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Mit Leichtigkeit und Spielwitz (RNZ)

Mannheim. Hinter jeder zweiten Ecke hängt einer, meist oben, direkt unter der Decke: Die Katakomben in der SAP Arena sind voll mit Flachbildschirmen. Wie Bilder hängen sie an den Wänden. Zu sehen ist in der Regel immer das, was die Arena-Regie im Oval gerade einfängt. Und am Samstag, es war kurz nach 14 Uhr, fingen die Kameraleute irgendwie immer den Gleichen ein: Kim Eckdahl du Rietz, den Kunstschützen der Rhein-Neckar Löwen. Warum? Gute Frage. Vielleicht, weil er mal genau das Gegenteil von dem tat, was er sonst so tut. Der Schwede verhinderte Tore, warf sie nicht. Er stand zwischen den Pfosten. So wärmte er sich auf. Minutenlang. Und wie war er? Nicht schlecht. Aber eben nicht so gut wie wenn er Maß nimmt, wenn er Tore wie am Fließband erzielt, wenn er für seine Gelben Löcher in die gegnerische Abwehrmauer reißt.

Wenig später tat er das dann wieder. Gegen Lemgo, beim 31:26 (14:10)-Heimsieg. Doch es war nicht du Rietz allein, der glänzte. Alle waren beteiligt. Jeder zeigte sich von seiner Schokoladenseite. Im Kollektiv sorgte man für den sechsten Sahnetag im sechsten Spiel. Danach war dann schwärmen angesagt. Bei Gudmundur Gudmundsson, dem Trainer zum Beispiel. Der erzählte viel, aber weniger von sich, mehr von der Mannschaft. Von tollen Toren, von einer starken Abwehr, von ganz viel Selbstvertrauen. Und von einem Rückkehrer: Patrick Groetzki, der seine rund sechsmonatige Leidenszeit gegen Lemgo endlich beendet hat. Gudmi: „Gerade für ihn habe ich mich sehr gefreut. Er hat sich wieder super eingefügt.“

Was übrigens keine Selbstverständlichkeit ist, selbst für einen wie Groetzki. Einen Nationalspieler. „Ja, ich muss es zugeben, ich war schon nervös. Die Pause war ja auch wirklich lang.“ Und jetzt? Vier Tore später? „Da bin ich einfach nur noch glücklich.“ Bei 100 Prozent ist der Pforzheimer aber noch nicht. Konditionell vor allem. Komplette 60 Minuten kann der echte Flügelflitzer noch nicht marschieren, aber das kommt, wird besser. Von Spiel zu Spiel, von Training zu Training. Während seiner Verschnaufpausen gegen Lemgo rückte Alexander Petersson auf die rechte Flanke, während Marius Steinhauser diesmal geschont wurde.

Weg von Groetzki, hin zu zwei anderen, die aussehen wie einer: die Guardiolas. Isaias und Gedeon, die Handball-Zwillinge. Beide bekamen gegen den Ex-Meister viel Einsatzzeit. Der eine am Kreis, der andere im Rückraum. Ihre Sache machten sie gut. Vorne, insbesondere aber auch hinten in der Defensive. Das Feintuning während der dreiwöchigen Pause hat sich demnach gelohnt. Mittlerweile sind die spanischen Riesen echte Alternativen.

Groetzki hat sie längst ins Herz geschlossen. Wie den Rest. Er sagt: „Ich würde für jeden, der bei uns in der Mannschaft spielt, meine Hand ins Feuer legen.“ Ein Statement, das es auf den Punkt bringt. Irgendwie hat man nämlich das Gefühl, dass die neuen Löwen keine Profimannschaft im herkömmlichen Sinn sind, sondern eher ein Zusammenschluss von guten Freunden. Und das täuscht nicht. Thorsten Storm weiß mehr. Der Manager: „Das sind alles tolle Jungs, die auch nach dem Training und nach den Spielen häufig noch gemeinsam etwas unternehmen.“

Diese Leichtigkeit, diese Effektivität, dieser Spielwitz, dieser Spaß, dieser Zusammenhalt. Vorzüge, die man in den Vorjahren vergeblich im gelben Lager suchte. Sagen will das natürlich keiner. Niemand wäscht schmutzige Wäsche. Storm nicht, Groetzki nicht, Gudmundsson nicht. Aber sie denken es. Das spürt man, hört es zwischen den Zeilen raus.

Wie auch immer, am Dienstag um 20.15 Uhr geht es bereits weiter. Wieder daheim, diesmal gegen Flensburg, den Vizemeister. Und der wird mit reichlich Respekt ins „Ufo“ reisen. „Favorit sind aber natürlich die.“ Na, wer könnte das gesagt haben? Richtig: Gudmundsson, der Meister im Tiefstapeln. Dabei hat er übrigens gelacht, der Taktikfuchs. Denn wer ihn kennt, der weiß: Gudmi hat längst einen Masterplan für den siebten Streich im siebten Spiel.

Rhein-Neckar Löwen: Schmid 6, Gensheimer 4, Sesum 2, I. Guardiola 1, Myrhol 6, Groetzki 4, G. Guardiola 1, Petersson 5, du Rietz 2.
TBV Lemgo: Preiß 1, Bechtloff 3, Kehrmann 4, Strobel 5, Hermann 4, Prüßner 1, Pekeler 1, Schneider 2, Lemke 4, Zieker 1. 
Zuschauer: 6732.

Von Daniel Hund