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Stojanovic in Bestform / Die Fans feiern Myrhol (BNN)

Mannheim. Mit einem nüchternen Satz fasste Thorsten Storm, der zufriedene Manager der Rhein-Neckar Löwen, die Gefühlslage beim badischen Bundesligisten zusammen. „Ich habe ein tolles Handballspiel von zwei starken Mannschaften mit einem verdienten Sieger gesehen“, meinte Storm nach dem Baden-Württemberg-Derby gegen Frisch Auf Göppingen, das die gastgebenden Badener in der Mannheimer SAP-Arena verdientermaßen mit 30:25 (17:14) für sich entschieden und dafür mit dem vorübergehenden Sprung auf den vierten Tabellenplatz belohnt wurden.

Allerdings war der sportliche Triumph der Löwen vor 6 333 Zuschauern im Prestigeduell gegen die Schwaben kurzzeitig in den Hintergrund gerückt, als Publikumsliebling Bjarte Myrhol nach zweieinhalb Monaten Zwangspause wegen einer Hodenkrebs-Erkrankung kurz vor dem Spielende sein Comeback feierte. „Das war ein tolles Gefühl – das kann man gar nicht beschreiben“, sagte Trainer Gudmundur Gudmundsson. In den hart umkämpften 60 Minuten zuvor hatte der Isländer „überragend“ spielende Löwen gesehen. „Das war ein hartes Stück Arbeit gegen einen starken Gegner“, meinte der Übungsleiter, der besonders die vorzügliche Defensivleistung und das konsequente Angriffsspiel lobte. Kapitän Uwe Gensheimer sprach von einer „geschlossenen Mannschaftsleistung“ und betonte: „Jeder hat seinen Teil zum Erfolg beigetragen.“

Der Erfolgsgarant der Löwen war Torhüter Goran Stojanovic. Der Montenegriner entschärfte 22 Würfe und entschied das Duell zwischen den Pfosten gegen den gebürtigen Karlsruher Bastian Rutschmann (zwölf Paraden), zusammen mit Spielmacher Michael Haaß bester Göppinger, klar zu seinen Gunsten. „Wenn die Abwehr gut steht, hat man es als Torhüter immer einfacher. Das war diesmal der Fall. Zudem ist es auch mein Job, ein paar Bälle zu halten“, meinte Stojanovic bescheiden und wollte seine Vorstellung selbst nicht zu sehr in den Vordergrund stellen.

„Wir haben uns zu viele Fehlwürfe geleistet, die eiskalt bestraft wurden. Wenn man in Mannheim gewinnen will, muss man eine Topleistung bringen. Das ist uns nicht gelungen“, erklärte dagegen Haaß, der an alter Wirkungsstätte groß aufspielte, die Schlusssirene aber nach der dritten Zeitstrafe ebenso nur als Zuschauer erlebte wie Löwen-Abwehrchef Oliver Roggisch. Göppingens Trainer Velimir Petkovic gratulierte den Gastgebern zu einem verdienten Sieg, übte aber zumindest sachte Kritik an den nicht immer souveränen Unparteiischen Christoph Immel und Ronald Klein.

Die Löwen hatten in der ersten Halbzeit mit einem furiosen Zwischenspurt von 8:8 (17.) auf 15:9 (25.) zunächst für klare Verhältnisse gesorgt. Die Gäste ließen sich aber nicht abschütteln und blieben lange Zeit auf Schlagdistanz, bis der starke Patrick Groetzki mit seinem achten Feldtor zum 29:24 endgültig die Partie zu Gunsten der Badener entschied.


Die Fans feiern Myrhol

Der emotionalste Augenblick des Baden-Württemberg-Derbys zwischen den Rhein-Neckar Löwen und Frisch Auf Göppingen ereignete sich am Samstagnachmittag ohne Frage um 16.32 Uhr. Bjarte Myrhol wurde von Trainer Gudmundur Gudmundsson für die letzten zwei Spielminuten aufs Feld geschickt – die Zuschauer in der Mannheimer SAP-Arena erhoben sich von ihren Sitzen und feierten den Rückkehrer.

Von einem besonderen Moment berichtete der Norweger später und gab mit einem verschmitzten Lächeln zu Protokoll: „Ich dachte, ich sollte jetzt zurückkehren. Ich danke allen für die tolle Unterstützung, das hat gut getan.“ Bei Myrhol war im August Hodenkrebs diagnostiziert worden. Es folgten quälend lange Wochen in der Reha mit einer kräftezehrenden Chemotherapie – nun feierte der „Kämpfertyp“, wie Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer den 29-Jährigen bezeichnete, gegen die Schwaben sein Comeback beim badischen Handball-Erstligisten.

„Ich bin verständlicherweise noch nicht in Matchform. Ich habe derzeit noch eine ganz schlechte Ausdauer“, erklärte Myrhol schmunzelnd, dessen ohnehin kurze Haarpracht der Chemo-Behandlung zum Opfer gefallen ist. „Aber ich bin mit meiner Entwicklung zufrieden. Ich schaue nach vorne“, ergänzte der Norweger, ehe er sich wieder in Richtung Fans aufmachte und sich einem wahren Autogramm-Marathon stellte.

Von Christof Bindschädel