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Entspannte Dienstreise mit hohem Spaßfaktor (MM)

Löwen nutzen das 32:23 in St. Petersburg, um Stammkräfte zu schonen / Stojanovic verlässt den Klub, neuer Torwart wird wohl schon heute präsentiert

ST. PETERSBURG. Dimitri Torgowanow schaut und zeigt neidisch in Richtung Baustelle Fußballstadion. „Da ist das Geld“, sagt der Trainer des St. Petersburg HC vor der Champions-League-Partie gegen die Rhein-Neckar Löwen. Am Ufer der Newa werden mehrere hundert Millionen für die WM-Arena von 2018 investiert – und zwar Euro. Keine Rubel. Erdgasriese Gazprom macht’s möglich.

Die einstige Handball-Nation Russland, die gibt es hingegen nicht mehr, räumt Ex-Löwe Torgowanow ein. Eishockey, Fußball und Basketball stehen ganz vorne – nicht zuletzt floss in den vergangenen Jahren viel Geld in den Olympia-Standort Sotschi. Die Winterspiele, sie sollen auf Wunsch von Präsident Wladimir Putin der Stolz des ganzen Landes sein.

Auch in St. Petersburg hängen überall Plakate. Darauf zu sehen: die Olympia-Starter aus der Metropole an der Ostsee. Zum Beispiel die Eiskunstläufer Xenia Stolbowa und Fedor Klimow, die zuletzt Silber gewannen. Und Handball? Torgowanow lacht, verzieht aber gleichzeitig das Gesicht: „Schwierig, wirklich schwierig.“ Da verwunderte es kaum, dass seine Mannschaft gegen die Löwen erwartungsgemäß chancenlos ist. Mit 32:23 (18:10) gewinnen die Badener, die einen Großteil ihrer Leistungsträger gar nicht oder kurz einsetzten. Der Trip nach St. Petersburg wird zu einer Dienstreise mit hohem Spaßfaktor.

Uwe Gensheimer wird nur gebraucht, als ein kleiner russischer Junge um ein Autogramm bittet. Auf dem Feld vertritt der siebenfache Torschütze Stefan Sigurmannsson den Kapitän. „Ich freue mich für ihn, dass er so ein gutes Spiel gemacht hat“, sagt Gensheimer, der links normalerweise im Dauereinsatz ist.

„Ich habe versucht, die Belastung so gut wie möglich zu verteilen“, meint ein zufriedener Trainer Gudmundur Gudmundsson, der im Tor Goran Stojanovic (Bild) durchspielen lässt: „Er hat eine starke Leistung gezeigt.“ Es ist allerdings eines der letzten Spiele des Montenegriners für den EHF-Pokalsieger gewesen. Der Vertrag des Torhüters endet im Sommer und wird nach Informationen dieser Zeitung nicht verlängert. Wohl schon heute präsentieren die Badener einen neuen Torwart. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es am Wochenende nicht. Manager Thorsten Storm kündigt lediglich ausweichend an, dass der Klub in dieser Woche eine Personalentscheidung bekanntgeben werde – es wird das Ende der Zusammenarbeit mit Stojanovic sein.

Auslosung am 25. Februar

Nachdem sich das Torwart-Thema somit erledigt hat, ist noch offen, was aus Nikola Manojlovic und Zarko Sesum wird. Die Arbeitspapiere beider Spieler enden ebenfalls im Sommer, auch hier soll zeitnah eine Entscheidung fallen.

Verkündet wird auf jeden Fall bald auch der Achtelfinalgegner der Löwen in der Champions League. Nach dem letzten Gruppenspiel am Donnerstag gegen Celje folgt am 25. Februar die Auslosung. Als bereits feststehender Gruppenzweiter bekommen es die Badener mit einem anderen Vorrundendritten zu tun. Es läuft auf Vive Kielce, Aalborg Handball, RK Velenje, Vardar oder Metalurg Skopje hinaus. „Das sind alles starke Gegner. Aber wir sind gut genug, um jede dieser Mannschaften auszuschalten“, lässt sich Patrick Groetzki nicht abschrecken: „Ein Duell mit unserem zukünftigen Trainer Nikolaj Jacobsen und unserem baldigen Mitspieler Mads Mensah Larsen hätte sicherlich einen ganz besonderen Reiz.“ In der Tat. Mit dem Los Aalborg könnten alle gut leben.

Und was macht St. Petersburg? Die Russen schauen zu, wenn die K.o.-Runde startet. Torgowanow bleibt nur die Erinnerung an bessere Zeiten – und der Ausblick auf die Baustelle Fußballstadion.

Von Marc Stevermüer