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Fritz erwartet eine hitzige Atmosphäre

Heidelberg. Es war kurz vor vier Uhr in der Früh, als Henning Fritz gestern sein Auto vor der Haustür abstellte. Müde war er, der Torhüter der Rhein Neckar Löwen, völlig platt von einer kräftezehrenden Nacht. Denn an Schlafen war diesmal nicht zu denken. Die Rückfahrt nach dem 34:24 Auswärtssieg in Hannover zog sich wie Kaugummi. Was auch den Masterplan von Löwen Trainer Ola Lindgren durchkreuzte: Die angedachte Nachtschicht in der Kronauer Trainingshalle, eine Sondertrainingseinheit, fiel ins Wasser. Es wurde geträumt statt geschwitzt, geschnarcht statt gerannt.

Fritz fand’s nicht sonderlich tragisch:,,Ich denke, dass es in dieser Saisonphase besser ist, wenn man etwas früher ins Bett kommt“, schmunzelte der Weltmeister von 2007, ,,andererseits wäre ein solches Nacht Training sicher eine lustige Sache geworden.“ Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Wobei der Spaß zur Zeit ohnehin zu kurz kommt. Der Stressfaktor ist dafür umso höher. Das Löwen Rudel hetzt von Auswärtshürde zu Auswärtshürde, von Stolperstein zu Stolperstein. Denn auch am Sonntag gibt es wieder keinen Schönheitspreis für das badische Ensemble zu gewinnen. Ein Sieg auf internationaler Bühne ist Pflicht. HC Bosna Sarajevo heißt der kommende Gegner in der Gruppenphase der EHF Champions League. Das ist ein relativ unbeschriebenes Blatt, ein krasser Außenseiter, aber eben einer, der laut Fritz keineswegs unterschätzt werden darf: ,,Eigentlich sind alle Handballer aus dem ehemaligen Jugoslawien perfekt ausgebildet.“

Das nötige Detailwissen über Sarajevo fehlt dem ,,Hexer“ hingegen noch. Er weiß nicht, wer dort dribbelt, passt und die Fäden zieht. Bekannte Gesichter aus der Ballwerfer Szene sucht man in Sarajevos Kader nämlich vergeblich. Fritz grübelt: ,,Ich kann diese Mannschaft wirklich nur schwer einschätzen. Klar ist jedoch vor allem eines: In der Halle wird eine hitzige Atmosphäre herrschen.“

Kühle Köpfe sind also gefragt, kräftiges Zupacken auch. Ein Mix, der in Hannover der Schlüssel zum Erfolg war. Beherzt traten die Löwen auf, verteidigten geschickt und schwärmten blitzschnell aus. ,,Wir sind etliche gelungene Tempogegenstöße gelaufen“, berichtete Fritz, ,,das Toreschießen war somit natürlich deutlich einfacher.“

Von der Leichtigkeit des Seins, dem perfekten Spiel, sind die ,,Besten aus dem Südwesten“ aber nach wie vor ein Stück entfernt. Viel Arbeit liegt noch vor ihnen. Sowohl taktisch, als auch spielerisch muss nachgelegt werden. Ansonsten bleibt es beim Möchtegern Gipfelsturm. Fritz ist Realist, er sagt: ,,Wir sind auf einem guten Weg, aber noch nicht am Ende angelangt. Das ist aber ganz normal: Wir müssen drei neue Positionen einspielen.“

Der Flieger Richtung Sarajevo hebt am Samstag ab. Heute stehen noch zwei Trainingseinheiten inklusive eines ausgiebigen Videostudiums an. Man will auf dem Balkan nichts dem Zufall überlassen, denn ein weiterer Ausrutscher könnte fatale Folgen fürs Weiterkommen haben. Und daheim ist Sarajevo brandgefährlich. Zum CL Auftakt besiegten sie Chambéry Savoie mit 24:23. ,,Wir tun gut daran, wenn wir diesen Gegner nicht auf die leichte Schulter nehmen“, mahnte Fritz, ,,das gilt zurzeit aber auch für jeden anderen Gegner.“

Von Daniel Hund