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Rhein-Neckar Löwen mit Tränen der Freude (RNZ)

Die deutsche Meisterschaft mit einem 35:23-Sieg in Lübbecke perfekt gemacht – „Eine Riesenlast von den Schultern gefallen“

Die gelbe Party begann bereits während der Partie. Auf den Rängen klatschten sich die Fans ab und auf der Platte setzten Andy Schmid und Co. ihr schönstes Lächeln auf. Das Meisterlächeln. Die letzten zwanzig Minuten waren Schaulaufen. Wenig später kullerten dann endlich mal Tränen der Freude, nicht der Trauer. Gestern um 16.30 Uhr war der gelbe Titel-Coup perfekt. Lübbecke wurde mit einer krachenden 23:35 (10:17)-Niederlage in die Zweite Liga verabschiedet. Und die Rhein-Neckar Löwen? Die starteten die Titelsause noch auf dem Feld. Mit Sekt, mit Bier – und na klar, mit der Schale! Die gab’s schnell. Kapitän Uwe Gensheimer bekam das gute Stück von Uwe Schwenker, dem Präsidenten der HBL, überreicht. Begleitet vom stimmgewaltigen Löwen-Anhang, der die Merkur Arena in einen Hexenkessel verwandelte, stemmte „Gensel“ die Trophäe in die Höhe.

Es waren Bilder, die unter die Haut gingen. So emotional, so völlig losgelöst. Ein Meilenstein in der noch jungen Klubgeschichte war’s noch dazu. Der Titelfluch ist nun gebannt, der Startschuss für eine noch erfolgreichere Zukunft gelegt. Teammanager Oliver Roggisch nickte: „Als Profisportler spielt man für Titel und dieses Gen geben wir nun nicht mehr her.“

Nikolaj Jacobsen stand nur ein paar Meter weiter. Der Löwen-Trainer lehnte im Kabinengang mit dem Rücken an der Wand. In der linken Hand ein Siegerbierchen, in der rechten sein Handy. Viele Glückwünsche gingen ein. „Wisst ihr“, nippte der Däne kurz an der Flasche, „bei mir ist jetzt eine Riesenlast von den Schultern gefallen. Der Druck war einfach gigantisch.“ Und weiter: „Für viele Experten hätten wir doch schon vor fünf Spielen Meister werden müssen.“

Insgesamt wirkte der Vater des Erfolgs jedoch aufgeräumter als einige seiner Spieler. Gerade die, die schon das Drama in Gummersbach miterlebt hatten, als die Löwen an zwei mickrigen Törchen gescheitert waren, heulten ungeniert vor sich hin. Alexander Petersson zum Beispiel – ein Typ wie ein Bär. Der Isländer: „Das Leben ist eben doch gerecht, wenn du immer hart arbeitest, wirst du irgendwann dafür belohnt.“

Zum Spiel: Schnell zeigte sich, dass die Löwen auch diesmal nichts geschenkt bekommen würden. Der Auftakt war hektisch. Man merkte ihnen an, was auf dem Spiel stand. Nämlich alles, der Lohn für eine überragende Saison. So versemmelte Gensheimer gleich mal einen Siebenmeter, auch Kim Ekdahl du Rietz scheiterte von halblinks. Aber nach fünf Minuten war der Flattermann weg, da nahmen die Badener Fahrt auf. Hinten glänzten Keeper Mikael Appelgren und die Abwehr-Riesen, vorne wurden pfeilschnelle Konter präzise versenkt. In Zahlen: Nach sieben Minuten stand es 5:1.

Durchschnaufen war angesagt, Erleichterung machte sich breit. Kurz sah es so aus, als würde die Heim-Sieben komplett einbrechen, aber eben nur kurz. Denn der Absteiger schlug zurück, kämpfte sich rein, lag zur Pause allerdings eigentlich schon hoffnungslos mit 10:17 hinten.

War der Titel da denn schon unter Dach und Fach, Herr Gensheimer? „Nein“, schmunzelte der Weltstar vom linken Flügel, „erst wenig später, als wir sehr gut aus der Pause gekommen sind.“ Für das Löwen-Urgestein war es somit also ein Abschied nach Maß: In der letzten Woche Vater geworden, gestern deutscher Meister. Paris kann kommen. „Traumhaft, einfach traumhaft ist das“, wischte sich Gensheimer den Schweiß von der Stirn: „Ich glaube, ich habe meine Mission erfüllt.“ Mit der Schale unter dem Arm stürzte sich Gensheimer ins Getümmel. Rund eine Stunde lang war der Publikumsliebling verschollen. Mittendrin in der gelben Jubeltraube. Roggisch machte sich schon auf die Suche, Betreuer halfen. Einer lachte: „Den Uwe kriegen wir da niemals mehr raus.“

Geklappt hat es aber doch. Schließlich hatte der Meister noch einen anderen Termin. In Mannheim. Beim Public Viewing. Gemeinsam mit über 5000 Fans. Roggisch voller Vorfreude: „Der Wahnsinn, das ist der absolute Wahnsinn.“

Von Daniel Hund