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Ein Ausrufezeichen, keine Kampfansage (MM)

Rhein-Neckar Löwen wollen starke Champions-League-Leistung beim 35:24 gegen Montpellier nicht überbewerten

MANNHEIM. Die Rhein-Neckar Löwen haben nicht nur den Spitzenreiter der französischen Liga aus der SAP Arena gefegt wie ein trauriges Häufchen Herbstlaub. Nein, sie haben am Samstag mit dem 35:24 (18:11)-Erfolg über Montpellier AHB ein Ausrufezeichen gesetzt in der gerade begonnenen Champions-League-Saison – auch wenn das hinterher keiner so richtig wahrhaben wollte. „Ich weiß nicht, ob das ein Zeichen Richtung Veszprem war“, sagte Löwen-Trainer Nicolaj Jacobsen in Hinblick auf den wohl größten Konkurrenten in der Königsklassen-Gruppe C. In einer Sache war sich Jacobsen hingegen sicher: „Das war unser bestes Spiel über 60 Minuten, seitdem ich hier Trainer bin.“

Montpellier, ein robustes Team mit Schwergewichten am Kreis und im Rückraum sowie französischen, slowenischen und brasilianischen Nationalspielern, hatte gegen die aggressive Mannheimer 6:0-Abwehr keinen Plan. Genauso wenig wie gegen die überfallartigen Tempogegenstöße oder die Angriffe aus dem Positionsspiel heraus, das dank Löwen-Taktgeber Andy Schmid stets explosiv, überraschend und entschlossen war. Ab dem 7:4 durch den überragenden Bjarte Myrhol war die Partie fest in der Hand der Löwen.

„Bisher hatten wir eine richtig gute erste Halbzeit gegen Hamburg und eine richtig gute zweite Halbzeit gegen Göppingen. Jetzt haben wir zum ersten Mal zwei gute Halbzeiten hinbekommen“, sagte ein zufriedener Jacobsen, der den Abwehrblock Gedeon Guardiola/Stefan Kneer und seinen Torwart Niklas Landin heraushob. Dass Defensiv-Spezialist Guardiola fünf Treffer nach Gegenstößen erzielte, zeigt das Ausmaß der Löwen-Stärke vielleicht am treffendsten. Landin wiederum brachte die Franzosen mit mindestens einem Dutzend Weltklasse-Paraden schier um den Verstand.

„Es war unheimlich wichtig, dass Niklas stark gehalten und viele freie Würfe weggenommen hat“, sagte Patrick Groetzki. Eine Kampfansage gen Veszprem wollte aber auch der Rechtsaußen nicht abgeben: „Da gibt es keine Ansagen. Beide Teams wissen genau, was auf sie zukommt.“ Bereits am nächsten Samstag kommt es zum Duell beim ungarischen Topteam, das Coach Jacobsen mit dem THW Kiel und dem FC Barcelona zu den Favoriten auf den Champions-League-Titel zählt. Auch Andy Schmid zeigte Respekt vor der Klassemannschaft: „Da erwartet uns ein ganz anderes Spiel.“

Spaß machte auch das Duell mit dem 14-maligen französischen Meister Montpellier, der mit breiter Brust nach Mannheim gekommen war. Damit war es aber schnell vorbei. Ungewöhnlich schnell, wie Groetzki unterstrich: „Wir hatten einen starken Gegner und eine enge Partie erwartet.“ Umso schöner war für ihn der Spielverlauf. „Es tut gut, zwei gute Halbzeiten gespielt zu haben.“ Dass es nun gleich in die nächste Englische Woche geht, findet der Dauerbrenner nicht schlimm – aus einem einfachen Grund: „Ich spiele lieber, als ich trainiere.“

Am Mittwoch in Minden

Spielen müssen die Löwen schon wieder am Mittwoch, dann geht es für den Bundesliga-Spitzenreiter zu GWD Minden (20.15 Uhr). Am Samstag steht dann der heiße Tanz bei MKB Veszprem (21 Uhr) an, das zum Auftakt beim Moskau-Klub Medvedi Tscheschow 37:32 gewann. Die Partie wird live beim Bezahlsender Sky zu sehen sein. Dass die damit verbundenen späten Anwurfzeiten sich nicht gerade gut auf die Zuschauerresonanz in der Halle auswirken, darauf gab es am Samstag in Mannheim einen Vorgeschmack: Gerade mal 3119 Zuschauer wollten die Champions-League-Partie sehen.

Von Rüdiger Ofenloch