesliga. Spanien ist mein Heimatland, in Deutschland lebe und arbeite ich. Das kann man nicht verdrängen. Es war ein großartiges Spiel und Deutschland hat eine starke Mannschaft. Irgendwann werden sie auch wieder einen Titel gewinnen.
Das ist aber nicht ganz so einfach, wie Du aus eigener Erfahrung leidvoll weißt.
GUARDIOLA: Oh ja, bei der EM 2012 verloren wir das Halbfinale mit 24:25 gegen den späteren Europameister Dänemark und haderten mit einigen strittigen Schiedsrichter-Entscheidungen. Bei den Olympischen Spielen verloren wir im Viertelfinale in der letzten Sekunde mit 22:23 gegen Frankreich, das anschließend Gold gewann. Es fehlte uns also in den zurückliegenden Turnieren auch ein wenig das Glück. Der Stachel der Enttäuschung saß bei mir und meinen Nationalmannschaftskollegen lange Zeit sehr tief. Doch jetzt haben wir ihn herausgezogen. Mit dem WM-Titel ist die Leidenszeit endlich vorbei. Wir haben bewiesen, dass wir ein großes Team sind und wichtige Spiele gewinnen können.
Du bist ein sehr guter Abwehrmann und kennst Julen Aguinagalde aus der spanischen Nationalmannschaft. Die deutsche Auswahl hatte riesige Probleme mit ihm. Wenn es einer wissen muss, wie man diesen 113-Kilo-Mann stoppen kann, dann doch wohl Du.
GUARDIOLA: Man darf ihn einfach nicht in Ballbesitz kommen lassen. Es ist unmöglich, Julen zu stoppen, wenn er den Ball hat. Er bewegt sich unheimlich gut, ist immer anspielbar und muss auch sehr viel einstecken. Aber das alles macht ihm nichts aus, er gehört zu den besten Kreisläufern der Welt.
Bei den spanischen Fußballern war es lange Zeit sehr schwer, dass sich die Spieler aus Barcelona und Madrid vertragen. Wie ist das bei den Handballern?
GUARDIOLA: Das ist überhaupt kein Problem. Die Handballer sind zwar nicht so prominent wie die Fußballer, dafür haben sie aber auch keine großen Allüren. Zum Fußball gehören eine gigantische Marketingmaschinerie und ein riesiges Medieninteresse. Bei diesem ganzen Hype kann schnell mal jemand die Bodenhaftung verlieren.
In Deutschland sorgte der WM-Titel 2007 für einen Handball-Boom. Kann das auch in Spanien passieren?
GUARDIOLA: Ich hoffe das natürlich, aber momentan geht es meinem Land wirklich nicht gut. Die Finanzkrise hinterlässt überall ihre Spuren, davon sind auch der Handball und andere Sportarten betroffen. Viele Stars haben die spanische Liga in den vergangenen Monaten verlassen, weil den Klubs ganz einfach das Geld ausgeht. Diese WM hat sicherlich noch mehr Menschen als bisher für den Handball begeistert. Aber ich glaube nicht, dass dieses Turnier helfen wird, die ökonomischen Probleme der Klubs zu verringern. Wenn all die Prognosen eintreten, die man so hört, wird auf das ganze Land eine noch schwerere Zeit zukommen.
Selbst spanische Nationalspieler verlassen mittlerweile die Liga Asobal. Du bist zusammen mit Deinem Bruder zu den Löwen gekommen. Musstet ihr lange überlegen?
GUARDIOLA: Nein. Als Isaías und ich die Möglichkeit bekamen, zusammen nach Deutschland zu gehen, war unsere Entscheidung schnell gefallen. Die Löwen sind ein seriöser Klub, die Bundesliga ist die Nummer eins in der Welt. Und uns hat die Herausforderung gefallen, noch einmal etwas ganz Neues zu machen.
Was ist anders als in Spanien?
GUARDIOLA: In Deutschland ist jede Partie ein kleines Endspiel, die Begegnungen sind intensiver. Und hier wird professioneller gearbeitet. Das Auslaufen am Tag nach einem Spiel kannte ich bislang nicht.
Deine Stärken liegen in der Abwehr, die von Oliver Roggisch auch. Was schätzt Du an Deinem Kollegen?
GUARDIOLA (lacht): Oli gibt stets Vollgas, auch beim Aufwärmtraining. Er ist zwar weder ein begnadeter Basketballer noch ein herausragender Fußballer, aber er versucht immer, 100 Prozent aus sich herauszuholen.
Direkt nach der WM ging es für Dich bei den Löwen weiter: Wie schnell konntest Du vom Feier- auf den Löwen-Modus umstellen?
GUARDIOLA: Sofort, als ich in Deutschland war. Ich will mit den Löwen jedes Spiel gewinnen. Da fällt es nicht schwer, sich darauf zu konzentrieren.