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Unwiderstehliches Gesamtpaket
Löwen-Neuzugang Tim Nothdurft bringt alles mit, was ein Linksaußen braucht – und noch ein bisschen mehr

2016 ist und bleibt ein Handball-Jahr. Bei der EM in Polen gewinnt Deutschland mit einer „Not-Mannschaft“ sensationell den Titel. Ein paar Monate später gibt es Olympia-Bronze obendrauf. Allerorten grassiert das Handball-Fieber – eine neue Generation von Fans und hochmotivierten Nachwuchsspielern ist geboren. Einer davon heißt Tim Nothdurft, spielt zu diesem Zeitpunkt bei HBW Balingen-Weilstetten und schickt sich an, den Sprung von den Junioren zu den Profis zu schaffen.
Zarte 19 Jahre ist Tim Nothdurft damals, belegt mit der U20-Nationalmannschaft Rang zwei bei seiner „eigenen“ Euro. Die Erfolge seiner Vorbilder bestaunt der junge Mann am TV-Bildschirm. Auf links außen, seiner Position, wirbelt zu dieser Zeit u.a. ein gewisser Uwe Gensheimer, der seit dem 1. Juli 2024 sein Sportlicher Leiter in spe ist. Mit dem Wechsel zu den Rhein-Neckar Löwen vollzieht der Hochveranlagte einen nicht nur für ihn logischen Schritt in seiner sportlichen Entwicklung. Denn seit 2016 ist ziemlich viel passiert.
Beim HBW reift der gebürtige Reutlinger kontinuierlich zum Stamm- und Bundesliga-Spieler. Der endgültige Durchbruch, der sich auch in Zahlen ablesen lässt, gelingt in der Saison 2020/21. Nothdurft, mittlerweile 23 Jahre alt, erzielt 119 Tore in 37 Liga-Spielen. Dabei steht er längst im Fokus anderer Klubs. Zur Saison 2022/23 wechselt er zum Bergischen HC. Es ist, nach seinem Wechsel in der Jugend von seinem Heimatklub Pfullingen nach Balingen, überhaupt erst das zweite Mal, dass sich der heimatverbundene Linksaußen einem neuen Verein anschließt.
Unwiderstehliches Gesamtpaket: Schnell, robust, variantenreich und effizient

Was ihn für den BHC so attraktiv macht? Der 1,94 Meter große Nothdurft liefert ein Gesamtpaket, das es so nicht oft gibt: Er ist pfeilschnell und dabei körperlich robust. Durch seine Größe hat er nicht nur offensiv, sondern auch defensiv andere Optionen als kleinere Außen. Er deckt auf der Halbposition und ist zugleich ein idealer Konterspieler. Sein Variantenreichtum beim Abschluss, seine Kaltschnäuzigkeit und Effizienz: Das alles macht ihn zu einem ziemlich kompletten Handballspieler. Und wer möchte so einen nicht in seiner Mannschaft haben?
Beim Bergischen HC jedenfalls wissen sie seine Qualitäten zu schätzen. Gemeinsam mit Noah Beyer bildet er eines der besten Linksaußen-Gespanne der Liga. Die logische Konsequenz: Am 3. November 2023 feiert Tim Nothdurft sein Debüt in der A-Nationalmannschaft, wird für die Heim-EM 2024 nachnominiert und steht im 35er-Kader für Olympia in Paris. Dass aktuell mit Lukas Mertens und Rune Dahmke zwei absolute Weltklasse-Spieler noch vor ihm stehen, kann der mittlerweile 27-Jährige verkraften. Die Zeit läuft für ihn. Helfen soll dabei auch sein neuer Arbeitgeber.
„Ich möchte bei den Löwen persönlich den nächsten Schritt in meiner Karriere gehen und mich in einem neuen Umfeld beweisen. Zusammen können wir eine sehr erfolgreiche Saison spielen. Dabei freue ich mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Sebastian Hinze. Er ist ein Trainer, der Spieler besser macht, und er hat eine klare Idee vom Tempospiel, von der man als Außenspieler sehr profitieren kann“, erklärt Tim Nothdurft den Plan hinter dem Wechsel, und macht keinen Hehl daraus, dass auch die Nähe zur Heimat eine Rolle spielte.
Unwiderstehliches Gesamtpaket zurück in Heimatnähe

„Natürlich war das auch ein Stückweit ein Grund für meinen Wechsel. Meine Freundin befindet sich gerade im Referendariat und wohnt in der Nähe von Stuttgart. Auch der Weg in die Heimat ist nun nicht mehr allzu weit“, sagt der Schwabe, der sich seine Position von nun an mit einem Bayern teilen wird. David Móré, der wie Nothdurft 2016 aktuell an der U20-EM teilnimmt, heißt der Gespannpartner auf dem linken Löwen-Flügel. „David ist ein sehr talentierter Spieler, der eine sehr gute Saison gespielt hat. Wie die Rollenverteilung aussieht, wird sich zeigen. Ich denke, wir ergänzen uns beide sehr gut und können von dieser Konstellation nur profitieren“, sagt Tim Nothdurft in der Vorausschau.
Feststeht: Auf Linksaußen werden die Löwen, sofern gesundheitlich alles passt, keine Probleme haben. Ganz im Gegenteil. Es könnte, wie schon so oft in der Vergangenheit, eine Schokoladen-Seite werden. Dabei bekommen die Löwen mit Tim Nothdurft nicht nur das Komplett-Paket im sportlichen Sinne, sondern auch noch einen weiteren waschechten Akademiker. An der Uni Tübingen hat er Sportwissenschaften studiert, durch seine Eltern hat er eine umfassende Erziehung auch in Sachen Profisportlerleben genossen.
Vater Eckard war Handball-Profi und unter anderem Co-Trainer beim HBW Balingen-Weilstetten, Mutter Gudrun erfolgreiche Hürdenläuferin, unter anderem Olympia-Sechste in Seoul 1988. Es verwundert somit wenig, dass Tim in der Jugend auch mal bei der Leichtathletik reinschnuppert – was ihm in puncto Körperlichkeit heute noch auf dem Handballfeld hilft. Ein anderes Steckenpferd ist der Fußball. Als Fan des 1.FC Köln haben ihm die Kollegen vom BHC den Spitznamen Toni verpasst (wegen Anthony „Toni“ Modeste). Die eigenen Fußballkünste stuft „Toni“ derweil eher als bescheiden ein.
Bescheiden ist, im durchweg positiven Sinne, das, was er zum Leben braucht. Im Podcast des BHC zählt er auf: „I-Pad, TV oder Handy, Golfschläger und ein Buch“. Wenn es um das TV-Programm geht, ist der 27-Jährige ebenfalls sehr einfach unterwegs: „Ich bin der klassische Sportgucker“, sagt er im Podcast, und dürfte aktuell bei der Tour de France sowie sehr bald bei Olympia regelmäßig einschalten.