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Noch lange nicht am Limit angelangt

Karlsruhe. Sie lagen sich in den Armen, klatschten sich immer wieder ab. Der Spaßfaktor in der Karlsruher Europahalle war hoch gestern Abend. Dem Abend, an dem die Rhein-Neckar Löwen alles klar machten: Der Umweg Wildcard-Turnier wurde nicht zur Sackgasse, sondern zur Einbahnstraße: Drei Spiele, drei Siege. Souveräner geht’s nicht. Nach den Erfolgen über Gorenje Velenje (33:28) und Bjerringbro-Silkeborg (31:26) musste gestern auch Ademar Leon dran glauben: Die stolzen Spanier, die Kreis-Toreros, wurden von den Löwen mit 33:26 (15:9) erlegt. Ein starker Abschluss! Manager Thorsten Storm nickte: „Das war richtig toller Sport. Jeder hat die Spielfreude in der Halle gespürt.“

Die Badener begannen abgezockt, schlugen eiskalt zu. Vor allem Bjarte Myrhol, der robuste Norweger, behielt den Durchblick. Beim zwischenzeitlichen 5:2 (9.) hatte der Kreismann bereits drei Treffer erzielt. Mal listig als Aufsetzer, mal präzise ins linke untere Eck. Myrhol ist eine Bank, ein echter Volltreffer.

Und hinten drin passte einer zwischen den Pfosten auf, der das schon seit Jahren tut: Torhüter Henning Fritz, der Altmeister. Er „hexte“ wieder einmal auf einem ganz hohen Level. Die Baden-Lions, die stimmgewaltigen Fans der Gelbhemden, honorierten es, dankten es ihm mit „Fritze-Fritze-Sprechchören“. Storm stimmte ebenfalls mit ein. Im Pressezentrum lobte er seinen Routinier in den höchsten Tönen: „Was Henning heute geleistet hat, das war Extraklasse.“

Nach der Pause ging’s weiter mit der Löwen-Dominanz. Es entwickelte sich ein munteres Scheibenschießen. Jeder wollte, alle durften. Selbst Oliver Roggisch, ein reiner Defensiv-Spezialist, kein Torjäger, trug sich in die Torschützenliste ein.

In der 46. Minute erschien dann auch einer auf der Platte, der dort in dieser Saison bislang noch nie aufgetaucht war: Niklas Ruß. Der Junioren-Nationalspieler löste Uwe Gensheimer auf der linken Flanke ab. Für den Junglöwen war’s ein bewegender Moment. Sein Schweiß tropfte, sein Trikot klebte, seine Analyse folgte: „Ich bin super froh, denn im Gegensatz zu meinen Einsätzen in den Vorjahren, gehöre ich dieses Mal wirklich zum Kader, bin keine Aushilfe für ein Spiel.“

Ruß grinste, als er das sagte. Und dazu hatte er allen Grund. Effektiv trat er auf. Seine Bilanz: Eine Chance ein Tor. Doch Eigenlob ist nicht sein Ding. Er sprach lieber über andere, über alle: „Die Mannschaft hat geschlossen überzeugt, jeder hat zur Topleistung gegen Ademar Leon beigetragen.“

Geht es vielleicht sogar noch besser? Ruß grinst schon wieder: „Natürlich! Wir sind noch lange nicht am Limit angelangt. Ola Lindgren wird noch einiges aus uns herausholen.“ Das muss er auch. Denn in der Königsklasse warten andere Kaliber, richtig dicke Brocken. Die Löwen werden schon in der Gruppenphase voll gefordert: Barcelona und Kiel geben sich die Ehre. „Für uns ist das eine Riesen-Herausforderung“, freut sich Lindgren. Angst hat er aber nicht: „Wir haben eine tolle Truppe beisammen, die sich vor keinem Gegner verstecken muss.“

Eine klare Ansage: Die Löwen sind hungrig, bissig. Und das wollen sie auf der größtmöglichen Bühne beweisen. Die Europahalle hat ausgedient, das Bösfelder „Ufo“ rückt wieder in den Fokus. Storm verrät: „Vor allem gegen Barcelona und Kiel ist es natürlich unser Ziel, dass wir in der SAP Arena spielen. So ist der Plan, der aber noch nicht endgültig steht.“

Handball-Feste scheinen dann vorprogrammiert zu sein. Zumindest wenn es nach Olafur Stefansson, dem Rückraumstar, geht. Er sagt: „Wir sind schon in dieser frühen Phase deutlich besser als in der Vorsaison.“ Die Konkurrenz sollte sich also warm anziehen.

Spielfilm: 4:0, 4:2, 6:2, 8:3, 9:5, 10:7, 14:7, 15:9 (Halbzeit) 16:10, 21:12, 23:14, 27:18, 30:21, 33:26 (Endstand).

Von Daniel Hund

 06.09.2010