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Ein Erlebnis namens Landin (MM)

Beim 29:26-Sieg im Topspiel über den THW Kiel zeigt Torwart Niklas Landin eine überragende Leistung für die Rhein-Neckar Löwen. Doch es gab auch noch einen zweiten Mann, der dem Spiel seinen Stempel aufdrückte – und damit war im Vorfeld nicht zu rechnen: Isaias Guardiola.

Mannheim. Am Ende musste er noch viermal kurz nacheinander den Ball aus dem Netz fischen. Das hatte es das ganze Spiel über nicht gegeben. Fast musste man sich Sorgen um seinen Rücken machen, bei dem vielen Gebücke. Aber wenige Minuten danach stand Niklas Landin schon wieder kerzengerade und entspannt im Scheinwerferlicht. Gab Interview auf Interview, erklärte und lächelte. Erklären musste er seine Weltklasse-Leistung, lächeln über die Fragen der Reporter. „Wann haben Sie das letzte Mal ein so gutes Spiel gemacht?“, fragte jemand. „Ich weiß nicht“, antwortete Landin. „Vielleicht gegen Kielce.“

Kiel und Kielce: In beiden so wichtigen Partien, in der Bundesliga wie in der Champions League, zeigte der Zwei-Meter-Mann mit der gefühlten Spannweite eines Düsenjets das, wofür ihn die Löwen in der Saison 2012/13 nach Mannheim geholt haben: Weltklasse-Leistungen. Aber sind diese weniger wert, nur weil sie erwartet worden sind? Im Gegenteil.

Und weil das so ist, waren auch die Mitspieler des 25-jährigen Dänen schier aus dem Häuschen ob der Vorstellung, die ihr Schlussmann da gerade in der SAP Arena gezeigt hatte. „Landin war überragend. Ich habe eine solche Torhüterleistung schon lange, lange nicht mehr gesehen“, sagte Oliver Roggisch. Uwe Gensheimer schwärmte: „Niklas ist heute eine herausragende Leistung geglückt. Er ist in dieser Saison unser großer Rückhalt.“ Die freien Bälle, die er „weggemacht“ habe mit seiner „enormen Spannweite“, das habe unheimlich geholfen.

Wichtig dabei: Landin war von Beginn an da. Kurz nach dem 2:2 durch Aron Palmarsson tauchte der Isländer gleich noch einmal vor dem Löwen-Schlussmann auf. Diesmal hielt Landin, es sollte nicht die letzte Parade sein. 17 Mal hatte der Schlacks entscheidend seine Hände und Füße im Spiel, hielt zwei Siebenmeter und hatte an zwei weiteren vergebenen Strafwürfen zumindest psychologischen Anteil. Bis zu dem Moment, als die Partie entschieden war, hatte er gerade einmal 22 Gegentreffer hinnehmen müssen. Eine überragende Quote – selbst für einen überragenden Mann.

Was sagte er selbst zu diesem Auftritt? „Das war ein richtig geiles Spiel. Es ist ein gutes Gefühl, jetzt vor Kiel zu stehen, wo wir doch die ganze Saison dahinter waren.“ Ja, aber die eigene Leistung? „Die Abwehr war heute super aggressiv. Dann ist es einfacher.“ Ein Wort des Eigenlobes suchte man vergebens. Der dänische Hüne ist ein schüchterner Riese und erklärt genauso lapidar wie glaubwürdig, dass er gar nicht wisse, wie viele Paraden er heute gehabt habe. Die Kieler hingegen werden sich sicher noch ziemlich lange erinnern. An die Arme einer Krake und den Blick eines eiskalten Mafiakillers. An Niklas Landin. Und sicher auch an Isaias Guardiola.

Nach dem Schreckmoment mit der Verletzung Alexander Peterssons kam der spanische Koloss auf das Feld – und zeigte eine seiner besten Leistungen im Löwendress. „Isaias hat heute seine Klasse gezeigt“, lobte ihn Kollege Andy Schmid. Guardiola warf präzise, traf fünfmal, minimierte seine Offensivfouls, spielte tadellose Pässe und einen ganz starken Part auf der Halbposition in der Abwehr. Er war ein ganz wichtiger Baustein des Erfolgs – auch deshalb, weil man nicht damit rechnen konnte.

Hinterher gab sich der Spanier genauso bescheiden wie sein dänischer Mannschaftskamerad. „Ich weiß nicht, ob das unser bestes Spiel der Saison war. Auf jeden Fall war es besser als gegen Flensburg.“ Zur eigenen Leistung wollte er nichts sagen. Außer, dass er „stolz“ sei, „hier zu spielen“ und dass ihnen derzeit „die beste Saison“ glücke, solange er bei den Löwen ist. „Heute waren wir bereit. Ich bin sehr zufrieden mit dem Spiel.“

Das möchte er sicher auch von dem nächsten sagen: Gegen Barcelona trifft er auf etliche Landsleute. Man sollte meinen, dass Isaias Guardiola auch dann wieder hoch motiviert und konzentriert zu Werke gehen wird. Dann ist er nicht minder wertvoll als ein Niklas Landin. (rüo)