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„Hammer-Aufgaben stehen vor der Tür“

Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson im Interview

Die Rhein-Neckar Löwen treffen im ersten Bundesliga-Heimspiel 2014 auf Frisch Auf Göppingen. Das baden-württembergische Landesderby wird am Mittwoch um 20.15 Uhr angeworfen. Die Halle öffnet um 18.45 Uhr, es gibt noch Tickets an der Abendkasse. Vor der Partie in der Mannheimer SAP Arena sprachen wir mit Löwen-Coach Gudmundur Gudmundsson.

Gudmundur, das Bundesliga-Jahr 2014 hätte für euch nicht besser beginnen können, oder?

Gudmundur Gudmundsson (lacht): Das stimmt, der Sieg in Flensburg war sehr wichtig für uns, gerade auch mit Blick auf unser Restprogramm. Die Mannschaft hat eine tolle Leistung gezeigt. Die erste Halbzeit war gut und die zweite noch besser. Insbesondere die Abwehrarbeit hat mir gefallen. Und natürlich war Niklas Landin in der Schlussphase ganz stark.

Gibt es auch etwas zu kritisieren?

Gudmundsson: Eigentlich nicht. Wir hätten den Sack sicherlich früher zumachen können, haben aber unsere Chancen nicht genutzt, ein paar technische Fehler gemacht und Bälle hergegeben. Gott sei Dank wurde das nicht bestraft, denn wir waren in der zweiten Halbzeit die bessere Mannschaft.

Wie bleibt man nach solch einem Erfolg auf dem Boden?

Gudmundsson: Es gehört zu den Herausforderungen im Profisport, auch nach großen Siegen nichts dem Zufall zu überlassen. Wir haben uns über den Sieg in Flensburg gefreut, keine Frage. Aber meine Jungs sind auch alle clever genug, um zu wissen, dass es jetzt nicht von allein so weitergeht. Die nächsten Hammer-Aufgaben stehen schon vor der Tür. Auf uns wartet eine interessante Zeit – und endlich müssen wir nicht mehr so viel reisen, sondern spielen ganz oft in der SAP Arena.

Du hast den Spielplan angesprochen. Nur noch fünf Mal müsst ihr auswärts ran, alle Topmannschaften kommen noch nach Mannheim. Geht da noch was Richtung Meisterschaft?

Gudmundsson (lacht): Meine Linie ist ja bekannt: Mich interessiert immer nur das nächste Spiel. Wir sind jetzt in der Spitzengruppe dabei und werden sehen, was möglich ist und wie weit wir noch nach oben klettern können. Das Kieler Restprogramm ist jetzt auch nicht so besonders schwer, noch dazu hat der THW zurzeit fünf Punkte Vorsprung vor uns. Das ist sehr viel.

Ihr dürft aber nicht nur nach oben schauen, sondern auch auf die Verfolger. Das Rennen um die Champions-League-Plätze ist sehr eng, in der nächsten Saison dürfen nur noch drei Bundesligisten in der Königsklasse starten.

Gudmundsson: Die Entscheidung der EHF verschärft natürlich noch einmal den Kampf um die Champions-League-Plätze. Grundsätzlich finde ich es schade, dass in Zukunft kein deutscher Verein mehr die Chance bekommt, sich über ein Wild-Card-Turnier als vierter Bundesligist für die Königsklasse zu qualifizieren. In der Champions League sollten die besten Mannschaften der Welt spielen. Und die Bundesliga ist mit Abstand die beste Liga der Welt.

Um auch in der nächsten Saison wieder in der Champions League dabei zu sein, zählt für euch gegen Göppingen also nur ein Sieg.

Gudmundsson: Das stimmt. Wir wollen jetzt nachlegen und gerade in eigener Halle nichts anbrennen lassen. Aber wir sind gewarnt. Duelle zwischen Göppingen und den Löwen sind immer etwas ganz Spezielles, in der Hinrunde haben wir gegen Frisch Auf unseren ersten Punktverlust hinnehmen müssen, obwohl wir Mitte der zweiten Halbzeit schon deutlich in Führung lagen. Dieser Punktverlust hat uns lange Zeit sehr geschmerzt.

Göppingen hat mittlerweile den Trainer gewechselt, statt Velimir Petkovic sitzt jetzt Aleksandar Knezevic auf der Bank. Wie hat sich das ausgewirkt?

Gudmundsson: Das kann und will ich aus der Ferne nicht beurteilen. Göppingen ist auf jeden Fall ein unberechenbarer Gegner. Das haben wir im Hinspiel zu spüren bekommen, auch Flensburg hat im Dezember in eigener Halle einen Punkt gegen Frisch Auf abgegeben. Und zuletzt gegen Berlin hat Göppingen lange Zeit geführt, ehe die Füchse die Partie noch drehen konnten. Es steckt also sehr viel Potenzial in dieser Mannschaft.

Bei den Löwen wird Oliver Roggisch nach dieser Saison seine Karriere als Spieler beenden. Wie siehst du seine Rolle momentan?

Gudmundsson: Er war viel verletzt, hatte gesundheitliche Probleme. Deswegen kam er in dieser Saison nicht so viel zum Einsatz wie in der vergangenen Runde. Aber das ändert nichts an meiner Wertschätzung für Oli. Die Mannschaft braucht ihn, vor allem auch neben dem Feld. Deswegen freue ich mich auch für ihn und die Löwen, dass er dem Klub erhalten bleibt.

Im Gegensatz zu dir. Im Sommer wirst du dänischer Nationaltrainer. Wie gehst du deine letzten Monate bei den Löwen an?

Gudmundsson: Die Gefühle sind unverändert. Ich fahre jeden Tag mit viel Freude zum Training. Das war immer so in den vergangenen dreieinhalb Jahren und wird ganz bestimmt auch bis zum Saisonende so bleiben. Es macht Spaß, Trainer dieser tollen Mannschaft zu sein. Die Jungs sind alle charakterlich einwandfrei, noch dazu haben wir sportlichen Erfolg. In allen drei Wettbewerben sind wir noch aussichtsreich im Rennen, das macht die nächsten Monate so reizvoll und gibt mir ein gutes Gefühl. Ich freue mich darauf.

Oliver Roggisch würde gerne den DHB-Pokal gewinnen. Diese Trophäe fehlt ihm seiner Sammlung.

Gudmundsson (lacht): Wir werden sehen, was sich machen lässt. Wir müssen jetzt erst noch unsere Viertelfinal-Aufgabe VfL Bad Schwartau lösen. Ich gehe davon aus, dass uns das gelingt und wir uns fürs Final Four qualifizieren. Dort werden aber nicht nur wir, sondern auch drei andere starke Mannschaften antreten. Zum Beispiel werden wohl Flensburg und Berlin auch dabei sein. Klar, es wäre traumhaft, den Pokal zu gewinnen. Wer nach Hamburg fährt, will mit Titel zurückkommen. Aber das gilt eben nicht nur für uns.

Die deutschen Nationalspieler waren bei der EM nicht dabei, weil sie sich nicht qualifizierten. Alexander Petersson und Zarko Sesum verzichteten freiwillig auf die EM. Wie wichtig war die Pause für diese Jungs?

Gudmundsson: Erst einmal tut es mir für Uwe Gensheimer, Patrick Groetzki und Oliver Roggisch leid, dass sie es nicht zur EM geschafft haben. Ein Turnier ohne Deutschland, das will ich nie wieder erleben. In der Qualifikation haben sie aber ihre Hausaufgaben nicht gemacht, deshalb sind Tschechien und Montenegro zur EM gefahren. Diese beiden Nationen haben dann allerdings kein gutes Turnier gespielt, was für die Deutschen umso ärgerlicher ist. Denn ich bin mir sicher, dass sich die DHB-Auswahl besser präsentiert hätte. Was Alexander Petersson und Zarko Sesum angeht: Wir haben niemanden gedrängt, auf das Turnier zu verzichten. Aber beide haben eingesehen, dass nach ihren schweren Verletzungen eine EM keinen Sinn gemacht hätte. Die Spieler haben diese Entscheidungen selbst getroffen.

Wie habt ihr Niklas Landin nach der Final-Niederlage mit Dänemark gegen Frankreich wieder aufgebaut?

Gudmundsson: Ich kann nicht sagen, dass Niklas sonderlich traurig war, als er wieder zur Mannschaft stieß. Er hatte nach dem Endspiel ein paar Tage frei, das tat ihm ganz gut, um auf andere Gedanken zu kommen. Auch wenn es jetzt vielleicht noch ein bisschen schmerzt, so wird Niklas irgendwann erkennen, dass er auch auf eine Silbermedaille sehr stolz sein kann.