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Niklas Landin – ein realistischer Optimist (SOAK)

Auf den ersten Blick wirkt Niklas Landin ein wenig schüchtern. Doch wenn der Torwart der dänischen Handball-Nationalmannschaft seine Zurückhaltung erst einmal abgelegt hat, kommen sein Ehrgeiz und seine Zielstrebigkeit zum Vorschein. Die Rhein-Neckar Löwen können sich auf einen Schlussmann freuen, der sie ab der kommenden Saison nicht nur auf dem Feld, sondern auch neben der Platte bereichern wird.

Er schimpfte und gestikulierte. Der Ehrgeiz war ihm anzusehen. Was sich da vor seinem Tor abspielte, passte Niklas Landin überhaupt nicht. Wieder einmal war er einer der Besten in seinem Team, doch das sollte bei der 26:29-Niederlage der dänischen Nationalmannschaft gegen Spanien beim Supercup nicht reichen. Gerade einmal 22 Jahre ist der Torwart alt, doch schon jetzt gehört er zu den besten Torhütern der Welt. Den Talentstatus hat der Keeper längst hinter sich gelassen.

Die Rhein-Neckar Löwen wird das freuen. Lange beobachtete der Handball-Bundesligist den Torwart, Anfang des Jahres gaben die Badener die Verpflichtung des Dänen zur Saison 2012/2013 bekannt. Der Schlussmann fiebert seinem Engagement bei den Badenern bereits entgegen: „Die Löwen sind ein junger Klub mit einem tollen Umfeld. Ich freue mich auf diese Aufgabe und auf Trainer Gudmundur Gudmundsson.“

Der Coach der Gelbhemden und Landin kennen sich aus ihrer gemeinsamen Zeit bei GOG Svendborg TGI. Damals war der Torhüter lediglich 20 Jahre jung, doch Gudmundsson setzte auf ihn. „Niklas hat überragend gehalten. Das war ein großer Schritt in seiner jungen Karriere“, erinnert sich der Trainer: „Er hat ein riesiges Potenzial.“ Das Vertrauen in ihn hat der Hochgelobte nicht vergessen, weshalb er seinem einstigen sportlichen Ziehvater nun nach Mannheim folgt: „Gudmundur war sehr wichtig für meine Karriere. Dass ich zu den Löwen gehe, liegt zu einem großen Teil an ihm.“

Höflich, sympathisch, bescheiden – fast ein wenig schüchtern – gibt sich der Zwei-Meter-Schlaks im persönlichen Gespräch. „Noch kann ich kein Deutsch, aber ich fange bald an zu lernen“, sagt Landin fast entschuldigend. In fließendem Englisch beantwortet er jede Frage, auch die zu den Spekulationen um ein Engagement beim THW Kiel.

 

Dänische Medien hatten zuletzt berichtet, er werde seinen bis 2015 datierten Vertrag bei den Badenern nicht antreten, sondern zum deutschen Branchenprimus gehen. „Von der Geschichte habe ich gehört. Aber sie stimmt nicht“, versichert der Torwart. Er lacht ein wenig und zieht die Schultern hoch, als er auf die Gerüchte angesprochen wird. Ganz so, als wolle er sagen: Mich interessieren diese Spekulationen nicht, denn ich kann ohnehin nichts daran ändern. Keine Frage: Erstaunlich abgeklärt und souverän geht er mit den Schlagzeilen um, seine Konzentration gilt eher seinem derzeitigen Klub: dem dänischen Erstligisten BSV Bjerringbro/Silkeborg.

Landin macht keinen Hehl daraus, dass es schwer sei, mit dem Champions-League-Teilnehmer Titel zu gewinnen. International gehört der Klub zu den Leichtgewichten – und seitdem Löwen-Geldgeber Jesper Nielsen auch in seinen Heimatverein AG Kopenhagen kräftig investiert, scheinen dazu die nationalen Titel in Dänemark schon vor Saisonbeginn vergeben zu sein. Von einer unmöglichen Mission will Landin zwar nicht sprechen, er sagt aber auch: „Um Kopenhagen zu besiegen, müssen wir einen richtig guten Tag erwischen. Sonst haben wir keine Chance.“

Weitaus mehr Möglichkeiten auf eine Trophäe hat er da schon mit dem Nationalteam. Bei der diesjährigen WM standen die Dänen ganz kurz davor, den langjährigen Titel-Abonnenten Frankreich zu besiegen. Erst in der Verlängerung mussten sich die Skandinavier geschlagen geben. Unvergessen bleiben Landins Paraden im Turnierverlauf. Er trieb die Superstars reihenweise zur Verzweiflung, raubte ihnen mit seinen Paraden die Nerven – und wirkte dabei gar nicht so bescheiden wie im persönlichen Gespräch. Leidenschaft, Emotionen, Hingabe – all das verkörpert er auf dem Feld.

Von Marc Stevermüer