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Müde Löwen fühlen sich von Brand gestört

Mannheim. Durchatmen. Endlich. Nichts weniger werden sich die Handballer der Rhein-Neckar Löwen nach dem 33:28 gegen den TuS Nettelstedt-Lübbecke gedacht haben, und mit Blick auf den Spielplan tun sich tatsächlich völlig ungewohnte Perspektiven auf. Nicht weniger als elf spielfreie Tage sind es noch bis zur nächsten Liga-Aufgabe beim VfL Gummersbach (24. Mai, 20.15 Uhr), danach steht das Champions-League-Final-Four in Köln an.

Und angesichts des Saisonendspurts hat auch Trainer Gudmundur Gudmundsson die Zeichen der Zeit erkannt. „Die Jungs brauchen mal frei vom Handball, von der Trainingshalle – und von mir“, schmunzelte der Coach und genehmigte seinem Team nach der gestrigen Nachbereitung bis einschließlich Sonntag eine komplette Auszeit.

Wer die Löwen am Mittwochabend erlebt hatte, kann diese Maßnahme sicher nachvollziehen. Børge Lund erst gar nicht dabei, Oliver Roggisch musste wegen Muskelproblemen im Oberschenkel auf der Bank bleiben, Ólafur Stefánsson gesellte sich in der zweiten Halbzeit zu ihm, und Bjarte Myrhol fuhr am Donnerstag wieder zur Behandlung nach München.

Der Rest zeigte bei manchem Fehlwurf, dass Körper und Kopf am Limit sind. „Auch als Spitzensportler ist es irgendwann nicht mehr so leicht, sich zu konzentrieren“, gab beispielsweise Uwe Gensheimer, dem ebenfalls die übliche Sicherheit abhandengekommen ist, Einblick in sein Innenleben.

„Viele haben sich in der zweiten Halbzeit gequält“, analysierte Gudmundsson den nicht immer sehenswerten Sieg gegen die Ostwestfalen, attestierte seinem Team aber gerade deshalb „Charakter“. Zudem steckte noch das Pokal-Aus von Hamburg in den Kleidern. „Die jüngsten Niederlagen haben uns zum Grübeln gebracht“, bestätigte Gensheimer und Geschäftsführer Thorsten Storm blickte ebenfalls nur ungern zurück. „Das hat richtig wehgetan“, sagte der Manager. „Umso wichtiger war es, dass wir im entscheidenden Moment immer wieder Gas geben konnten.“

Auch Storm gönnt den Profis die Pause. „Am Montag startet dann unser Drei-Wochen-Projekt, in dem es um alles geht“, blickt der 46-Jährige auf Platz drei in der Liga und den Königsklassen-Gipfel in Köln.

Getrübt wird die Vorfreude allerdings von einem am Montag beginnenden Nationalmannschafts-Lehrgang. Oliver Roggisch hat sich verletzungsbedingt abgemeldet, Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki werden um die Übungseinheiten mit Bundestrainer Heiner Brand aber nicht herumkommen. „Es ist wichtig, dass wir uns noch einmal intensiv mit den Gegnern Österreich und Lettland beschäftigen“, blickt Brand auf die EM-Qualifikation am 8. und 12. Juni, Löwen-Coach Gudmundsson sieht das naturgemäß anders. „Gerade für Uwe wäre es besser, sich bei uns zu erholen“, meint der Isländer. „Das macht unsere Vorbereitung nicht einfacher.“

Manager Storm fehlt sogar jegliches Verständnis für die DHB-Maßnahme. „Dieser Lehrgang muss nicht sein. Ich kenne keinen anderen Verband, der in dieser Saisonphase so etwas ansetzt. Die Spanier werden sich ins Fäustchen lachen“, sieht Storm für die Löwen und den HSV Hamburg auch mit Blick auf das Final Four der Champions League Nachteile für die deutschen Klubs.

Von Thorsten Hof

 13.05.2011