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„Gebrauchter Tag“ mit Nebenwirkungen (BNN)

Löwen büßen nach Pleite in Berlin Vorsprung ein

Es klang nach Entschlossenheit und Jetzt-erst-recht, ein bisschen aber auch nach Pfeifen im Wald. Was hätte Andy Schmid am Mikrofon von Sport1 aber auch anderes sagen sollen unmittelbar nach dem niederschmetternden 20:24 (7:11) der Rhein-Neckar Löwen bei den Füchsen Berlin als: „Wir müssen nach dieser Niederlage noch enger zusammenstehen, und das werden wir tun. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir Meister werden.“

Dann sollten sich die Löwen tunlichst keinen weiteren Punktverlust in ihren verbleibenden vier Spielen leisten. Der Vorsprung nach Minuszählern gegenüber dem THW Kiel ist jedenfalls dahin, die Badener führen mit nun 48:8 Punkten und der um 48 Treffer besseren Tordifferenz die Tabelle an vor dem Titelverteidiger (46:8), der gestern gegen Wetzlar mit 30:21 gewann und ein Spiel weniger bestritten hat. Die SG Flensburg-Handewitt liegt auf Rang drei (45:9).
Als Schlüsselszene in der intensiven und auch hektischen Partie beim Tabellenfünften hatte sich die Rote Karte herausgestellt, die Jakov Gojun schon nach zwölf Minuten beim Stand von 2:3 aus Sicht der Löwen erhalten hatte. Der Platzverweis nach einem Foul an Mads Mensah Larsen schwächte die Berliner nämlich nur personell, die harte Sanktion erwies sich andererseits als Katalysator für den Kampfgeist der frenetisch angefeuerten Füchse, die phasenweise wie tollwütig agierten. Vor allem Silvio Heinevetter lief förmlich heiß, der Nationaltorhüter pflückte ein ums andere Mal die Bälle, die den Weg durch die kompakte 6:0-Abwehr vor ihm gefunden hatten. Nur unglaubliche siebenmal musste Heinevetter hinter sich greifen in der ersten Hälfte, in der die Gäste eine unterirdische Angriffsleistung boten und Torhüter Mikael Appelgren den Vergleich mit dem Berliner Kollegen um Längen verlor.
Dass die Löwen nach dem Wechsel doch noch am Punktgewinn schnupperten, hatte auch mit dem Keeper aus Schweden zu tun, der nach einem von den Badenern völlig verkorksten Wiederbeginn mit zwei Gegentoren in eigener Überzahl zum 7:12 zu Normalform fand. In der 48. Minute waren die Löwen beim 15:17 bis auf zwei Tore an den Füchsen dran und Trainer Nikolaj Jacobsen versuchte, den Rückstand mit sieben Feldspielern im Angriff und einer 3:3-Deckung aufzuholen. Doch drei Berliner Tore hintereinander zum 20:15 in Minute 55 brachten die Entscheidung an einem Tag, den der indisponierte Schmid als „gebrauchten“ bezeichnete.
Von Reinhard Sogl