Veröffentlichung:

Siegesserie statt Auflösungsprozess (MM)

Mannheim. Der Liga-Endspurt steht an, nach dem 28:25-Sieg über die HSG Wetzlar müssen die Rhein-Neckar Löwen aber erst einmal eine zweiwöchige Pause einlegen. Die meisten Profis sind mit ihren Nationalmannschaften am Ball, weiter geht es am 10. April mit dem Topspiel beim HSV Hamburg. Vor den letzten neun Spieltagen beantworten wir die wichtigsten Fragen zu den Löwen, die mit 37:13 Punkten den fünften Tabellenplatz belegen.

Was ist für die Badener in dieser Bundesliga-Saison noch möglich?

Die Champions League ist zum Greifen nah. Zwei Punkte beträgt der Rückstand auf den dritten Platz, den momentan Flensburg belegt. Rang drei wäre gleichbedeutend mit der direkten Qualifikation für die Königsklasse. Der vierte Platz würde zur Teilnahme an einem Wildcard-Turnier berechtigen.

Wie sieht das Restprogramm der Badener und der Rivalen aus?

Die Löwen müssen nur noch drei Mal in der Fremde antreten, die Aufgaben in Hildesheim und Hüttenberg sind lösbar. Beim Tabellenvierten Hamburg steht den Badenern dagegen eine echte Herausforderung bevor, doch selbst bei einer Niederlage in der Hansestadt wäre nichts verloren. „Das ist kein Schlüsselspiel, auch in Hamburg gibt es nur zwei Punkte“, behält Trainer Gudmundur Gudmundsson die Ruhe. Denn er weiß auch: „Wir spielen noch sechs Mal in eigener Halle.“ Der HSV muss unbequeme Auswärtsaufgaben in Magdeburg und Göppingen erledigen sowie gegen die Seriensieger aus Kiel antreten. Flensburg tritt bei den Löwen und den wiedererstarkten Gummersbachern an, in der heimischen Campushalle geht es noch gegen den Tabellenzweiten Berlin.

Wie hat das Team die Nachricht vom Sparkurs weggesteckt?

Sehr gut, nach der EM-Pause gelangen neun Siege in zehn Spielen. „Die Mannschaft harmoniert trotz der vielen Abgänge am Saisonende“, freut sich Manager Thorsten Storm ebenso wie Gudmundsson: „Wir haben über die Situation gesprochen und uns geschworen, als Einheit aufzutreten. Viele haben erwartet, dass wir auseinanderfallen. Aber so ist es nicht, wir ziehen an einem Strang. Das macht mich stolz.“ Einzig die Formkrise von Krzysztof Lijewski, der den Klub wie auch Karol Bielecki und Ivan Cupic in Richtung Kielce verlässt, bereitet Sorgen.

Warum spielen die Löwen plötzlich so erfolgreich?

Die Gelbhemden sind in der Offensive nicht mehr nur von den Außenspielern und Kreisläufer Bjarte Myrhol abhängig, sondern alle strahlen Torgefahr aus. Einzelne Spieler blühen auf, weil sie das Vertrauen des Trainers spüren und auch nach Fehlern auf dem Feld bleiben dürfen. Andy Schmid schlüpft mehr und mehr in die Rolle des Anführers. Michael Müller, der im Sommer nach Wetzlar geht, kompensiert Lijewskis Formtief. Auch das Zusammenspiel zwischen Torwart Goran Stojanovic und der Abwehr funktioniert immer besser. „Selbst wenn wir mal nicht ganz so gut spielen, können wir uns auf unsere Deckung und unseren Schlussmann verlassen“, erklärt Gudmundsson.

Haben die Löwen mittlerweile ihr Nervenkostüm im Griff?

Ja. In der Hinrunde schenkten die Badener in der Liga in Lübbecke und im Pokal gegen Hamburg mit einer Mischung aus Nervosität und Schludrigkeit in der Schlussphase sicher geglaubte Siege her. Auch in Lemgo wäre ihnen das fast passiert. Zuletzt wackelten die Gelbhemden zwar in Göppingen, aber sie fielen nicht. Im EHF-Cup gegen Eskilstuna und Velenje sicherten sich die Badener in den Hinspielen mit einem starken Endspurt den Sieg, in den Rückspielen wendeten sie ebenfalls mit einer starken Schlussphase das drohende Aus ab. „Seit Monaten predige ich, dass wir bis zur 60. Minute konzentriert sein müssen. Mittlerweile stellen sich die Spieler in schwierigen Phasen der Verantwortung und stehen zusammen. Sie treffen die richtigen Entscheidungen, da haben wir einen riesigen Schritt nach vorne gemacht“, lobt Gudmundsson.

Was bereitet dem Trainer trotz der Siegesserie Sorgen?

Es gibt immer noch Phasen, in denen die Löwen einen Vorsprung wieder hergeben und ihn sich neu erarbeiten müssen. Gudmundsson: „Gegen Wetzlar und Velenje haben wir früh mit fünf Toren geführt. Das dürfen wir nicht mehr aus der Hand geben. Wir müssen mit einer Führung im Rücken längere Angriffe spielen und weniger Risiko gehen.“

Wie sehen die Personalplanungen für die nächste Saison aus?

Vom Ligarivalen TV Hüttenberg kommt Matthias Gerlich. Der 24-jährige Halblinke gehört zum Kader der deutschen B-Nationalmannschaft. Von der HG Oftersheim/Schwetzingen wechselt Rechtsaußen Marius Steinhauser zu den Badenern. Das Toptalent führt zurzeit die Torjägerliste der A-Jugend-Bundesliga an. Børge Lund soll gehen, „für ihn gibt es einige Interessenten“, berichtet Storm, der noch zwei Neuzugänge präsentieren will: einen Halbrechten und einen Kreisläufer.

Von Marc Stevermüer