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Ivan, der Unverwüstliche
Rhein-Neckar Löwe Martinovic feiert mit Kroatien eine nicht für möglich gehaltene Turnierleistung samt sensationellem WM-Silber

Wenn kroatische Handballer für ihre Nationalmannschaft auflaufen, findet eine Verwandlung statt. Dann werden sie zu Kriegern, zu wildentschlossenen Kämpfern, die vor keinem Zweikampf zurückschrecken und scheinbar keine Schmerzen kennen. Nicht anders verhält es sich mit Ivan Martinovic bei der gerade beendeten Handball-Weltmeisterschaft. Der Rhein-Neckar Löwe spielt für Kroatien trotz schmerzender Verletzung so gut wie jedes Spiel durch, wird mit 51 Treffern Top-Torjäger seines Teams und trägt somit entscheidend zum Gewinn der Silbermedaille bei: Ivan, der Unverwüstliche, schreibt Handball-Geschichte.
Kroatien steht früh im Turnier mit dem Rücken zu Wand. Nach einer Niederlage gegen Ägypten zählen nur noch Siege, um mindestens ins Viertelfinale zu kommen. Mit unbändigem Kampfgeist und Siegeswillen schaffen es Martinovic & Co., können dabei auf den Hexenkessel in der heimischen Arena Zagreb zählen, machen mit Leidenschaft und Zusammenhalt wett, was ihnen an sportlicher Qualität abgeht: Durch die Verletzungen bzw. Erkrankungen des Trios Domagoj Duvnjak, Igor Karacic und Luka Cindric fehlen der Truppe die drei besten Rechtshänder mit der meisten internationalen Erfahrung. Dazukommt, dass sich Martinovic in der Hauptrunde verletzt, mit Schmerzen im Bein spielt und sich teilweise nach Torerfolgen auf einem Bein hüpfend auf die Auswechselbank retten muss.
Ivan, der Unverwüstliche: 51 Treffer insgesamt, 6 Tore im Finale, 1 All-Star-Nominierung
Umso überraschender kommt der Einzug ins Finale. Im Viertelfinale sind die Kroaten gegen Ungarn praktisch draußen, liegen 26:30 hinten und gewinnen dann noch 31:30. Wieder ein Handball-Wunder! Im Halbfinale sind sie krasser Außenseiter gegen Frankreich, machen ihr mit Abstand bestes Turnierspiel, führen zwischenzeitlich 18:9 und buchen am Ende relativ souverän das Ticket fürs WM-Finale. Wahnsinn! Im Endspiel halten sie eine Hälfte mit, müssen sich dann aber den galaktischen Dänen beugen. 26:32 steht es nach 60 Minuten, Martinovic bringt 6 seiner 10 Versuche im Tor unter, wird mit Rechtsaußen-Kollege Mario Sostaric ins All-Star-Team gewählt.
Die Trauerbewältigung dauert denn auch nicht allzu lange. Schon vom Rückflug aus Oslo Richtung Zagreb gibt es Bilder, auf denen eine stolze Mannschaft WM-Silber feiert. Immerhin ist es das beste Ergebnis bei einer Weltmeisterschaft seit Silber 2009, hat man die höhergehandelten Franzosen, Schweden und Deutschen hinter sich gelassen. Aus Team Germany schafft es auch niemand ins All-Star-Team, dem – natürlich – Dänemarks Welthandballer und Torschützenkönig Mathias Gidsel als MVP vorsteht. Aus DHB-Sicht ist das Turnier keine Katastrophe, aber auch ganz sicher kein Erfolg. Das Viertelfinal-Aus gegen Portugal fällt genauso knapp wie enttäuschend aus, weil die Mannschaft nie an ihr volles Leistungsvermögen herankommt; wobei sich das Löwen-Duo David Späth & Juri Knorr nichts vorzuwerfen hat.
Auch Olle Forsell Schefvert, der mit Schweden bereits in der Hauptrunde scheitert, dürfte aus persönlicher Sicht zufrieden sein mit dem Turnier. Als Nachnominierter bekommt der Rhein-Neckar Löwe relativ viel Spielzeit und eine wichtige Rolle in der schwedischen Abwehr. Selbstvertrauen tanken also praktisch alle Löwen-WM-Fahrer und gehen entsprechend voller Elan in die Rückrunde der Saison 2024/25.