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Gegen Ligaschlusslicht Serie ausbauen

Löwen empfangen den TuS Nettelstedt-Lübbecke

„Wenn der Vater mit dem Sohne . . .“ heißt ein Schwarz-Weiß-Klassiker mit Heinz Rühmann und hat erst einmal nichts mit der Handball-Bundesliga zu tun. Doch dass es diese Kombination in der Beletage des deutschen Handballs immer mal wieder zu bestaunen gibt, machten Torwart Zoran Djordjic sowie sein Sohn Petar bei der HSG Wetzlar vor – und beim HSV Hamburg saß 2011 Per Carlen auf der Trainer-Bank und brachte aus Flensburg gleich Sohnemann Oscar als Hoffnungsträger im rechten Rückraum mit.

In dieser Spielzeit gibt es dieses seltene Phänomen beim TuS N(ettelstedt)-Lübbecke zu bewundern: Während Goran Suton der neue Mann auf der Bank der Ostwestfalen ist, wagte auch sein Filius Tim den Schritt zum TuS. Bei den Rhein-Neckar Löwen wird man diese Entwicklung ebenfalls interessiert beobachten.
Schließlich wechselte Junioren-Nationalspieler Tim Suton 2014 zu den Löwen, sammelte dann aber Spielpraxis beim TBV Lemgo und will sich nun bei den Ostwestfalen weiterentwickeln. „Tim wird in Nettelstedt viele Spielanteile bekommen und kann sich so weiter in der Bundesliga etablieren“, äußerte sich Löwen-Manager Lars Lamadé zu den Perspektiven des Youngsters.

Für die Saison 2016/2017 besitzt Suton weiterhin einen Vertrag bei den Rhein-Neckar Löwen. Nun gilt die volle Konzentration des 19-Jährigen aber zunächst seinem neuen Klub und die Konstellation mit Papa Goran auf der Bank ist keine neue für das Rückraum-Talent. Schon beim Zweitligisten HG Saarlouis arbeitete das Gespann Suton/Suton erfolgreich zusammen und ist nun beim westfälischen Traditionsverein gefordert. Dort sind diese zwei Personalien mit dem deutsch-kroatischen Background aber nur ein Teil des großen Puzzles, das man im „stärksten Dorf der Liga“ nun so schnell wie möglich zusammensetzen will.

Schließlich hat der halbe Kader den TuS nach der vergangenen Saison verlassen, sechs Neuzugänge muss der neue Trainer integrieren – eine ähnliche Fluktuation hatte NLübbecke in den zurückliegenden 20 Jahren nur zweimal. „Schnell zusammenfinden“, gab TuS-Geschäftsführer Uwe Kölling deshalb gegenüber der Fachzeitschrift „Handballwoche“ als vorrangige Pflicht vor – und auch Trainer Goran Suton, der erstmals in der Ersten Liga auf der Bank sitzt, bat schon einmal im voraus um Geduld. „Die Weiterentwicklung dieses neuen Teams wird auch während der Saison noch teilweise andauern“, gab sich der 46-Jährige mit Blick auf seine Aufgabe keinen Illusionen hin.

Viel Zeit bleibt dem TuS allerdings nicht, denn nachdem in der vergangenen Saison rein rechnerisch erst am letzten Spieltag mit dem Sieg gegen Absteiger Erlangen der Klassenerhalt gesichert und die Runde auf Platz zwölf beendet wurde, deuten die Zeichen einmal mehr auf Abstiegskampf. Sogar der 0:8-Punkte-Fehlstart aus dem Vorjahr wurde übertroffen, nach der Heimniederlage gegen den THW Kiel schrillten da nicht nur für Rückraumspieler Jens Schöngarth die Alarmglocken. „Es gab Phasen im Spiel, in denen wir das gut hinbekommen hatten. Aber oft waren wir als Einzelkämpfer unterwegs. Das
hatte nicht viel mit einer Einheit zu tun und funktioniert so nicht. Im Moment passt noch nicht viel“, zog der Nationalspieler eine ernüchternde Zwischenbilanz – offenbar dauert die Neuausrichtung beim Pokalsieger aus dem Jahr 1981 tatsächlich länger als befürchtet.

Mit Blick auf die Neuzugänge ist das nicht unbedingt nachvollziehbar, da zum Beispiel Spielmacher Benjamin Herth, Linksaußen Jens Bechtloff und Trainer-Sohn Tim Suton (alle TBV Lemgo) bereits ihre Bundesliga-Tauglichkeit eindrücklich unter Beweis gestellt haben und die Spielklasse bestens kennen. Dazu verpflichtete der TuS den Champions-League-erfahrenen Torhüter Matevz Skok aus Celje, den niederländischen Zweitliga-Torjäger Bobby Schagen für die Rechtsaußen-Position und den montenegrinischen Kreisläufer Vuk Lazovic, der zuletzt beim HC Vojvodina in Serbien am Ball war. Er soll den zu Drammen HK (Norwegen) abgewanderten Frank Løke ersetzen. Richtig schmerzhaft für den Traditionsverein war allerdings der Verlust von Drago Vukovic (Füchse Berlin) und der Abschied des Ludwigshafeners Christian Dissinger, der sich dem THW Kiel anschloss. Die „einfachen“ Tore aus dem linken Rückraum müssen nun also andere werfen, viel Last liegt zudem auf den Schultern von Schöngarth im rechten Rückraum. Der ehemalige Melsunger – seit 2012 bei den Ostwestfalen – reifte beim TuS zum Nationalspieler, die ganze Verantwortung wird aber auch der 2,03-Meter-Hüne nicht übernehmen können, selbst wenn er das Lübbecker Spiel schon im vergangenen Jahr entscheidend prägen konnte. Der Star sollte daher eher die Mannschaft sein, um die Saison vielleicht doch noch etwas sorgenfreier als die vergangene gestalten zu können. „Das heißt aber nicht, dass ein einzelner Spieler eine Entscheidung im Verlauf einer Partie mal alleine bewerkstelligen muss und kann“, fordert Trainer Suton einen guten Mix aus Kollektiv und individueller Stärke, dessen Rezeptur allerdings noch gefunden werden muss.

Für die Löwen sind Vorzeichen vor der morgigen Partie unterdessen klar. „Wir wollen zu Hause, wenn möglich, eigentlich in der gesamten Saison keine Punkte abgeben“, sprach Spielmacher Andy Schmid nach dem 32:32 unter der Woche gegen den polnischen Meister Kielce. „Natürlich sind wir gegen Nettelstedt der hohe Favorit, und für uns zählen auch nur zwei Punkte“, macht Trainer Nikolaj Jacobsen klar, was er von seiner Mannschaft erwartet. „Wenn man auf die Tabelle schaut, ist eigentlich klar, wie das Spiel ausgehen sollte. Aber das ist sehr gefährlich, denn Nettelstedt ist deutlich besser als ihr aktueller Tabellenplatz. Ich hoffe, dass meine Mannschaft die Aufgabe voll konzentriert angeht“, so der Däne, der zudem auf eine Rückkehr von Alexander Petersson (Leistenprobleme) hofft. Das kommende Duell gegen Kiel ist für Jacobsen und seine Mannschaft unterdessen noch kein Thema. „Wir denken weiter von Spiel zu Spiel, es wäre fahrlässig, Nettelstedt zu unterschätzen und sich schon mit Kiel zu befassen.“ Anwurf in der SAP Arena zum Duell mit dem Traditionsverein aus Ostwestfalen ist am morgigen Samstag um 19 Uhr. Eintrittskarten gibt es noch an der Tageskasse.