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Löwe Patrick Groetzki vor dem WM-Abenteuer (RNZ)

„Die Wildcard rechtfertigen“

Mannheim. Nach dem Sieg gegen Tschechien forderte Patrick Groetzki seine Kollegen auf, große Töne zu spucken. Der Rechtsaußen der Rhein-Neckar Löwen und der DHB-Auswahl begehrte von jedem Mitspieler Auskunft über dessen Lieblingshits, denn Groetzki ist für das Musikprogramm vor und nach den Begegnungen verantwortlich. Vor allem harte Sachen stünden auf der Wunschliste, gab der Linkshänder preis. Bevor er seine Aufgabe übernahm, hatte Groetzki in seiner Hauptrolle die SAP Arena gerockt. Mit sechs Treffern war er erfolgreichster Werfer des deutschen Teams. Darunter waren auch zwei verwandelte Siebenmeter, weil der gebürtige Pforzheimer in seinem 73. Länderspiel auch die Aufgaben des pausierenden Kumpels Uwe Gensheimer übernahm.

Groetzkis Ausbeute ist umso bemerkenswerter, als er insgesamt nur 35 Minuten auf der Platte stand, weil ihm Bundestrainer Dagur Sigurdsson nach den Strapazen des ersten Tschechien-Tests Pausen gönnte. Von der Bank aus beobachtete Groetzki ohne einen Anflug von Neid, wie Johannes Sellin auf seiner Position auch fünf Treffer gelangen. Begeistert umarmte der Stammspieler seinen Ersatzmann und gratulierte diesem.

Mit seiner eigenen Vorstellung konnte Groetzki ebenfalls zufrieden sein – von einem verworfenen Siebenmeter und einem nicht genutzten Tempogegenstoß abgesehen. „Es war ganz wichtig, heute den Sieg von gestern in Stuttgart zu bestätigen“, sagte der Wahl-Heidelberger. Die Ergebnisse gegen die vor allem konditionell deutlich unterlegenen Tschechen wollte der 25-Jährige aber nicht überbewerten. „Das hatte wenig mit der WM zu tun, in Katar wird es anders zur Sache gehen“, sagte Groetzki, der aber „mit einem guten Gefühl“ in das Abenteuer in der Wüste geht. „Ich glaube, dass die Mannschaft mit dem Druck gut fertig werden wird. Wir sollten jedes Spiel als Finale sehen und die Mannschaft sein, die den Sieg mehr will. Wenn wir immer an unsere Grenzen gehen, dann kann jeder Spieler dem anderen auch in die Augen sehen.“ Auch im Falle einer Niederlage, meinte der Mann mit dem Spitznamen „Johnny“. „Wir wollen in jedem Spiel unter Beweis stellen, dass wir dazugehören und die Wildcard rechtfertigen.“ Die WM-Vorgabe wollte er daher nicht an einer Platzierung festmachen, aber ein hartes Ziel formulierte er gleichwohl: Das Achtelfinale sei Pflicht, „danach kommt es in den K.o.-Spielen auf die Tagesform an.“

Seine eigenen Leistungen hofft er immer optimal abrufen zu können. „Ich will in jedem Spiel das Bestmögliche herausholen und so wenig wie möglich verwerfen“, sagte Groetzki. Beim Viertelfinal-Aus bei der WM 2012 gegen Spanien hatte er gleich zwei dicke Chancen bei Tempogegenstößen liegen gelassen und sich hernach bittere Vorwürfe gemacht.

Zur WM nach Katar, wohin er mit offenen Augen und dem Bewusstsein für die teils menschenunwürdigen Bedingungen für die Arbeiter an den Bauten für die Fußball-WM 2022 reist, fahre er „ohne Angst“. Er freue sich auf das Turnier mit den Besten der Welt, sagte Groetzki, ehe er sich auf den kurzen Weg nach Hause machte. „Es ist schön, noch ein paarmal im eigenen Bett schlafen zu können“, gab Groetzki zu.

Von Reinhard Sogl