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Löwen kamen nur zum Gratulieren (RNZ)
Kiel. Vom Kopf her war’s einfach. Auswärts und das noch bei der besten Handball-Mannschaft der Welt: In Kiel, beim Titelhamster von der Ostsee. Eigentlich konnten sie dort nur gewinnen, die Rhein-Neckar Löwen. Positiv überraschen, nicht enttäuschen. Jeder rechnete mit einer Niederlage der Gelben, der vorzeitigen Entscheidung im Titelkampf. Und zu der kam es gestern dann auch. Der THW schoss sich einen 31:25 (15:7)-Sieg heraus und ließ danach die Korken knallen. Thorsten Storm, der Manager der Löwen, gratulierte artig: „Kiel ist völlig verdient Meister geworden.“ Und zur eigenen Leistung? „Das Spiel war zur Pause leider schon entschieden. Wir waren im Rückraum zu schwach. Man kann keine 25 Tore über den Kreis erzielen. In Kiel schon gar nicht.“
Chancenlos an der Ostsee
Der alte ist also auch der neue Meister. Spieler, Fans. Alle feierten. Die Löwen schauten zu. Respektvoll taten sie das. In den 60 Minuten davor war das anders. Da probierten sie viel, waren motiviert, wollten den Meister-Express noch einmal zum außerplanmäßigen Zwischenstopp zwingen. Das Problem: die Abwehr der Nordmänner. Die glich einer Wand, groß und stark, schier unüberwindbar. Und wenn sich doch mal eine Lücke auftat, war da meist ein Mann, der in den letzten Jahren immer da war, wenn der THW zwischen den Kreisen auf Punktejagd ging. Gemeint ist Thierry Omeyer, der Franzose, der Hexer zwischen den Kieler Pfosten. So dauerte es bis zur siebten Minute, ehe den Löwen der erste Treffer gelang. Bjarte Myrhol, der Kreismann, besorgte ihn. Im Spurt, im Tiefflug: 1:3.
Und wenig später war dann endlich mal wieder Gensheimer-Zeit. Beim Stand von 4:8 stiefelte der Kapitän auf die Platte, gab sein Comeback nach monatelanger Verletzungspause. Der Friedrichsfelder sollte einen Siebenmeter in die Maschen knallen. Aber nicht mit Omeyer. Der war hellwach, fuhr die linke Pranke aus und entschärfte das Gensel-Geschoss. Eine Szene, die symptomatisch für die erste Halbzeit war: Die Löwen liefen hinterher, gingen mit einem frustrierenden 7:15 in die Kabine.
Raus kamen sie noch einmal, jedoch mit hängenden Schultern, ohne Körperstammung. Und die Kieler? Die wechselten nun munter durch, sorgten somit dafür, dass das Endergebnis für die Löwen noch relativ erträglich ausfiel. Erfreulich am Rande: Gensheimer traf doch noch. Aus dem Spiel heraus, zum 31:25.
Für die Löwen gilt es nun kühlen Kopf zu bewahren. Denn es geht weiter, sofort: Schon am Samstag steigt das EHF-Cup-Halbfinale beim Final Four in Nantes. Frisch Auf Göppingen heißt der Gegner. Eine machbare Aufgabe, die Patrick Groetzki und Co. lösen müssen, um am Sonntag endlich den ersten Pott der Vereinsgeschichte in die Höhe stemmen zu können. Bleibt zu hoffen, dass die gestrige Klatsche an der Ostsee keinen bleibenden Schaden hinterlässt. Storm will davon nichts wissen. Er sagt: „In Nantes wird es wichtig sein, dass wir aus dem Rückraum wieder leichte Tore erzielen. Denn auch Göppingen ist ein körperlich starkes Team.“
THW Kiel: Vujin 7/2, Klein 4, Sprenger 4, Jicha 3, Sigurdsson 3, Ilic 2, Palmarsson 2, Toft Hansen 2, Wiencek 2, Ekberg 1, Narcisse 1.
Rhein-Neckar Löwen: Myrhol 5, Groetzki 4, Schmid 4/1, Isaías Guardiola 3, Ekdahl du Rietz 2, Gedeón Guardiola 2, Sigurmannsson 2, Gensheimer 1, Schmidt 1, Sesum 1
Zuschauer: 10 285 (ausverkauft).
Von Daniel Hund