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Seine Freundin ist sein Boss – Bruhn will es wissen

Mannheim. Zum Einstand versetzt Thomas Bruhn erst einmal Trainer Ola Lindgren in Aufregung. Dabei meint es der Neuzugang des Handball-Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen nur gut. Zum besseren Verständnis schreibt er seinen Geburtsort Thisted in Druckbuchstaben auf die Magnettafel. Direkt unter die taktischen Malereien des Trainers. Allerdings benutzt Bruhn keinen abwaschbaren Stift. Lindgren ermahnt den Neuling – und der Däne greift sofort nach einem Lappen. Der 28-Jährige reibt kräftig, die sieben Buchstaben verschwinden. Er will es sich schließlich nicht schon an seinem zweiten Tag bei den Gelbhemden mit seinem Coach verscherzen.

Die Stimmung ist prächtig im Kronauer Trainingszentrum. Von Anspannung vor dem wichtigen Champions-League-Heimspiel am Donnerstag (19 Uhr) in der Karlsruher Europahalle gegen den französischen Vizemeister Chambéry Savoie keine Spur. „Alle Spieler sind gesund von ihren Nationalmannschaften zurückgekommen“, freut sich Lindgren, der die Qual der Wahl hat. Nach überstandener Knieverletzung kehrt Andrej Klimovets in den Kader zurück, 15 Spieler stehen dem Trainer zur Verfügung. Nur Neuzugang Bruhn muss definitiv zuschauen. In der Königsklasse darf der Däne erst im neuen Jahr für die Löwen auflaufen. Den Coach stört das nicht. Er will den Rechtsaußen behutsam aufbauen.

Zurück im Rampenlicht

Bruhn hingegen sprüht nur so vor Tatendrang. Für ihn ist völlig unerwartet ein Traum in Erfüllung gegangen: Noch in der vergangenen Woche trug er das Trikot des dänischen Zweitligisten und Löwen-Kooperationspartners AG Handball, jetzt steht der Linkshänder im Aufgebot eines europäischen Spitzenvereins. Seine Begeisterung für die Gelbhemden ist ihm anzumerken. „Ich bin sehr stolz, dass ich diese Möglichkeit bekommen habe“, sagt der 28-Jährige, der auch ein wenig Genugtuung verspürt. Viele in Dänemark, berichtet er, hätten sich über ihn lustig gemacht, als er 2008 zum damaligen Drittligisten AG Handball gewechselt war. Bruhn, der in der ersten dänischen Liga schon für den FC Kopenhagen gespielt hatte, dachte allerdings auch an die Zeit nach seiner Karriere und machte erst einmal seinen Bachelor-Abschluss in Sportwissenschaften. Es sah wie ein Abschied von der großen Bühne aus. Doch jetzt ist er zurück im Rampenlicht. „Und nun lacht bestimmt keiner mehr“, glaubt der Blondschopf, der sich noch genau an den Augenblick erinnert, als ihm vom Interesse der Badener berichtet wurde.

Der Löwen-Aufsichtsratsvorsitzende Jesper Nielsen, der auch den dänischen Zweitligisten unterstützt, fädelte den Wechsel ein. „Wir hatten gerade das Pokalspiel gegen Kopenhagen hinter uns, da fragte mich Nielsen, ob ich in Deutschland spielen möchte“, erzählt der Rechtsaußen: „Ich konnte es nicht glauben, doch am nächsten Tag hat mich Nielsen noch einmal gefragt. Meine Entscheidung stand sofort fest. Aber ich musste noch meinen richtigen Boss fragen.“ Der richtige Boss – das ist Bruhns Freundin Mette. Die junge Frau stimmte zu, das zweijährige Töchterchen Frida hatte auch keine Einwände. Und nun möchte die kleine Familie gerne länger bleiben. Der Vertrag des Dänen endet im Sommer 2010 bei den Badenern: „Wenn die Löwen mit mir zufrieden sein sollten, würde ich gerne bleiben.“

Von Marc Stevermüer

 04.11.2009