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Rhein-Neckar Löwen: Ausgerechnet Gensheimer fällt aus (RNZ)

Der Kapitän der Rhein-Neckar Löwen fällt lange aus – 29:24-Sieg gegen die HBW Balingen-Weilstetten

Es gibt Spiele, die sind besonders gefährlich. Was nichts mit dem Gegner zu tun hat, sondern mit dem Kopf. Dem Fokus. Die Rhein-Neckar Löwen hatten am Samstagnachmittag so ein Match vor der Brust. Die HBW Balingen-Weilstetten kreuzte in der SAP Arena auf. Ein Abstiegskandidat. Also eigentlich kein Gegner für die Löwen, eher leichte Beute. Aber eben auch nur dann, wenn man voll bei der Sache ist.

Und das war diesmal nicht selbstverständlich. Denn es war quasi das Spiel vor dem Spiel der Spiele, vor dem Gipfeltreffen beim THW Kiel am kommenden Mittwoch. Da kann man schon mal abdriften. Ob das dann auch wirklich so war? Schwer zu sagen. Fakt ist jedenfalls, dass sich die Badener richtig schwer taten, bis der 29:24 (17:16)-Erfolg unter Dach und Fach war. Egal, zwei Punkte im Weihnachtssack, was will man mehr? Denkste. Nikolaj Jacobsen reichte es nicht. Er hätte gerne mehr gesehen, viel mehr. „Ich bin enttäuscht von den Jungs“, grummelte der Löwen-Trainer, „wir waren in der ersten Halbzeit nicht gut, wie zuletzt häufiger bei Heimspielen.“ Und weiter: „Irgendwann geht so etwas mal ins Auge. Wir müssen das dringend abstellen.“

Richtig bedient war er, der Däne. Das Siegerlächeln fehlte diesmal komplett. Was jedoch wohl auch noch einen anderen Grund hatte. Es gab nämlich eine Hiobsbotschaft zu verdauen: Uwe Gensheimer, der Kapitän, der Kopf der Mannschaft wird wochenlang ausfallen und somit auch die EM in Polen verpassen.

„Ich bin sehr enttäuscht und natürlich auch traurig“, erklärte „Gensel“ nach der Partie: „Ich hoffe, dass ich zum Rückrundenauftakt im Februar wieder auf dem Feld stehen kann.“ Die Zwangspause war unausweichlich: Eine Achillessehnenreizung – die RNZ berichtete bereits – und ein Muskelfaserriss in der rechten Wade setzen ihn außer Gefecht.

Dass es nicht gut aussieht für Gensheimer, war bereits vor Spielbeginn zu erahnen. Denn erstmals seit Wochen tauchte er nicht mal auf dem Spielberichtsbogen auf. Daumen drücken war für den Mann mit der eingebauten Torgarantie trotzdem Ehrensache. Er saß hinter der Bank und feuerte seine Kumpels an. Ballte die Fäuste, schrie und schrie.

Und was er sah, konnte ihm nicht gefallen. Vor allem in der Defensive fehlte die Abstimmung. Satte 16 Tore kassierten die Gelben bis zur Pause. Balingen spielte sich immer wieder durch den Löwen-Riegel. Beim 14:14 hatte Nikolaj Jacobsen dann erstmal genug gesehen. Der Däne pfefferte die Grüne Karte auf den Zeitnehmertisch: Auszeit! Wachrütteln wollte er, denn irgendwie schien sein Personal gedanklich überall zu sein, nur nicht auf der Platte. Genützt hat die Ansprache nichts. Balingen legte nun sogar vor. Auf 16:15 (26.). Wenig später zündete dann Kim Ekdahl du Rietz. Zwei Würfe, zwei Tore: 17:16.

Halbzeit. Durchpusten. Sammeln für den nun folgenden Großangriff. Denn gerade in den zweiten dreißig Minuten ist auf die Löwen eigentlich immer Verlass. Doch diesmal zunächst nicht. Es blieb ein zähes Ringen, ohne Ideen, ohne Durchschlagskraft. Auf den Rängen begann das Zittern (20:20/40.).

Nun waren echte Kerle, besondere Spielertypen gefragt. Und die haben die Löwen eben. Andy Schmid und Hexer Mikael Appelgren zum Beispiel. Der eine ballerte elf Tore heraus und der andere pflückte sich die Rückraum-Kracher der Balinger herunter.

Der Kiel-Trip kann also kommen. Mit einem Vier-Punkte-Polster geht es zu den Nordmännern. Jacobsen freut sich bereits. Entspannt ist er sowieso. Der Trainerfuchs sagt: „Eigentlich liegt der Druck bei Kiel, denn wenn sie uns noch einholen wollen, sollten sie gegen uns gewinnen.“ Und wie schwer wirkt der Ausfall von Gensheimer? „Sehr schwer“, grübelt Jacobsen, „ich bin jetzt seit anderthalb Jahren hier und jedes Mal, wenn Uwe gefehlt hat, hatten wir große Probleme.“ Die hat Kiel auch. Vor allem mit der eigenen Erwartungshaltung, der sie gehörig hinterherhecheln. Folgt für die erfolgsverwöhnten Nordlichter am Mittwoch nun der (wohl) endgültige Titel-Knock-out? Die Löwen haben es in der Hand…

Von Daniel Hund