Veröffentlichung:

„Gibt keinen Grund für Übermut“

Löwen-Rückraumspieler Alexander Petersson im Interview

Am Samstag (15 Uhr) wird die Bundesliga-Partie zwischen den Rhein-Neckar Löwen und den Füchsen Berlin angepfiffen. Dann trifft der Tabellenzweite auf den Fünften. Für dieses Duell sind aktuell nur noch wenige hundert Restkarten erhältlich. Vor der Begegnung sprachen wir mit Linkshänder Alexander Petersson.

Alex, wenn man dich in den vergangenen Spielen beobachtet hat, konnte man den Eindruck gewinnen, dass du die EM-Pause optimal genutzt hast. Gab es ein Geheimrezept?

Alexander Petersson: Nein, ganz und gar nicht. Aber diese Pause hat mir tatsächlich sehr gut getan – physisch und auch psychisch. Wir waren auf Heimaturlaub in Island und haben auch Freunde in Dänemark und Deutschland besucht. Da habe ich zunächst einmal den Kopf freibekommen, habe aber auch gut an meiner Fitness gearbeitet.

Es war zu hören, dass du auch mit Yoga gearbeitet hast. Kannst du das empfehlen?

Petersson: Auf jeden Fall, das hat zum Beispiel großen Einfluss auf die Beweglichkeit. Aber ich habe auch viel für den Kopf getan, der bei uns ja auch eine große Rolle spielt. Ich habe auf Island zum Beispiel mit einem Mentaltrainer zusammengearbeitet, den ich noch von der Nationalmannschaft kenne. Das sind alles kleine Bausteine, die einen weiterbringen.

Im Moment scheinst du wieder der „alte“ Alex zu sein, einer der großen Motoren im Löwen-Spiel . . .

Petersson: Ja, ich fühle mich sehr wohl im Moment. Auch mit der Schulter habe ich keine Probleme. Aber das ist viel tägliche Arbeit, man darf hier nicht nachlassen.

Nicht nur du selbst zeigst dich momentan in gewohnter Form, auch die Mannschaft ist kaum zu stoppen. Ihr habt jetzt alle zwölf Heimspiele gewonnen, im Moment dürfte es Spaß machen, in die SAP Arena zu gehen . . .

Petersson: Im Moment läuft es tatsächlich überragend, wir gewinnen fast jedes Spiel mit zehn Toren Unterschied oder noch deutlicher. Die gegnerischen Mannschaften haben richtig Respekt vor uns. Das sind nicht mehr die Löwen, die nur Top oder Flop können, sondern wir haben uns nun das Image einer echten Spitzenmannschaft erarbeitet.

Warum ist das so?

Petersson: Wir haben einfach eine super Stimmung in der Mannschaft. Auch wenn mal einer müde ist oder die Belastung für das ganze Team an der Grenze ist, macht immer einer einen Spaß und es geht weiter. Das muss so sein, so kommen wir auch über schwierige Phasen.

Nach dem Sieg gegen Hannover und dem Patzer des THW Kiel habt ihr als Tabellenzweiter nur noch drei Punkte Rückstand auf Kiel. Wie schätzt du die aktuelle Situation ein?

Petersson: Ganz einfach: Wir sind wieder im Meisterschaftsrennen, jetzt kann alles passieren. Wir versuchen, alle unsere Spiele zu gewinnen und dann muss man sehen, was am Ende dabei herauskommt. Wir dürfen nur nicht den Fehler machen, über das nächste Spiel hinauszuschauen. Jetzt beginnt auf jeden Fall die entscheidende Phase der Saison mit vielen schweren Aufgaben – aber ich freue mich auf diese Herausforderungen.

Nach dem Spiel gegen Hannover-Burgdorf hattet ihr zwei Tage frei. Wie hast du die kleine Auszeit genutzt?

Petersson: Am Sonntag sind wir beispielsweise mit den Kindern auf den Fasnachtsumzug in Malsch. Da hatten wir jede Menge Spaß und Handball war weit weg. Seit Dienstag gilt aber wieder die ganze Konzentration dem Spiel gegen Berlin. 

Mit Blick auf die personelle Situation der Berliner und deren klare Heimniederlage gegen die SG Flensburg-Handewitt, sehen euch heute viele in der Favoritenrolle gegen die Füchse. Nehmt ihr diese Rolle an?

Petersson: Berlin ist momentan tatsächlich in einer schwierigen Situation und wir haben einen guten Lauf. Deshalb wehren wir uns nicht gegen die Favoritenrolle. Aber was auf dem Papier steht und was auf dem Parkett passiert, sind immer zwei ganz verschiedene Dinge. Hamburg war am vergangenen Wochenende gegen Balingen auch der 90:10-Favorit und am Ende hat der HSV einen Punkt abgegeben, der ihm vielleicht noch sehr weh tut. Für uns gibt es also keinen Grund für Übermut.

Du hast vor deinem Wechsel zu den Löwen zwei Jahre in Berlin gespielt. War die Zeit in der Hauptstadt etwas Besonderes für dich oder eine Station von vielen?

Petersson: Jede Station war etwas Besonderes für mich. Ich habe überall neue Menschen und Mentalitäten kennengelernt. Und in der Hauptstadt zu leben, war schon eine bestimmte Erfahrung. Ich mag Spiele gegen meine alten Mannschaften eigentlich nicht so besonders gerne, aber gegen Berlin freue ich mich auf viele Leute, die ich dort kennengelernt habe.

Hast du noch Kontakte zu den Füchsen?

Petersson: Der Kader hat sich in den vergangenen zwei Jahren doch sehr verändert. Aber mit Iker Romero habe ich immer noch regelmäßig Kontakt. Wir telefonieren immer mal wieder. Für ihn ist es im Moment auch keine einfache Situation bei den Füchsen. Er hatte ja sonst immer begrenzte Einsatzzeiten und konnte sich dann ganz auf diese Phasen konzentrieren, was der Mannschaft geholfen hat. Jetzt muss er auf einmal viel Verantwortung übernehmen, was für ihn auch kräftemäßig eine Herausforderung ist.

Die Teilnehmer des Final-Four-Turniers in Hamburg sind mittlerweile auch bekannt. Gut möglich, dass ihr im Endspiel wieder auf die Füchse trefft . . .

Petersson: Ja, das könnte sein. Aber erst müssen wir Flensburg schlagen. Das finde ich sowieso die bessere Auslosung für uns. Gegen Melsungen hätte uns zum Beispiel jeder gleich wieder zum Favoriten gemacht und viele hätten schon vom Endspiel geredet. Gegen Flensburg haben wir aber schon am Samstag ein echtes Endspiel. Deshalb werden alle voll konzentriert sein.

Du warst trotz deiner fünf Stationen in Deutschland noch nie beim Final Four. Das wäre doch eine schöne Geschichte, bei deinem Debüt gleich den Pokal zu holen, oder?

Petersson: Ich habe schon in Flensburg und Berlin gespielt, bei Melsungen kenne ich Trainer Michael Roth noch aus Großwallstadt. Das gibt tatsächlich ein richtiges „Familientreffen“. Mal sehen, wie das für mich ausgeht.

In der Champions League steht der nächste Gegner mit Kielce auch schon fest. Wie siehst du da die Chancen für die Löwen?

Petersson: Das ist natürlich sehr brisant. Kielce ist stark und hat viele Spieler, die schon bei den Löwen waren. Aber in unserer aktuellen Form können wir auch Kielce schlagen. Und wenn uns das gelingt, können wir auch nach Köln ins Final Four der Königsklasse. Das habe ich irgendwie im Gefühl.