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Tim Ganz zum Abschied: „Das war eine verrückte Saison“

Rechtsaußen wechselt nach insgesamt drei Löwen-Jahren zur SG Pforzheim/Eutingen

Tim Ganz schreibt fleißig Autogramme.

„Das Gemeinschaftserlebnis ist das, was man am meisten vermisst“, sagt Tim Ganz. Seit Anfang März hat er keinen Handball mehr vor Publikum gespielt. Verabschiedet hat er sich im Kreis von Mannschaft und Geschäftsstelle. Die große Party in der SAP Arena – wie vieles andere ausgefallen wegen Corona. „Die Situation ist schon sehr, sehr traurig. Allerdings war es auch schon länger abzusehen. Von daher konnte man sich wenigstens damit anfreunden.“

Im Sommer wechselt der 22-Jährige zur SG Pforzheim/Eutingen und damit ausgerechnet zu jenem Klub, von dem sein Positionskollege bei den Löwen einst nach Mannheim und Kronau kam. 13 Jahre lang war der gebürtige Pforzheimer Patrick Groetzki für die SG aktiv. Was ihn nun dort erwartet, erfüllt Tim Ganz mit großer Vorfreude: „Das ist ein schönes Projekt mit einer jungen, hungrigen Mannschaft.“

Verbunden ist der Wechsel mit einem Rollentausch: Bei der SG, die gerade von der Oberliga in die Regionalliga aufgestiegen ist, soll der Rechtsaußen vom Back-up zur Stammkraft werden. Etwas, auf das er sich besonders freut: „Ich will wieder mehr spielen, konstant meine Leistung abrufen und eine wichtige Rolle innerhalb der Mannschaft einnehmen.“ Die sportliche Herausforderung in der Dritten Liga zu unterschätzen, weil man gerade aus einem Jahr Bundesliga kommt, ist für den bodenständigen und reflektierten jungen Mann kein Thema: „Das ist eine starke Spielklasse, in der es gilt, Verantwortung zu übernehmen. Ich kenne aus eigener Erfahrung die Art, wie dort gespielt wird, kenne noch viele Mit- und Gegenspieler und die meisten Hallen auch. Da gibt es extrem hitzige Hallen, in denen die Zuschauer sehr nah am Spielfeld sind. Das hat definitiv seinen Charme.“

„Wenn man mit zwei Weltklasse-Torhütern trainiert, wirft man anders“

Tim Ganz glänzt mit großem Sprungvermögen.

Zwei Jahre lang war Tim Ganz in der Drittliga-Mannschaft der Löwen aktiv, ehe er zu den Profis wechselte. Seine Lernwilligkeit und Lernfähigkeit sowie seine Eigenschaften als Teamplayer und loyales Mannschaftsmitglied haben ihm von Beginn an geholfen, sich bei „den Großen“ Akzeptanz und Respekt zu verschaffen. „Ich habe in dieser Saison in allen Wettbewerben gespielt und viel lernen können. Mit meiner persönlichen Entwicklung bin ich von daher sehr zufrieden“, sagt der gebürtige Kehler, der aber auch zugibt, sich in Sachen Spielzeit mehr erhofft zu haben. „Andererseits habe ich auch mit dem Worst-Case-Szenario gerechnet als zweiter Mann auf Rechtsaußen.“

Die Zeit hat Tim Ganz dennoch genutzt. Beispielsweise dafür, seine Wurffähigkeiten grundlegend auszubauen. „Wenn man fast eine komplette Saison lang mit zwei Weltklasse-Torhütern trainiert, wirft man anders. Dann verändern sich die Bewegungen aus dem Sprung heraus, die Armhaltung, die Beobachtung des Torwarts.“ Unvergessliche Erlebnisse bescherten ihm auch die Reisen zu den Auswärtsspielen: Die größten, schönsten, lautesten Hallen Deutschlands kennenzulernen, nach Dänemark und Spanien zu reisen, darüber habe er sich riesig gefreut. „Vor allem aber in der SAP Arena selbst zu spielen, in einer der schönsten Arenen überhaupt“, das sei der Hammer gewesen.

Zum Hammer im negativen Sinn wurde die aktuelle Saison, inklusive historischen Abbruchs. „Insgesamt war das eine sehr verrückte Saison, auch mit dem Trainerwechsel“, sagt Tim Ganz. Das sportliche Auf und Ab mit den Löwen, die Kritik von innen und außen, der Tausch auf der Trainerposition, die ersten Anzeichen der Corona-Krise bis hin zur Einstellung des Spielbetriebs: Das alles wird der Linkshänder, der neben der Handball-Leidenschaft sein Maschinenbau-Studium mit großer Hingabe pflegt, so schnell nicht vergessen.

Auch persönlich von Corona betroffen

Tim Ganz als Gast im Löwen-Podcast.

Zumal ihn das Virus ganz persönlich traf: „Als ich den positiven Befund bekommen habe, war das schon ein bisschen verrückt. Damals war Corona ein neues Thema, ständig hat sich die Informationslage geändert.“ Richtig krank gefühlt habe er sich nicht, lediglich eine verstopfte Nase und der damit einhergehende, kurzfristige Verlust von Geschmacks- und Geruchssinn habe er davongetragen.

Vom Wechsel zur SG verspricht sich Tim Ganz durch die dann wachsende Nähe zu seinem Studienort mehr Präsenz an der Hochschule. Ein Fernstudium, das macht er klar, sei nicht das, was er sich unter Studieren vorstelle. Und so sei auch ein Wechsel zu einem anderen Erst-, Zweit- oder Drittligisten nicht infrage gekommen. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Es ist durchaus denkbar, Tim Ganz noch einmal in der Bundesliga zu erleben. Vielleicht sogar, eines Tages, wieder bei den Löwen. Gefallen haben ihm die insgesamt drei Jahre, zwei davon bei der Zweiten Mannschaft, auf jeden Fall: „Die Fan-Nähe bei den Löwen war etwas, das mir immer Spaß gemacht hat.“ Eine Wertschätzung, die definitiv auf Gegenseitigkeit beruht.

Tims Abschiedsgrüße