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Trotz statt Tränen (MM)
Die Diagnose war niederschmetternd: Kreuzbandriss. „Es flossen ein paar Tränen“, gesteht Marius Steinhauser von den Rhein-Neckar Löwen. Nun will der 20-Jährige „stärker denn je“ zurück auf die Platte kommen. Heute drückt er aber erst einmal seinen Kollegen beim EHF-Cup-Spiel in Magdeburg die Daumen.
Enttäuschte Gesichter, finstere Mienen: Vor zwölf Tagen saß Marius Steinhauser vom Handball-Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen mit ein paar Kumpels vor dem Fernseher. Sie drückten den Fußballern von Borussia Dortmund in der Champions League gegen den FC Málaga die Daumen – und als das 2:1 für die Spanier fiel, war der Frust bei vielen groß. Nur bei einem nicht: Marius Steinhauser. „Die packen das“, war sich der Löwen-Rechtsaußen sicher. Am Ende sollte der BVB-Anhänger dank einer denkwürdigen Nachspielzeit mit zwei Treffern der Borussia recht behalten. Steinhauser freute sich – auch für seinen Kumpel Jonas Hofmann. Der trägt seit 2011 das gelb-schwarze Trikot, feierte vor zwei Wochen sein Bundesliga-Startelf-Debüt beim BVB und wuchs wie „Steini“ in Rot auf: „Wir spielten zusammen Fuß- und Handball, gingen gemeinsam zur Schule. Er ist mein bester Freund.“
Dass ausgerechnet der Löwe noch an das Wunder von Dortmund glaubte, ist typisch für ihn. Niemals aufgeben, immer positiv sein – das zeichnet den 20-Jährigen aus. Und gerade deshalb kommt er auch gut mit seiner momentanen Zuschauerrolle klar. Vor fünf Wochen riss bei ihm im EHF-Cup-Spiel gegen Tatran Presov das Kreuzband, nun arbeitet Steinhauser an seinem Comeback: „Mir geht es prächtig. Ehrlich. Ich weiß, dass mich dieser Rückschlag nur stärker machen wird und sehe nur das Positive: Nun habe ich die Zeit, mich auch körperlich weiterzuentwickeln. Ich will stärker denn je zurückkommen.“
Der Linkshänder erinnert sich genau an jenen verhängnisvollen 16. März: „Ich hatte mich schon vor der Untersuchung auf das Schlimmste eingestellt. Als die Diagnose dann feststand, war das aber trotz meiner bösen Vorahnung immer noch schockierend. Es flossen auch ein paar Tränen.“ Doch seitdem geht es bergauf. Das Knie des Flügelflitzers schwoll nach der Operation kaum an, seit Montag darf er es voll belasten. Und was genauso wichtig ist: „Steini“ fährt wieder selbst Auto. „Ich war auf meine Familie angewiesen, musste immer fragen, ob mich jemand irgendwo hinchauffieren kann. Das war für alle recht stressig“, blickt der 1,87-Meter-Mann zurück – auch wenn das eher nicht sein Ding ist.
Er weiß, dass er nur die Zukunft beeinflussen kann. Und in der soll es schnellstmöglich ein Comeback geben, einen festen Zeitpunkt als Ziel hat der Youngster aber nicht auserkoren. „Ich halte mich an die Physiotherapeuten“, sagt der Rechtsaußen und gibt einen kleinen Einblick in seinen Tagesablauf: „Fahrradfahren, Beinpresse.“ Sein Reha-Programm spult die Frohnatur mit Freude ab, außerdem sei er häufig bei der Mannschaft, weshalb er sich nicht als Einzelkämpfer fühle. „Mir wird nicht langweilig“, sagt „Steini“ und lacht. Zwischen seinen Einheiten vertreib sich die Nummer 19 der Löwen die Zeit mit seiner Spielkonsole oder trifft sich mit Freunden.
Heute (17 Uhr) fiebert er aus der Ferne aber erst einmal wieder mit seiner Mannschaft mit. Im Viertelfinal-Hinspiel des EHF-Cups treten die Löwen beim SC Magdeburg an. „Ein unangenehmer Gegner, aber ich glaube an uns“, setzt Steinhauser auf ein „Happy End“ für die Gelbhemden und hofft auf weniger Dramatik als zuletzt beim BVB: „Es ist der Horror, wenn man selbst nicht eingreifen kann und noch nicht einmal in der Halle ist.“
Von Marc Stevermüer