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Nackenschläge und zwei Punkte (BNN)

Löwen-Kapitän Gensheimer fällt lange aus / Wiederholungsspiel im Pokal

Der schwarze Spezialschuh hätte auch von Darth Vader aus der Star-Wars-Saga sein können, aber der klobige Stiefel am rechten Bein von Uwe Gensheimer hatte mit Fiktion nichts zu tun. Schmerzhafte Realität war am Samstag, dass der Kapitän der Rhein-Neckar Löwen und der Nationalmannschaft das Spiel des Tabellenführers gegen die HBW Balingen-Weilstetten in der Mannheimer SAP-Arena mit der Orthese am Fuß als Zuschauer verfolgte und nach dem mühsamen 29:24(17:16)-Sieg der Gastgeber berichtete: „Ich habe eine Achillessehnenreizung und am Mittwoch kam noch ein Faserriss hinzu im Muskel, der von der Sehne hoch zur Wade geht.“ Er müsse daher „die nächsten Wochen pausieren“.

Gensheimer fällt damit nicht nur für den vorentscheidenden Showdown am Mittwoch beim THW Kiel und das finale Punktspiel 2015 am zweiten Weihnachtsfeiertag gegen den SC Magdeburg aus, sondern auch für die Europameisterschaft im Januar in Polen. „Ich bin traurig und enttäuscht. Sowohl mit den Rhein-Neckar Löwen als auch mit der Nationalmannschaft befinden wir uns auf einem sehr guten Weg. Es schmerzt, dass ich meine Teams nicht weiter begleiten kann“, erklärte der Linksaußen, der auf vollständige Genesung bis zum Start der Restrunde im Februar hofft.
Gensheimer lässt Vorsicht walten, denn vor drei Jahren war er nach einem Riss der Achillessehne links sechs Monate außer Gefecht. Auch die WM 2013 fand ohne ihn statt. Für den viermaligen Handballer des Jahres nominierte Bundestrainer Dagur Sigurdsson den Melsunger Michael Allendorf nach.
Ein Unglück kommt selten allein, weiß der Volksmund. Wohl selten war dieses Sprichwort treffender als gerade bei den Löwen und ihrem blessierten König. Denn Pech hatten sie im Zusammenhang mit der Pokalpartie gegen die MT Melsungen doppelt. Bevor Gensheimer offiziell seine Rekonvaleszenz bekanntgab, die auf dem am Mittwoch im Melsungen-Spiel zugezogenen Faserriss fußt, erwies sich das 22:21 gegen die MT als Pyrrhussieg. Die 2. Kammer des Bundessportgerichts gab am Samstag bei der Verhandlung in Frankfurt dem Einspruch der Nordhessen statt gegen die Wertung des Spiels, weil der von Gensheimer in der Schlusssekunde verwandelte Siebenmeter zum Endstand von den Schiedsrichtern nicht hätte gegeben werden dürfen. Die neue Regel, wonach in den letzten 30 Sekunden Spielverzögerung mit einem Strafwurf zu ahnden sei, gelte nur für Spiele in der Ersten und Zweiten Bundesliga, nicht aber im Pokal. „Das Urteil akzeptieren wir natürlich“, sagte Löwen-Geschäftsführer Lars Lamadé, der aber sein Unverständnis ausdrückte, dass ein Unparteiischen-Trio falsch entschieden hatte.
„Wenn wir das Wiederholungsspiel gewinnen, dann fahren wir mit einem besseren Gefühl zum Final Four“, bemühte sich Patrick Groetzki um positive Sicht der Dinge. Als Termin für die Neuauflage kommt wegen des dichten Spielplans der Löwen wohl der 24. Februar infrage.
Läuft der Heilungsprozess bei Gensheimer wie erhofft, wird er seinem Team dann wieder eine Stütze sein. Dass ihn Stefan Sigurmannsson nicht gleichwertig ersetzen kann, kam trotz dessen ordentlicher Leistung gegen Balingen-Weilstetten zum Ausdruck. Vor allem als Antreiber wurde das bald nach Paris abwandernde Löwen-Urgestein vermisst.
Ähnlich wie schon in einigen Heimspielen zuvor taten sich die Löwen in der ersten Halbzeit enorm schwer. Die Badener bekamen keinen Zugriff auf den Rückraum der Schwaben und kassierten in 30 Minuten erstaunliche 16 Tore. Erst nachdem der eingewechselte Stefan Kneer an seinem 30. Geburtstag im Mittelblock die notwendige Aggressivität einbrachte, fanden die Löwen zur Kompaktheit. Nach einem 4:0-Lauf hieß es nach 47 Minuten 24:20, damit war das Spiel entschieden und ein dritter Nackenschlag an diesem Tag verhindert.
Von Reinhard Sogl