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Meister gegen Vizemeister
Löwen empfangen morgen die SG Flensburg-Handewitt
Die DKB Handball-Bundesliga hat am vierten Spieltag ihr absolutes Spitzenspiel. Am morgigen Samstag treffen mit den Rhein-Neckar Löwen und der SG Flensburg-Handewitt nicht nur die beiden besten Mannschaften Deutschlands aufeinander, es kommt zum Duell zwischen dem Deutschen Meister und dem Vizemeister. Anwurf in der SAP Arena ist um 17 Uhr, Eintrittskarten gibt es noch an der Tageskasse, die bereits um 14:30 Uhr öffnet. Um 14:45 Uhr bestreiten zudem die SG Heidelsheim/Helmsheim und die SG Stutensee-Weingarten das Vorspiel vor dem Höhepunkt.
„Flensburg war für mich in der vergangenen Saison eigentlich schon die beste Mannschaft der Liga. Sie haben eine unglaubliche Rückrunde gespielt, nachdem wir in Flensburg gewinnen konnten“, sagt Nikolaj Jacobsen, der bei den Norddeutschen auch den breitesten Kader der Liga ausgemacht hat. „Flensburg verfügt über eine unglaubliche Qualität, sie haben einen viel breiteren Kader als wir und haben keine Neuzugänge, es spricht viel für die SG in dieser Saison“, sagt Jacobsen. Und auch Flensburgs Rückraumspieler Holger Glandorf versucht erst gar nicht, sich irgendwie in Zurückhaltung zu üben. „Wir haben die vergangene Bundesliga-Spielzeit als Zweiter abgeschlossen. Nun können wir diesen Platz entweder verteidigen oder Rang eins angreifen“, sagt der wurfgewaltige Linkshänder der SG Flensburg-Handewitt und legt sich fest. „Wir bevorzugen ganz klar die Angreiferrolle.“ Keine Frage: Die Norddeutschen wollen es in dieser Saison wissen, nehmen einen neuen Anlauf Richtung Meisterschaft, nachdem es zuletzt trotz starker Leistung knapp nicht für die nationale Krönung gereicht hatte.
Rückblick: Im Sommer 2015 nimmt die SG viel Geld in die Hand. Sie verstärkt sich in der Breite, verbessert sich in der Spitze – doch am Ende reicht es trotz irrer Siegesserie in der Rückrunde „nur“ für die Vize-Meisterschaft, die unerwarteten Punktverluste zu Saisonbeginn sind eine zu schwere Hypothek und können nicht mehr wettgemacht werden. „Wir hatten fünf Neuzugänge und brauchten zu viel Zeit, um uns einzuspielen“, blickt Trainer Ljubomir Vranjes im Gespräch mit der „Handballwoche“ zurück. Er weiß: Den Titel verspielten die Flensburger schon im September.
Mit einem nahezu unveränderten Kader soll es nun in dieser Saison für den ganz großen Coup reichen. Dem Abgang von Kresimir Kozina zu den Füchsen Berlin steht lediglich die Verpflichtung von Perspektivspieler Ivan Horvat gegenüber. Angesichts der extremen Belastungen in Bundesliga, Pokal und Champions League möchte Vranjes kein Risiko eingehen und für den Fall möglicher Verletzungen gewappnet sein: „Ich möchte nicht in die Situation kommen, dass wir im Oktober plötzlich unter Zeitdruck reagieren müssen.“
Für viele im Flensburger Kader dürfte diese Saison vielleicht die letzte große Chance auf die Meisterschaft sein. Zahlreiche Leistungsträger wie Holger Glandorf, Tobias Karlsson, Lasse Svan, Anders Eggert, Thomas Mogensen und Mattias Andersson haben die 30-Jahre-Marke bereits überschritten, viele Verträge enden im nächsten Sommer. Auch das Arbeitspapier von Weltklasse-Linksaußen Eggert endet dann – und der Däne hat bereits seinen Abschied angekündigt. „Nach reiflicher Überlegung gemeinsam mit meiner Familie habe ich mich entschieden, zum Abschluss meiner Karriere im Jahr 2017 nach Dänemark zurückzukehren“, erklärte der Linksaußen, der Teamkollege des Ex-Löwen Bjarte Myrhol wird.
Liebend gern würde sich der sympathische Däne natürlich mit der Meisterschaft verabschieden – und die Chancen auf die Krönung zum Abschluss stehen nicht schlecht. Zehn von 18 Bundesliga-Trainern haben auf die SG als Meister getippt, mehr Stimmen bekam keine andere Mannschaft. „Die Flensburger haben den ausgeglichensten Kader“, meint Magdeburgs Trainer Bennet Wiegert. Göppingens Coach Magnus Andersson sieht die SG vorne, „weil sie einen richtig guten Kader hat, keine Neuzugänge integrieren muss und die beste Mannschaft stellt.“
All die Vorschusslorbeeren nimmt Vranjes natürlich zur Kenntnis, große Bedeutung misst er den Worten und dem Respekt seiner Kollegen aber nicht bei. „Es ist schon putzig, wenn andere vor dem ersten Spiel von der Meisterschaft reden“, sagt der SG-Trainer und versucht die seiner Mannschaft angetragene Favoritenrolle positiv zu sehen. „Man sieht, dass wir in der zurückliegenden Serie zwar keinen Titel, aber Respekt gewonnen haben. Um nach ganz oben zu kommen, müssen wir sehr gut spielen, dürfen kein Verletzungspech haben und brauchen auch Glück, was uns zuletzt fehlte.“ Dass sein Team aber durchaus in der Lage ist, sich zum nationalen Champion zu krönen, weiß Vranjes, der nach einem Jahr ohne Trophäe endlich wieder feiern möchte. „Wir wollen Titel gewinnen, ganz klar“, sagt der ehrgeizige Trainer: „Wir werden nichts versprechen. Aber wenn wir unsere Spieler betrachten, haben wir die Qualität, Meister zu werden.“
Auf einen Ausnahmekönner wird der Schwede aber wahrscheinlich sogar die komplette Hinrunde verzichten müssen. Rasmus Lauge, einer der überragenden Spieler der vergangenen Saison, laboriert an den Folgen eines Meniskusrisses. „Es wird noch dauern, bis ich auf das Spielfeld zurückkehren werde. Natürlich hoffe ich, dass es möglichst schnell geht und problemlos läuft, aber es dauert einfach seine Zeit und ich denke, dass es mit der Hinrunde schwierig wird“, sagt der Däne, der vor wenigen Monaten einen riesigen Anteil am Flensburger Sieg in der Mannheimer SAP Arena hatte. Neun Tore erzielte er beim 25:22-Erfolg seiner Mannschaft, der Sieg machte das Meisterschaftsrennen wieder spannend. Am Ende jubelten dann aber eben doch die Löwen, die in der laufenden Saison genau wie die SG ihre ersten drei Saisonspiele gewonnen haben. Ausgerechnet vor dem Duell mit den Löwen zitterten sich die Flensburger dabei am vergangenen Mittwoch zum Sieg. Den 26:25 Siegtreffer per Siebenmeter erzielte die SG erst nach der Schlusssirene, während die Löwen in Melsungen zu einem Start-Ziel-Sieg kamen.
„Um gegen Flensburg zu punkten benötigen wir wie in Melsungen wieder eine Topleistung, kämpferisch haben wir gegen die Melsunger überzeugt, gegen Flensburg dürfen wir uns allerdings nicht so viele Fehler erlauben wie am Mittwoch“, sagt Oliver Roggisch, Sportlicher Leiter der Rhein-Neckar Löwen, der zudem auf die Unterstützung der eigenen Zuschauer setzt. „Wir wollen in dieser Saison kein Heimspiel verlieren, dabei spielen unsere Zuschauer natürlich eine große Rolle, und ich hoffe morgen auf die Unterstützung unserer Fans“, so Roggisch, der zudem klarstellt, dass die Rhein-Neckar Löwen sich nicht um den Magdeburger Nationalspieler Finn Lemke bemühen. „Finn ist ein toller Spieler, der seine Stärke in der Defensive hat. Hier sind wir mit Gedeon Guardiola und Hendrik Pekeler aber erstklassig besetzt“, so Roggisch abschließend.