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„Ich bin ein Sportfanatiker“ (Heilbronner Stimme)

Handballer – Deutschlands Handballer des Jahres war am Samstag zu Besuch in Großbottwar. Nach dem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt schrieb Uwe Gensheimer Autogramme für seine kleinen und großen Fans. Mit unserem Redakteur Stephan Sonntag sprach der 25-Jährige über Olympia, das Nationalteam und die Rhein-Neckar Löwen.

In das wievielte Goldene Buch haben Sie sich heute eingetragen?

Uwe Gensheimer: Ins vierte oder fünfte, genau weiß ich es nicht.

Wie oft können Sie solche Einladungen von Vereinen wahrnehmen?

Gensheimer: Es gibt natürlich viele Anfragen. Wir versuchen es so unter den Spielern aufzuteilen, dass jeder pro Monat einen Termin macht. Das ist aber schwierig, gerade jetzt in der trainingsintensiven Vorbereitungsphase.

Saisonvorbereitung statt Olympisches Handball-Turnier − schmerzt die verpasste Qualifikation seit der Eröffnungsfeier nochmal mehr?

Gensheimer: Als ich am Freitag von unserem ersten Testspiel nach Hause gekommen bin (46:26-Sieg gegen Osthofen, Anm. d. Red.), habe ich mit sehr gemischten Gefühlen den Einlauf der Teams im Fernsehen gesehen. Natürlich wäre ich bei dieser imposanten Veranstaltung gerne dabei gewesen.

Werden Sie sich die TV-Übertragungen von den Olympischen Spielen trotzdem anschauen?

Gensheimer: Auf jeden Fall, ich bin ein Sportfanatiker. Wir haben in der Metropolregion Rhein-Neckar ein Team London, zu dem ich bis zu unserem Olympia-Aus auch zählte. Dadurch habe ich einen engen Kontakt zu den anderen Sportlern aus der Region und fiebere mit ihnen mit.

Wen haben Sie da besonders im Blick?

Gensheimer: Die Gewichtheber Matthias Steiner, Almir Velagic und Jürgen Spieß. Dann natürlich Hockey-Nationalspielerin Fanny Rinne aus Mannheim und die Leichtathleten Carolin Nytra und Verena Sailer, die ja gute Endlaufchancen haben.

Stehen Sie auch während der Spiele in Kontakt mit den Sportlern?

Gensheimer: Nicht direkt. Nur hin und wieder über soziale Netzwerke.

Wer ist Ihr Favorit für das olympische Handball-Turnier?

Gensheimer: Sicher die Teams, die auch bei der EM vorne mit dabei waren, allen voran Europameister Dänemark. Aber auch Frankreich ist sicher ein Medaillenkandidat. Ebenso Spanien. Das wird sehr spannend.

In Peking sind Sie kurz vor den Spielen aus dem Kader gestrichen worden, für London hat sich Deutschland nicht qualifiziert. In Rio de Janeiro 2016 soll es aber klappen, oder?

Gensheimer: Klar, bis dahin bin ich Ende zwanzig, also noch nicht zu alt. Diesen großen Traum will ich mir noch erfüllen.

Mit einer Medaille?

Gensheimer: Erstmal nur teilnehmen. Auch wenn ich glaube, dass wir von der Altersstruktur der Nationalmannschaft her gut aufgestellt sind und dort sicher eine gute Rolle spielen können.

Zumal die Nachwuchsarbeit Früchte trägt. Die A-Junioren des DHB wurden vor zwei Wochen in Österreich Europameister.

Gensheimer: Wir haben in Deutschland sicher kein Nachwuchsproblem. Die Jugendspieler müssen nun aber im Herrenbereich Fuß fassen. Dafür brauchen sie entsprechende Spielzeiten bei ihren Clubs. Das ist die größte Hürde, die man als Spieler nehmen muss.

Der Fokus der Nationalmannschaft ist zunächst einmal auf die WM 2013 im Januar in Spanien gerichtet. Die Vorrundengruppe hat es in sich.

Gensheimer: Klar haben wir mit Frankreich einen Titelkandidaten in der Gruppe, auch die anderen Mannschaften sind nicht zu unterschätzen. Wenn wir aber dort die Leistung abrufen, die meiner Meinung nach mit unserem Team möglich ist, dann brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, über die Vorrunde hinaus zu kommen. Auch wenn im internationalen Handball in fast jedem Spiel jede Mannschaft gewinnen kann. Das haben zuletzt die Dänen bei der EM bewiesen, die ohne Punkt in die Hauptrunde kamen und Europameister wurden.

National sieht das anders aus. Da wurde der THW Kiel vergangene Saison verlustpunktfrei Meister.

Gensheimer: Das war ein Ausnahmejahr der Kieler. Was die Jungs dort letztes Jahr geleistet haben, davor muss man einfach den Hut ziehen. Der THW ist aber nicht unser Maßstab.

Sondern?

Gensheimer: Nach der schwierigen letzten Saison haben wir einen Umbruch vollzogen. Wir haben viele Neuzugänge, die wir integrieren müssen. Außerdem sind fünf Spieler bei Olympia und werden erst zwei Wochen vor Rundenbeginn zu uns stoßen. Deswegen ist es wichtig, dass wir schnell als Team zusammenfinden. Das wird nicht von heute auf morgen klappen, aber ich sehe uns auf einem sehr guten Weg.

Unter die Top drei der Liga?

Gensheimer: Für konkrete Zielsetzungen ist es noch zu früh. Da müssen wir die ersten Spiele abwarten.