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Löwen retten an schwarzem Tag einen Punkt

Schlechteste Saisonleistung endet mit 24:24 (12:11) / Erster Punktverlust an fünftem Liga-Spieltag

Max Janke hält Steffen Fäth auf. Die Rhein-Neckar Löwen haben am 5. Spieltag in der DKB Handball-Bundesliga den ersten Rückschlag einstecken müssen. Am Sonntagnachmittag in der SAP Arena kamen die Jungs von Trainer Nikolaj Jacobsen zu einem am Ende sogar glücklichen 24:24 (12:11) – und damit nicht über einen einzelnen Punktgewinn hinaus. In der Tabelle fielen die Löwen damit auf Rang drei zurück, hinter die verlustpunktfreien Flensburger und Magdeburger. 

„Glückwunsch an die Leipziger, sie waren heute über weite Strecken die bessere Mannschaft“, sagte ein sichtlich enttäuschter Löwen-Coach nach der Partie. „Zustande gekommen ist dieses Spiel vor allem deshalb, weil wir die ersten zehn Minuten verschlafen haben. Dadurch hat Leipzig gemerkt, dass hier etwas geht, und sie haben diese Chance mutig ergriffen“, so Jacobsen weiter. In seinem Team habe es einfach zu viele Ausfälle gegeben, vor allem aus dem Rückraum sei zu wenig gekommen. Am schwersten wog wahrscheinlich die krankheitsbedingte Schwächung von Löwen-Spielmacher Andy Schmid, der mit „Magen-Darm“ im Körper nie zu seiner Form fand und weder ein Tor, noch einen Assist zum Spiel seiner Mannschaft beisteuern konnte. 

14 Paraden von Palicka 

Andreas Palicka macht ein Superspiel. Torwart Andreas Palicka, der zusammen mit Außen Jerry Tollbring und Kreisläufer Jannik Kohlbacher noch zu den Lichtblicken zählte, war es zu verdanken, dass die Löwen überhaupt um einen Punkt kämpfen konnten. 14 Paraden landete der Löwen-Schlussmann. Auch die Abwehr des Pokalsiegers konnte sich sehen lassen, da wurde vor allem bei der Blockarbeit sowie im Verschieben viel Gutes geleistet. Am meisten Sorgen machte am Sonntag, so sah das auch Jacobsen, das Angriffsspiel. „Wir haben da einfach keinen guten Tag erwischt und können am Ende froh sein, nicht verloren zu haben“, sagte der Sportliche Leiter Oliver Roggisch. „Vorne hatten wir wirklich Probleme, da hat uns über die gesamte Zeit die Durchschlagskraft gefehlt“, so Jacobsen. Palicka, der Löwen Bester, brachte es kurz und bündig auf den Punkt: „Das war heute nicht das, wie wir uns das vorgestellt haben.“ 

Rauf auf die Platte: Die ersten Aktionen gehören – wie schon am Mittwoch in der Champions League gegen Barcelona – dem Gegner. Leipzig trifft durch Raul Santos auf Linksaußen zum 0:1, im Gegenzug wird Löwen-Spielmacher Andy Schmid geblockt. Philipp Weber zieht gegen Alex Petersson einen Siebenmeter, den Santos-Kollege Patrick Wiesmach auf Rechtsaußen zum 0:2 nutzt. Erst im Gegenzug gelingt den Gelben das erste Tor des Tages, weil sich Steffen Fäth gleich gegen zwei Gästespieler durchsetzt und zum 1:2 einschweißt. Sicherheit gibt den Löwen dieser Treffer aber nicht. Leipzigs Spielmacher Niclas Pieczkowski präsentiert sich in Topform, legt Santos das 1:3 auf und erzielt das 1:4 persönlich. Nach etwas mehr als acht Minuten muss Löwen-Coach Jacobsen die erste Auszeit nehmen – und reagiert mit einer Rarität.

Kohlbacher kommt ins Spiel

Jannik Kohlbacher beißt sich durch. Andy Schmid, bis dahin ohne einen Impuls auf der Mitte, wird von der Platte geholt, Mads Mensah übernimmt seinen Part. Tatsächlich bringt der Däne Schwung in die Löwen-Offensive. Das 2:4 initiiert er, Patrick Groetzki bringt es mit feinem Pass auf Jannik Kohlbacher zu Ende. Andreas Palicka mit seiner dritten Parade leitet den nächsten schönen Angriff vor, dieses Mal bedient Mensah direkt Kohlbacher am Kreis: 3:4. Durch zwei verwandelte Siebenmeter von Jerry Tollbring, der für Gudjon Valur Sigurdsson in der ersten Sieben steht, schaffen die Löwen erstmals den Ausgleich (12.). Dass es bis zur ersten Führung noch einmal sieben Minuten dauert, liegt vor allem daran, dass es die Leipziger immer wieder verstehen, das Tempo aus dem Spiel und dabei insbesondere den Zug aus den Löwen-Vorstößen zu nehmen. 

Als Groetzki in Minute 19 das 9:8 für den Pokalsieger erzielt, haben die Gastgeber das vor allem einem überragenden Palicka im Tor zu verdanken. Vor allem mit seiner unorthodoxen Fußabwehr bringt er den Leipziger Rückraum schier zur Verzweiflung, insbesondere die Herren Philipp Weber und Franz Semper. Wahnsinn die Parade gegen Raul Santos, bei der er quer in der Luft liegt. In der 27. Minute kommt Palle mit seiner zehnten Parade auf eine 50-Prozent-Quote gehaltener Bälle: einsame Spitzenklasse. Weil vorne nun Steffen Fäth seinen Rhythmus findet und insgesamt ein bisschen mehr Spielfluss aufkommt, gehen die Löwen immerhin mit einer 12:11-Führung in die Pause. Ein wirklich gutes Handball-Spiel sehen die Fans in der SAP Arena bis dahin aber nicht. Viel Stückwerk, viel Krampf, viel Kampf: So sieht es über weite Teile der ersten Halbzeit aus und damit genau so, wie sich das Leipziger vor der Partie gewünscht haben dürften.

Leipziger packen zu

Alex Petersson wird gelegt.Durchgang zwei startete aus Löwen-Sicht nicht besser. Torwart Milos Putera hält gegen Groetzki. Als dann noch Wiesmach in Leipziger Unterzahl den Ausgleich markiert, ist der Versuch der Löwen, neuen Schwung mit aufs Feld zu bringen, erst einmal gescheitert. Genauso wie die Variante mit dem zweiten Kreisläufer und dem siebten Feldspieler, die Jacobsen wohl deshalb ausprobiert, weil die Löwen-Offensive einfach nicht auf Touren kommen will. Allerdings geht auch dieser taktische Kniff in die Hose, Semper trifft ins leere Tor zum 14:15 (36.). In seiner zweiten Auszeit (38.) beendet Jacobsen das Projekt Überzahl, setzt den zwischenzeitlich zurückgekehrten Andy Schmid wieder auf die Bank. Doch egal, was der Trainer versucht: Es ändert nichts daran, dass die Löwen vor dem gegnerischen Tor keine Mittel finden gegen die unheimlich bewegliche und brutal zupackende SC-Abwehr. 

Beim 18:20 droht den Gelben sogar der Supergau, doch Petersson, der noch einmal aufdrehende Palicka und Tollbring mit seinem fünften Tor bringen die Löwen zumindest wieder auf Augenhöhe (20:20, 50.). In der 52. Minute der nächste Rückschlag: Wiesmach trifft zum 20:21 und Tollbring sieht zwei Minuten. Dass sich die Mannheimer in dieser Situation berappeln und zum wiederholten Mal gegen die eigenen Unzulänglichkeiten ankämpfen, ist auch eine Qualität. Eine, die am Ende zwar nicht mehr den Sieg, aber immerhin ein Unentschieden bringt. Auch dank der Unterstützung der Löwen-Fans, die während der kompletten Schlussphase ihre Jungs im Stehen und dauerhaft klatschend nach vorne treiben, drehen die Jacobsen-Schützlinge auch noch das 21:22 und 23:24. Den Schlusspunkt, vier Sekunden vor Schluss, setzt Mads Mensah mit Urgewalt und wilder Entschlossenheit. So steht es nach 60 ziemlich verrückten Minuten 24:24. 

Rhein-Neckar Löwen – SC DHfK Leipzig 24:24 (12:11)

Löwen: Appelgren, Palicka – Schmid, Lipovina, Sigurdsson, Radivojevic, Tollbring (5/2), Abutovic, Mensah (3), Fäth (4), Groetzki (4), Taleski, Guardiola, Petersson (3), Nielsen, Kohlbacher (5)

Leipzig: Putera, Villadsen – Semper (4), Wiesmach (4/2), Jurdzs, Baumgärtel, Binder, Janke, Pieczkowski (5), Roscheck, Weber (4), Hellmann, Gebala, Milosevic (2), Santos (5)

Trainer: Nikolaj Jacobsen – André Haber

Schiedsrichter: Hanspeter Brodbeck / Simon Reich

Zuschauer: 4762

Strafminuten: Guardiola (2), Tollbring (2) – Jurdzs (4), Janke (2), Roscheck (4), Weber (2), Santos (2)

Siebenmeter: 2/2 – 2/3

Leipzig: Santos scheitert an Appelgren (42.)

Spielfilm: 0:2, 1:2, 1:4, 3:4, 3:5, 5:5, 5:6, 7:8, 9:8, 12:10, 12:11 (HZ), 12:12, 13:12, 14:15, 15:16, 17:16, 18:17, 18:19, 20:21, 22:22, 23:23, 24:24 (EN)