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Nach Generalüberholung: Neue Recken erwarten die Löwen

Duell des 13. Spieltages der LIQUI MOLY HBL am Dienstag um 20.15 Uhr

Löwe Andy Schmid zeigt sich seit Wochen in Topform.

„Überragende erste Halbzeit. Zweite Halbzeit hat sich das Spiel ein bisschen gedreht.“ Andy Schmid, Spielmacher und Vize-Kapitän der Rhein-Neckar Löwen, analysierte genauso knapp wie nüchtern, was da am Sonntagnachmittag im Spitzenspiel der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga zwischen seiner Mannschaft und der SG Flensburg-Handewitt geschehen war. Genauso knapp und nüchtern fiel der Ausblick auf die nächste schwere Aufgabe am Dienstagabend aus.

Um 20.15 Uhr startet das Duell zwischen der TSV Hannover-Burgdorf und den Löwen. Es ist der 13. Spieltag. Die Recken gehen als Tabellenvierzehnter in die Begegnung, stehen deutlich schlechter da als noch in der Vorsaison, als man im Moment des Corona-Abbruchs Vierter war, die Löwen zuhause ärgern (29:29) und in Mannheim aus dem Pokal werfen konnte (30:31). Die Löwen-Revanche in der Liga war zugleich die Bundesliga-Premiere unter Trainer Martin Schwalb. Das 30:23 am „Tag der Vielfalt“ in der SAP Arena wirkte wie eine Befreiung. Das Ziel für Dienstag aus der sachlichen Andy-Schmid-Sicht: „Unbedingt zwei Punkte holen.“

Nach dem Wahnsinnsritt gegen Flensburg inklusive 31:31-Ausgleich nach der Schlusssirene hätten Schmid und Co. nichts gegen einen ruhigen Abend bei den Recken. Allein es dürfte bei dem Wunschtraum bleiben. Hannover spielt zwar eine äußerst durchwachsene Saison, kann mit der Bilanz von 10:12 Punkten eigentlich nicht zufrieden sein. Und dennoch zeigt das Ergebnismuster, das die Löwen besser auf der Hut sein sollten. Gegen Spitzenteams, so viel scheint festzustehen, kitzeln die Niedersachsen noch ein paar Prozentpunkte mehr heraus. In Kiel (31:34) schnupperten sie an einer Sensation, in Berlin (27:31) an einer dicken Überraschung. Auch das 21:21 am Samstagabend in Erlangen hat bewiesen: Sie können es doch noch, die Hannoveraner, wenngleich der Flow der vergangenen Spielzeit nicht mehr da ist.

Neues Recken-Spiel ohne Morten Olsen

Ein Zittersieg gegen Minden (26:25) gleich zum Auftakt, ein 27:27 bei den Eulen Ende Oktober, eine 25:29-Niederlage zuhause gegen Balingen am Nikolausabend: Solche Ergebnisse hat es bei den Recken 2019/20 nicht gegeben. Zumindest nicht in dieser Häufung. Der Abgang des genialen Spielmachers Morten Olsen, er hatte nicht nur einen dramatischen Qualitätsverlust in Hinblick auf individuelle Klasse zur Folge. Wie von Nationalspieler Fabian Böhm in einem Interview beschrieben, haben sich ohne den alles an sich reißenden Olsen sämtliche Offensivabläufe verändert, ist das Spiel der TSV ohne Olsen ein zu 100 Prozent anderes geworden.

Morten Olsen verließ die Recken im Sommer.

Was personell auffällt: Durch den Weggang Olsens in die alte dänische Heimat zu Löwen-Euro-League-Gegner GOG hat Alfred Jönsson einen Riesenschritt gemacht. War der 22-jährige Schwede in der Vorsaison als Liga-Neuling noch zurückhaltend bis scheu, hat er nun das Recken-Angriffsspiel komplett an sich gerissen. In den ersten elf Saisonspielen hat Jönsson 47 Treffer erzielt sowie 28 weitere vorbereitet – beides teaminterner Bestwert. Dahinter liegt hauchdünn Ivan Martinovic (46 Tore, 27 Vorlagen), der wie Jönsson zarte 22 Lenze auf dem Buckel hat. Die Jugend hat also übernommen bei Hannover, was man noch viel extremer an einigen weiteren Personalien sieht.

So stehen mit Hannes Feise, Martin Hanne, Jannes Krone, Veit Mävers, Malte Donker und Vincent Büchner gleich sechs Jungs aus der eigenen Jugend im aktuellen Kader – und das nicht als Lückenfüller! Sie alle spielen mehr oder weniger gewichtige Rollen im Team. Dass der konsequente Verjüngungskurs ergebnistechnische Schwankungen und auch einige Rückschläge mit sich bringt, versteht sich von selbst und wird von den Vereinsverantwortlichen einkalkuliert worden sein. So oder so ist die Entwicklung des Recken-Nachwuchses bemerkenswert und beweist, dass man auch in der stärksten Liga der Welt Eigengewächse in die Profi-Mannschaft führen kann.

Filip Kuzmanovski hat Alptraum-Würfe im Arm

Dass dies nicht ohne Erfahrung geht, zeigt die Wichtigkeit von Spielern wie Fabian Böhm oder des Innenblock-Duos Ilija Brozovic / Evgeni Pevnov für den Recken-Erfolg. Zuletzt on fire präsentierte sich Filip Kuzmanovski. Der aus Magdeburg gekommene Halblinke steigert sich von Spiel zu Spiel, war in Erlangen zusammen mit Martinovic in der Crunchtime Hannovers wichtigste Anlaufstation und schweißte ein paar Bälle ein, von denen HCE-Torwart Klemen Ferlin wahrscheinlich in der Nacht danach geträumt haben wird.

Damit die Löwen nicht schlecht träumen müssen nach Dienstagabend, brauchen sie eine konzentrierte Leistung in allen Belangen. So wie über weite Strecken gegen Flensburg und über die größten Teile der bisherigen Saison. Gelingt das, haben die Löwen die höhere Qualität und hoffentlich anders als am Sonntag schon vor dem letzten Wurf des Gegners beide Punkte fest im Sack. Neben Sky überträgt auch das Löwen-FanRadio von RPR1. live.