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Löwen empfangen KiF Kolding Kopenhagen

Letztes Heimspiel der Champions League Gruppenphase steigt in Frankfurt

Es ist das letzte Heimspiel in der Gruppenphase der VELUX EHF Champions League für die Rhein-Neckar Löwen, wenn die Badener am morgigen Sonntag in der Fraport Arena Frankfurt (Anwurf um 19:30 Uhr, SKY überträgt live) auf den dänischen Meister KIF Kolding Kopenhagen treffen. Während sich die Löwen schon vor Wochen für die K.o.-Phase qualifiziert haben und nun nur noch um eine möglichst gute Ausgangsposition kämpfen, sieht es beim dänischen Gegner ganz anders aus. Dabei war die Ansagen vor der Saison klar: Nachdem sich KIF Kolding Kopenhagen in den vergangenen beiden Spielzeiten in der Champions League jeweils im Achtelfinale verabschiedete, wollte der dänische Meister in der aktuellen Saison den Fokus nicht zuletzt darauf legen, sich in der Gruppe B eine gute Ausgangsposition für die K.o.- Runde zu schaffen. Irgendwo zwischen Platz drei und sechs sollte es auf jeden Fall sein. Doch wie es eben passieren kann, wenn man den zweiten Schritt schon vor dem ersten plant, konnte der Fusionsklub diese Gedankenspiele schon Mitte Februar nach dem 23:34 in Szeged so gut wie zu
den Akten legen.

Bei einer weiteren Niederlage in der kommenden Partie bei den Rhein-Neckar Löwen wäre der 14-fache dänische Champion endgültig aus dem Rennen um Platz sechs, der zum Einzug in die nächste Runde berechtigt. Für das Handball-Projekt, das 2012 die Brücke zwischen Kolding in der jütländischen Provinz und dem damals ebenfalls finanziell angeschlagenen Hauptstadtklub AG Kopenhagen in stolzen 230 Kilometern Entfernung schlug, ist das natürlich viel zu wenig. Beide Vereine gingen diese etwas aus der Not geborene „Hochzeit“ schließlich mit dem Anspruch ein, nicht weniger als den gesamten dänischen Handball im Herren-Bereich auch international repräsentieren zu wollen. Nur die Verfolgerrolle in der heimischen Liga und die bislang enttäuschende Bilanz in der Königsklasse passen da natürlich nicht ins Bild, und auch in Dänemark greifen unter solchen Umständen die allseits bekannten Mechanismen des Profi-Sports.

Am Ende des vergangenen Jahres trennte sich KIF Kolding Kopenhagen von Trainer Henrik Kronborg, der zuvor vier Jahre lang auf der Kommandobrücke der Dänen stand. Und prominenter Ersatz wurde inzwischen ebenfalls gefunden: Seit dem 2. Februar heißt der neue Coach Antonio Carlos Ortega, der nach vier Jahren in Diensten des ungarischen Rekordmeisters MKB Veszprem zu Beginn der Saison von den Magyaren freigestellt wurde und frei für eine neue Aufgabe war. In Kolding Kopenhagen sind die Verantwortlichen von dieser Personalie überzeugt. „Die Verpflichtung eines so erfolgreichen Trainers ist für Kopenhagen etwas Besonderes. Ortega ist für seine aggressive und kompakte Verteidigung bekannt, das gilt ebenso für das Angriffskonzept und passt in unsere Pläne bis 2020“, sagte Geschäftsführer Lasse Boesen, vielen deutschen Handball-Fans noch als Profi der SG Flensburg-Handewitt bekannt und in der vergangenen Saison noch selbst bei KIF am Ball. Vor allem Ortegas Erfolge mit Veszprem in den vier Jahren zuvor hatten Boesen überzeugt, wie er auf der Vereinshomepage weiter ausführte. „Es spricht für sich selbst, dass Carlos Ortega ein großer Handballkenner ist, der mit Veszprem mehrmals das Final Four in der Champions League erreicht hat.“ Und auch Ortega selbst, der bis 2019 in Dänemark unterschrieben hat, freute sich auf die neue Aufgabe, die er parallel zu seinem zweiten Job als Trainer der japanischen Nationalmannschaft angeht: „Ich möchte die Mannschaft zu einer weiteren dänischen Meisterschaft führen und mit der europäischen Elite mithalten. Die Wertevermittlung und die Philosophie stimmen mit meinen überein“, sagte Carlos Ortega bei seiner offiziellen Vorstellung mit der angebrachten
Zuversicht.

Inzwischen dürfte dem neuen Coach, dem in Ungarn offenbar Spannungen mit einigen Veszprem-Profis zum Verhängnis wurden, aber bewusst geworden sein, dass es wohl nicht von heute auf morgen gehen wird, den amtierenden dänischen Meister wieder auf die Schiene Richtung der angestrebten Dominanz zu setzen. Neben einem Abwehrproblem hat KIF Kolding Kopenhagen nämlich auch ein Problem mit der Altersstruktur im Kader. „Wir haben einige Spieler, die bereits über 33 Jahre alt sind und dann wieder sehr viele junge Akteure“, vermisst Ortega etwas den „Mittelbau“. Bis Mitte März möchte der Spanier, der als Spieler bei den Olympischen Spielen im Jahr 2000 die Bronzemedaille gewonnen hatte, dann aber seine Handschrift deutlich sichtbar machen. Was die Königsklasse betrifft, dürfte der Zug dann zwar schon abgefahren sein, doch mittelfristig zählt sich der Klub durchaus zu den Konstanten auf europäischer Ebene – und dies auch mit einer gewissen Berechtigung. Seit die europäischen Cup-Wettbewerbe mit Beginn der Saison 1993 unter dem Dach der EHF organisiert werden, war Kolding nur zwei Spielzeiten nicht mit von der Partie, allein in die Champions League ging Kolding im vergangenen September schon zum dreizehnten Mal, 2002 stand das Team sogar im Halbfinale des Vorzeige-Wettbewerbs.

Und wenn die Dänen in der Champions League mit dabei waren, blieben sie bisher nur in der Saison 1994/1995 in der Gruppenphase stecken. Dass sich ein solcher Aussetzer ausgerechnet in der Jubiläumssaison – das 27:26 am vergangenen Sonntag gegen Montpellier HB markierte das 200. Europacup-Spiel KIF Koldings – wiederholen könnte, wäre eine Ironie der Geschichte, doch die Vergangenheit hat im Kampf um Europas Handball-Krone schließlich noch nie Bonuspunkte eingebracht. Nach dem Erfolg gegen die MT Melsungen im DHB-Pokal unter der Woche wollen die Löwen auch das morgige Gastspiel in Frankfurt erfolgreich gestalten. „Auch wenn wir in Frankfurt spielen, haben wir ein Heimspiel, das wir natürlich gewinnen wollen“, sagt Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen. Seine Landsleute schätzt Jacobsen als eine „unheimlich erfahrene Mannschaft“ ein. Im Hinspiel hatten die Löwen unterdessen keine Probleme, nach einer 12:8 Pausenführung gab es im vergangenen September einen 30:18 Kantersieg. „Ich hätte nichts dagegen, wenn es am Sonntag wieder so ausgeht“, schmunzelt Jacobsen.