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„Die harten Prüfungen kommen erst noch“
Alexander Petersson im Interview
Seit der Verpflichtung von Darko Stanic ist Alexander Petersson nicht mehr der älteste Spieler im Kader der Rhein-Necker Löwen. Im Interview spricht der isländische Linkshänder über seine Rolle in der Mannschaft, die Privilegien der älteren Spieler, den bisherigen Saisonverlauf der Löwen und welche Beziehung er zum Tape-Cutter hat.
Alexander, seit der Verpflichtung von Darko Stanic im Sommer bist du den Titel des ältesten Spielers bei den Rhein-Neckar Löwen los, Darko ist noch gut zwei Jahre älter als du. Bist du froh darüber, nicht mehr der „Methusalem“ des Teams zu sein?
ALEXANDER PETERSSON: Nein, eigentlich nicht, das hat mir ganz gut gefallen. Es ist ja auch etwas ganz Nettes, wenn man der Älteste ist. Die Jüngeren schauen ein bisschen zu einem auf, man kann ein bisschen ein Vorbild sein und ich gebe immer gerne etwas von meinen Erfahrungen weiter. Aber jetzt müssen wir uns wohl eher an Darko orientieren (lacht).
Junge Spieler müssen oft nicht so besonders beliebte Jobs übernehmen. Gibt es im Gegensatz dazu auch Privilegien und Erleichterungen für die Routiniers, die das alles schon lange hinter sich haben?
PETERSSON: Ja, klar, da gibt es schon ein bisschen Entgegenkommen.
Verrätst du uns ein paar Details?
PETERSSON: Bei uns hat jeder seine Aufgabe, sonst funktioniert es nicht. Ein Nachwuchsspieler wie etwa Marius Steinhauser ist beispielsweise unser Wasserwart. Er bringt zum Training die Kästen, beschriftet die Flaschen mit den Trikotnummern und sammelt nach dem Training wieder alles ein. Harald Reinkind kümmert sich dagegen um die Bälle und das Harz. Wir älteren Spieler haben es da schon ein bisschen besser. Ich bin zum Beispiel für den Tape-Cutter zuständig, mit dem die Tape-Streifen abgeschnitten werden. Das ist schon deutlich angenehmer.
Mit Darko habt ihr nun ja auch einen Neuzugang, wenn im Training der beliebte Fußball-Vergleich „Alt gegen Jung“ auf dem Programm steht. Ist er eine Verstärkung für die „Alten“?
PETERSSON: Er hat mich positiv überrascht, er kann mit dem Ball umgehen, und da bewegt er sich fast intensiver als beim Handball-Training (lacht). Aber insgesamt haben wir ein kleines Problem. Bjarte Myrhol und Bastian Rutschmann waren immer bei den „Alten“, jetzt haben wir Rafael Baena und Darko dazubekommen. Im vergangenen Jahr haben wir immer gewonnen, aber jetzt sind die „Jungen“ auf der Überholspur. Das ist fast schon eine kleine Revolution. Aber so ist das wohl: Irgendwann wollen auch die „Jungen“ mal ran.
Mal ganz ohne Flachs: Können Darko Stanic und Mikael Appelgren einen Weltklasse-Mann wie Niklas Landin Jacobsen ersetzen?
PETERSSON: Meiner Meinung nach ist jeder zu ersetzen. Mal braucht das ein wenig Zeit, manchmal geht das schneller. Wir haben jetzt in der Liga sieben Spiele hinter uns – und unsere Torhüter haben bisher immer gut gehalten. Es ist vor allem das Duo Stanic/Appelgren, das sich gut ergänzt. Im vergangenen Jahr hat uns manchmal etwas die Stabilität im Tor gefehlt, bislang sieht es so aus, also ob wir da einen Schritt nach vorne machen können.
Generell ist die Abwehr der Rhein-Neckar Löwen bislang der große Trumpf. Keine Mannschaft hat bisher weniger Gegentore bekommen, im Schnitt waren es nur 21 pro Partie. Ist die Defensive momentan euer stärkster Mannschaftsteil?
PETERSSON: Wir sind da auf jeden Fall stabiler geworden, und auch bei der 3:3-Abwehr weiß jeder, was er machen muss. Gerade da muss eine Mannschaft mit den richtigen Spielzügen agieren oder einen schnellen Spielmacher haben. Dean Bombac von Pick Szeged hat das in der vergangenen Saison zum Beispiel gut ausgenutzt. Wenn wir in zwei Wochen wieder gegen Szeged spielen, wissen wir vielleicht, wo wir stehen. Aber gerade gegen Barcelona, die nicht so schnell auf den Beinen sind, hat das gut geklappt. Die Würfe aus zwölf, dreizehn Metern sind dann etwas für unsere Torhüter.
Bei dieser Abwehrformation muss man sehr stark in den Eins-gegen-eins-Situationen sein. Kommt dir das entgegen, so viel Raum verteidigen zu müssen?
PETERSSON: Generell schon, in den Eins-gegen-eins-Situationen kann ich mich schon gut behaupten, aber das kostet natürlich alles sehr viel Kraft – und ich soll ja auch noch im Angriff etwas tun. Da ist es gut, dass Harald Reinkind immer besser in seine Rolle hineinwächst und mich da auch entlasten kann.
Aber Fitness war ja noch nie dein Problem. Immer wenn man sich etwas Sorgen um dich macht – wie in der vergangenen Saison wegen deiner Probleme im Wurfarm oder jetzt nach deiner Leisten-Operation – kommst du immer wieder stärker zurück. Wo liegt denn dein Geheimnis?
PETERSSON: Man muss wissen, wie man mit seinem Körper umgeht, was man isst, wie viel man schläft. Das ist in jungen Jahren kein Problem, da steckt man vieles weg. Aber mit 35 tut dir nach einem Spiel alles weh, da ist es fast das Schwerste, morgens auf die Beine zu kommen. Da muss man dann auch mal Neues ausprobieren und dem Körper helfen, wo man kann.
Und mit der Leiste ist alles okay?
PETERSSON: Das ist leider nicht ganz so gut, wie wir das gedacht haben. Da gibt es immer noch ein bisschen Probleme. Ich werde das vielleicht nochmal kontrollieren lassen. Gegen Kielce habe ich zuletzt nicht gespielt, da wir die Belastung bei mir wirklich dosieren müssen. Aber insgesamt bin ich mit meiner Leistung in den ersten Spielen zufrieden.
Wenn du spielst, musst du ebenfalls viel Verantwortung im Angriff übernehmen. Wie klappt beispielsweise das Zusammenspiel mit eurem neuen Kreisläufer Rafael Baena?
PETERSSON: Wir trainieren jetzt rund drei Monate zusammen, und das wird immer besser. Jeder versteht jetzt besser, was der andere will. Wo Bjarte Myrhol mehr entgegengekommen und in die freien Räume gegangen ist, mag Rafael eher den genauen Pass und macht den Rest dann selbst – was er sich mit seiner Physis erlauben kann. Das ist ein anderes Spiel, aber deshalb nicht schlechter. Und jetzt, da Hendrik Pekeler zurückgekehrt ist, haben wir noch mehr Optionen. Ihn kann man weiter oben anspielen, und er ist auch stark in der Abwehr und wir können uns einen Wechsel sparen.
Dein „Schattenmann“ Harald Reinkind hat seinen Vertrag gerade bis 2019 verlängert. Die richtige Entscheidung für ihn und die Löwen?
PETERSSON: Auf jeden Fall. Harald hat sich gut weiterentwickelt. Normalerweise freut man sich nicht, wenn der Teamkollege auf der gleichen Position so langfristig verlängert, das ist meist kein gutes Zeichen für die eigene Karriere (lacht). Aber ich bin ja mittlerweile in einem Alter, in dem ich das akzeptieren kann. Er ist schließlich auch eine Entlastung für mich, und wir ergänzen uns mit unseren unterschiedlichen Spielweisen ganz gut.
Wo hat er die meisten Fortschritte gemacht?
PETERSSON: Sicher in der Abwehr, wo er seine Beinarbeit stark verbessert hat. Aber auch im Angriff hat er einen Schritt nach vorne gemacht. Die Tatsache, dass ihn unser Trainer Nikolaj Jacobsen gegen Barcelona von Beginn an gebracht hat, sagt eigentlich alles darüber, was er ihm mittlerweile zutraut. Auch gegen Kielce hat Harald ein richtig gutes Spiel gemacht.
Wie ordnest du euren starken Start in der Liga ein? Konnte man das so erwarten?
PETERSSON: Der war schon gut, aber man muss auch sehen, dass es der Spielplan bis auf die Partie in Magdeburg ganz gut mit uns gemeint hat. Die richtig harten Prüfungen kommen erst noch.
Du spielst da sicher auf die Partie gegen Kiel an. Zuvor geht es aber noch gegen den TuS N-Lübbecke, der einen ziemlich katastrophalen Start erwischt hat. Unterschiedlicher könnten die Herausforderungen nicht sein.
PETERSSON: Ja, gerade das Spiel gegen Lübbecke ist das gefährliche. Was passieren kann, wenn man den zweiten Schritt vor dem ersten geht, haben wir in den vergangenen Jahren leider zu oft erlebt.
In das Spiel gegen Kiel könntet ihr mit vier Punkten Vorsprung gehen, was die absolute Ausnahme wäre. Verändert das die Situation?
PETERSSON: Natürlich. Das sollte uns Sicherheit und Selbstvertrauen geben. Der Druck liegt auf jeden Fall nicht bei uns, Kiel darf sich dagegen eigentlich keine weitere Niederlage leisten – auch wenn es noch früh in der Saison ist.
Läuft alles nach Plan, hättet ihr bei einem Erfolg dann schon sechs Zähler vor dem Titelverteidiger. Wäre das schon eine Weichenstellung?
PETERSSON: Ich sage mal: besser so als umgekehrt. Aber ich glaube auch, dass die Spitzenmannschaften in dieser Saison generell mehr Punkte abgeben werden. Das wird sicher noch spannend an der Tabellenspitze.
Zuletzt wurdet ihr mit Lob überhäuft. Barcelonas Trainer Xavier Pascual bezeichnete die Löwen „als derzeit beste europäische Mannschaft“, Hannovers Coach Jens Bürkle wollte nach eurem Sieg bei den „Recken“ sogar schon den neuen deutschen Meister gesehen haben. Wie geht ihr damit um?
PETERSSON: Für mich ist das alles nur Gerede. Wir haben gerade einmal sieben Spiele hinter uns, am besten hört man da gar nicht hin. Die vergangenen zwei Jahre haben uns doch gezeigt, dass es nur darauf ankommt, was am Ende ist. Das möchte ich nicht mehr erleben, deshalb sollte man das alles nicht überbewerten. Wir schauen weiter von Spiel zu Spiel. Unser nächste Aufgabe heißt Nettelstedt, erst danach denken wir an das Duell mit Kiel.
Wie groß ist die Vorfreude auf das kommende Spiel gegen Kiel?
PETERSSON: Der THW ist seit Jahren die beste Mannschaft der Liga. Natürlich freut man sich auf so ein Spiel. Auch wenn sie bereits vier Punkte abgegeben haben, die Meisterschaft wird auch in diesem Jahr nur über den THW entschieden. Je länger die Saison geht, je besser wird der THW. Ich hoffe am kommenden Mittwoch besonders auf die Unterstützung unserer Zuschauer, die SAP Arena muss einfach voll sein und uns unterstützen, dann haben wir wirklich eine Chance auf zwei Punkte.