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„Geduld kommt vor dem Erfolg“

Mannheim. Es war der erste Titel, den Trainer Ola Lindgren mit den Rhein-Neckar Löwen gewann. Der Schwede feierte mit dem Handball-Bundesligisten den Sieg beim Hummel-Charity-Cup. Im Finale bezwangen die Gelbhemden den französischen Erstligisten Saint Raphaël VHB mit 24:20 (13:6). Nach dem Erfolg äußerte sich der Coach im Interview zur Form seines Teams und blickte auf die neue Saison voraus.

Herr Lindgren, wie groß ist die Freude über den ersten Titel?

Ola Lindgren: Ganz ehrlich: Dieser Pokal ist wertlos, weil es nur ein Vorbereitungsturnier war und die Gegner uns kaum gefordert haben. Es ist schade, dass wir nicht auf stärkere Mannschaften getroffen sind. Mich interessieren nur die Erkenntnisse, die ich gewonnen habe. Der Sieg ist zweitrangig.

Zu welchen Erkenntnissen sind Sie denn gekommen?

Lindgren: Wir haben einen sehr guten Gegenstoß gezeigt, mit viel Druck und Tempo agiert. Außerdem haben wir verschiedene Abwehrformationen ausprobiert, zum Beispiel eine 3-2-1-Deckung. Das hat ganz gut geklappt, wenngleich die Gegner auch nicht allzu stark waren.

Wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf?

Lindgren: Wir erlauben uns nach wie vor zu viele Schwächephasen und ziehen nicht 60 Minuten auf einem Niveau durch. Das kennen wir aus der vergangenen Saison – und das müssen wir verbessern. Es geht darum, die Konzentration und die Disziplin immer aufrecht zu erhalten.

Wie groß sind die Sorgen um den Rückraum, dem in der vergangenen Saison die Durchschlagskraft fehlte?

Lindgren: Grzegorz Tkaczyk hat sich bislang sehr gut präsentiert und Karol Bielecki entlastet. Bei Karol müssen wir natürlich abwarten, wie er mit der Erblindung seins linken Auges umgeht. Bislang macht er seine Sache gut. Er erzielt nach wie vor viele Tore. Aber dass Karol werfen kann, wussten wir schon vorher. Wir werden mit ihm intensiver an spielerischen Elementen und an seiner Abwehrleistung arbeiten müssen.

Wie zufrieden sind Sie mit Michael Müller?

Lindgren: Die Vorbereitung ist für ihn vielleicht nicht so gut gelaufen, wie wir gehofft hatten. Aber man darf nicht vergessen: Aufgrund der Verletzung von Ólafur Stefánsson hat er sehr viele Spielanteile bekommen und war einer großen Belastung ausgesetzt. Er hat zwar gut verteidigt, aber ihm haben die Tore gefehlt. Ich bin mir aber sicher, dass das noch kommen wird.

Warum schneiden die Löwen in der nächsten Saison besser ab als in der vergangenen Runde?

Lindgren: Wir arbeiten seit einem Jahr zusammen und die Spieler haben mein Konzept jetzt besser verinnerlicht. Zudem haben wir die Mannschaft gezielt verstärkt. Auf Rechtsaußen habe ich mit Ivan Cupic jetzt einen zweiten Weltklassemann im Kader. Und auf der Spielmacherposition sind wir mit Børge Lund und Andy Schmid inzwischen deutlich besser besetzt. Die Balance im Kader stimmt.

Also holen die Löwen in dieser Saison auch einen „richtigen“ Titel?

Lindgren: So schnell geht das nicht. Geduld kommt immer vor dem Erfolg. Nur wer kontinuierlich seinen Weg geht, wird irgendwann auch einen Pokal gewinnen. Der HSV Hamburg und der THW Kiel sind in der nächsten Saison wieder die großen Favoriten. Bei den Löwen wurde jedes Jahr ein großer Umbruch vollzogen, jetzt brauchen wir Ruhe. Das bedeutet auch: Bei Rückschlägen muss man seine Linie beibehalten. Erfolg im Handball ist nur über Kontinuität möglich. Wir wollen Schritt für Schritt an die Spitze, aber in dieser Saison ist das Ziel der dritte Platz. Dafür reicht die Qualität der Mannschaft aus. Einen Titel werde ich nicht versprechen.

Von Marc Stevermüer

 23.08.2010