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Rhein-Neckar Löwen scheitern an Berliner Mauer (RNZ)

Die Löwen verlieren bei den Füchsen mit 20:24

Die Köpfe hingen, die Schultern auch: Viel hatten sich die Rhein-Neckar Löwen am Sonntag bei den Berliner Füchsen vorgenommen, heraus kam wenig. Ein Tag zum Vergessen war’s, ein Trauerspiel in zwei Akten: Mit 20:24 (7:11) wurde der Tabellenführer der Handball-Bundesliga zurück auf den Boden der Tatsachen geholt. Der Titelkampf ist nun wieder völlig offen. „Es ist schwierig, die richtigen Worte zu finden“, erklärte Geschäftsführer Lars Lamadé im RNZ-Gespräch, „diese Niederlage ist für mich noch um ein Vielfaches bitterer als das Halbfinal-Aus beim Final Four in Hamburg.“

Los ging’s in Bestbesetzung. Hinten wieder mit Abwehr-Chef Gedeon Guardiola, vorne mit Andy Schmid, dem genialen Spielmacher der Löwen. Und der stiefelte leicht verändert auf die Platte. Mit neuem Kurzhaarschnitt, dazu dieser Tunnelblick. Schmid schien sich viel vorgenommen zu haben.

Doch auch Berlin spielte eben mit. Die Hauptstädter glänzten zwar nicht, kämpften aber vorbildlich. Vor allem am eigenen Kreis errichteten sie in der Anfangsphase ein echtes Bollwerk. Und durch die Berliner Mauer gab’s für die Löwen kein Durchkommen. Der 6:0-Riegel stand wie eine Eins. Daran änderte auch die frühe Rote Karte gegen Jakov Gujon nichts (12.). Und dann war da ja auch noch Silvio Heinevetter. Der Nationalkeeper breitete zwischen den Pfosten die Arme aus, hexte sich in einen Rausch. Nach 15 Minuten stand es 5:3 für Berlin.

Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen reagierte, nahm die Auszeit. Gebracht hat es nichts. Auch weiterhin war Heinevetter der Fels in der Brandung, die Endstation. In Zahlen: Nach 21 Minuten leuchtete ein 7:4 vom Videowürfel. Richtig gelesen! In 20 Minuten brachten es die Gelben gerade mal auf mickrige vier Tore.

Zittern war angesagt, denn meisterlich ist anders – ganz anders. Ideen mussten her, schnelle und effektive Lösungsansätze. In die Pause ging es nämlich frustrierend. 7:11 lagen sie da hinten, die Besten aus dem Südwesten. Schlimmes deutete sich an, der nächste Tiefschlag.

Eine Reaktion musste her. Die kam auch, aber nicht von allen, nur von wenigen. Von Torhüter Mikael Appelgren zum Beispiel. Der Schwede war nun hellwach, glänzte mit beeindruckenden Reflexen. Auch Jacobsen schaltete sich ein. Der Däne nahm die nächste Auszeit, blieb ruhig, ganz cool, sagte Sachen wie: „Jungs, ihr müsst euch mehr bewegen.“ Oder: „Macht jetzt einfach die Tore.“ Und nach 48 Minuten sah es dann kurzzeitig wirklich nochmal nach einem Happy End aus: Nach einem zwischenzeitlichen Sechs-Tore-Rückstand kämpften sich Uwe Gensheimer und Co. wieder auf zwei Treffer heran (17:15/48.). Doch es sollte nicht sein. Berlin schaukelte das Ding über die Zeit.

Ursachenforschung war angesagt. Was war da nur los im Fuchsbau? Auch Schmid wirkte ratlos: „Es war heute ein gebrauchter Tag für uns. Wir haben gleich zu Beginn einige Bälle verworfen, da war das Selbstvertrauen weg.“ Und was bedeutet die Pleite nun im Hinblick auf die Meisterschaft? Platzt der Titeltraum etwa wieder? „Nein, nein“, wischt Schmid sich den Schweiß von der Stirn, „ich bin davon überzeugt, dass wir am Ende Meister werden.“ Und weiter: „Wir müssen nun noch enger zusammenrücken und das werden wir tun.“

Die Ausgangsposition ist jedenfalls nach wie vor sehr gut. Die Löwen haben jetzt wie Kiel acht Verlustpunkte auf dem Konto, allerdings das wesentlich bessere Torverhältnis (+ 48). Kiel muss zudem noch gegen Flensburg ran, das ebenfalls noch Titelchancen hat. Fakt ist: Es deutet sich erneut ein Herzschlagfinale an. Eins, bei dem am Ende wieder die Tordifferenz entscheidet? Lamadé sagt es so: „Noch haben wir es selbst in der Hand.“

Von Daniel Hund