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„Gegen Spanien muss alles passen“

EM 2014: Löwen-Kreisläufer Bjarte Myrhol im Interview vor seinem Duell mit dem Weltmeister und Gedeon Guardiola

Der EM-Start wurde verloren – dennoch ist Löwen-Kreisläufer Bjarte Myrhol optimistisch, dass er mit Norwegen zumindest in die Hauptrunde einzieht. Nach der 26:31-Niederlage gegen Island im ersten Spiel im dänischen Aalborg und vor der Partie gegen Weltmeister Spanien und seinen Teamkollegen Gedeon Guardiola am Dienstag in Aalborg (20.15 Uhr) äußerte sich Myrhol, der gegen Island ein Tor erzielte, zu seinen Chancen und Zielen bei der EM in Dänemark.

Einen Tag nach der Niederlage gegen Island – was waren die Gründe für das 26:31?

Bjarte Myrhol: Die ersten zehn Minuten, in denen wir nichts trafen und Island klar wegzog, haben uns kaputt gemacht. Wir mussten diesem Rückstand immer hinterher rennen, das kostet Kraft. Wir hatte nie die Sicherheit, die man braucht, um Island zu schlagen. Und persönlich betrachtet, war das mein schlechtestes Spiel der ganzen Saison. Wir hatten uns monatelang auf dieses Spiel vorbereitet und dann das. Für mich war das eine Riesenenttäuschung.

Am Dienstag geht es gegen Gedeon Guardiola und Weltmeister Spanien. Hat Norwegen dann irgendeine Chance?

Myrhol: Es gibt immer irgendeine Möglichkeit, ein Spiel zu gewinnen, aber Spanien zu schlagen wird schon sehr schwer. Ich denke, es gibt vielleicht eine kleine Chance, dann muss auf unserer Seite aber alles klappen. Wir wussten vorher, dass diese Gruppe alles andere als einfach wird. Das Weiterkommen wird sicher nicht einfach für uns, aber abgerechnet wird zum Schluss.

Im Vorjahr hatte Norwegen die WM in Spanien verpasst, war in der Quali trotz eines Heimsiegs am finalen Vorrundengegner Ungarn gescheitert. Wie wichtig war daher die EM-Qualifikation?

Myrhol: Enorm wichtig! Norwegen gehört zu den zwölf bis 16 besten Mannschaften Europas – und dass wir die WM knapp verpasst haben, zeigt doch, wie eng alles in Europa zusammenliegt. Kleinigkeiten entscheiden, ob du dabei bis oder daheim bleibst – und genau daher ist es so wichtig, dass wir uns für Dänemark qualifiziert haben. Jetzt wollen wir auch beweisen, dass wir zu recht unter den 16 besten Teams aus Europa stehen.

Wo sehen Sie die Stärken der Norweger?

Myrhol: Wir steckten die letzten zwei Jahre in einem Tief, sind da aber jetzt hoffentlich wieder raus, auch wenn wir es gegen Island noch nicht so recht zeigen konnten – vorrangig, weil der Kader viel breiter und besser besetzt ist als zuvor. Das liegt an den vielen jungen Spielern, die aufgerückt sind. Daneben spielen viele Norweger mittlerweile für europäische Spitzenmannschaften – und haben dort lange Spielzeiten, auch das wirkt sich positiv aus. Wir haben jetzt einfach mehr Spieler, die Verantwortung schultern können. Es geht aufwärts mit uns, auch wegen unserer tollen Atmosphäre untereinander.

Ist es eigentlich etwas Besonderes für Sie, wenn Sie gegen Ihre Mitspieler wie morgen Gedeon Guardiola aus dem Löwen-Rudel auflaufen?

Myrhol: Daran habe ich mich mit der Zeit gewöhnt. Ich habe so oft schon gegen aktuelle oder ehemalige Mitspieler mit dem Nationalteam gespielt, das ist nichts Besonderes mehr. Wir haben vorher nicht einmal untereinander gewettet, wie die Spiele ausgehen.

Wie schon am Sonntagabend gegen Island wird Aalborg auch in den beiden noch ausstehenden Vorrundenpartien fest in norwegischer Hand sein. Sind das EM-Heimspiele für Ihr Team?

Myrhol: Ja auf jeden Fall. Tausende Norweger haben Karten für die EM. Man hat es doch zum Beispiel bei der EM 2012 und Mazedonien gesehen, wie wichtig so etwas wie Heimspiel-Atmosphäre ist, selbst wenn man nicht zuhause spielt. Diesen Vorteil wollen und müssen wir ausnutzen.

Die norwegischen Handballerinnen haben bei der WM in Serbien unerwartet das Halbfinale verpasst und wurden am Ende Fünfter. Ist es ein Ziel der norwegischen Männer erstmals besser als die Frauen abzuschneiden?

Myrhol (überlegt): Das würde ja bedeuten, dass wir ins Halbfinale einziehen, kein schlechter Gedanke. Vielleicht schaffen wir ja in Dänemark unsere beste EM-Platzierung aller Zeiten nach Rang sechs bei der Heim-EM 2008 – aber dafür müssten wir fast schon Spanien schlagen. Wenn wir am 24. Januar noch auf dem Feld stehen (Anmerkung: Tag der Halbfinals und des Platzierungsspiels 5/6) haben wir definitiv eine tolle EM gespielt. Aber bis dahin ist noch lange.

Zum Schluss die Standardfrage: Gibt es für Sie ein Überraschungsteam, das um die Medaillen kämpfen kann?

Myrhol: Da bin ich eher langweilig: Nein, ich denke, die üblichen Verdächtigen Dänemark mit Niklas Landin Jacobsen, dem ich die Daumen drücke, Kroatien, Frankreich und Spanien werden es machen.