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Wiedergeburt einer Mannschaft

Nach sieben Spieltagen in der LIQUI MOLY HBL, rund einem Fünftel der Saison, fällt das erste Zwischenfazit der Rhein-Neckar Löwen ziemlich euphorisch aus

Wiedergeburt einer Mannschaft. Nach sieben Spieltagen fällt das erste Zwischenfazit der Rhein-Neckar Löwen ziemlich euphorisch aus.
Nach der Schlusssirene gegen Flensburg brechen alle Dämme.

Wiedergeburt einer Mannschaft: Lange waren die Rhein-Neckar Löwen auf der Suche. Stabilität, Konstanz, Widerstandskraft – das alles schien auf rätselhafte Art und Weise verloren. In Stressmomenten fiel man regelmäßig auseinander, machte haarsträubende Fehler in Serie, stand komplett neben sich. Jetzt, nach sieben Spieltagen der aktuellen HBL-Saison 2022/23, klingt das nach weit entfernter Vergangenheit. Denn die Löwen dieser Tage haben mit den beschriebenen Zuständen rein gar nichts mehr zu tun.

Die Löwen heute, das sind selbstbewusste Burschen, die Bock auf Handball ausstrahlen. Die sich gegenseitig helfen. Die fest mit beiden Beinen auf dem Handballboden stehen und nicht mehr sich selbst, sondern die gegnerischen Spieler ins Wanken bringen. „Das greift gerade alles sehr gut ineinander“, beschreibt Kapitän Patrick Groetzki den Status Quo. Aussagekräftiger als diese Worte ist nur das Lächeln, das sich auf sein Gesicht legt, während er sie ausspricht.

Wiedergeburt einer Mannschaft: „Ein bisschen von uns selbst überrascht“

Wiedergeburt einer Mannschaft. Nach sieben Spieltagen fällt das erste Zwischenfazit der Rhein-Neckar Löwen ziemlich euphorisch aus.
Co-Trainer Michael Jacobsen geht nach einer Auszeit zur Bank zurück.

Gelöst – so lässt sich die Löwen-Stimmung im Herbst 2022 am besten beschreiben. Dazu beigetragen haben sieben Siege in den ersten sieben Saisonspielen. Startrekord ausgebaut. Spaß am Handball wiederentdeckt. Das Lächeln wiedergefunden. Das sind die Löwen nach dem Umbruch. Das sind die Löwen mitten im Neustart. „Ein bisschen sind wir von uns selbst überrascht. Dass das alles so schnell so gut funktioniert, das war nicht zu erwarten“, fasst Co-Trainer Michael Jacobsen die Lage und deren Bewertung zusammen.

Was neben den taktischen und personellen Neuerungen am augenfälligsten ist: Da steht wieder eine Mannschaft auf dem Feld. Eine Einheit, in der man sich gegenseitig Halt gibt. In der sich jeder auf den anderen verlassen kann. In der ein Grundvertrauen herrscht. In die eigenen Fähigkeiten, aber auch in die der Mitspieler. Und vor allem: In die des Trainerteams. Im Verbund haben Sebastian Hinze, Michael Jacobsen, Dragan Jerkovic und Florian Schulz der Mannschaft das Rüstzeug gegeben, um ihre Qualitäten auf die Platte zu bringen. „Das hilft uns ungemein, und das macht uns im Moment auch so stark“, findet Patrick Groetzki mit Blick auf das neue Löwen-System, das wie eine Maßanfertigung in Rekordzeit wirkt.

Seit Mitte Juli sind Hinze & Co. bei den Löwen am Ruder. Anfang Oktober stehen 14 Siege als Arbeitsnachweis zu Buche. 7 Testspiele, 7 Ligaspiele – allesamt gewonnen. „Das spricht dafür, dass wir eine gute Vorbereitung hatten“, kommentiert Neuzugang Olle Forsell Schefvert die makellose Bilanz. Er selbst steht stellvertretend für den Löwen-Aufschwung, weil er als Beispiel für so ziemlich jede Facette dieses Aufschwungs herhalten kann. Der 29-Jährige ermöglicht durch seine zentrale Einsatzfähigkeit vorne wie hinten den schnellen Hinze-Handball mit Schwerpunkt Umschaltspiel. Ballgewinne mit Übersicht und Präzision in Tempo-Tore umwandeln, das ist die Spezialität des Schweden, der mit Blick auf die Mannschaft eine vielleicht noch wichtigere Eigenschaft mitbringt.

Wiedergeburt einer Mannschaft mit einem stillen Anführer

Wiedergeburt einer Mannschaft. Nach sieben Spieltagen fällt das erste Zwischenfazit der Rhein-Neckar Löwen ziemlich euphorisch aus.
Jannik Kohlbacher, Joel Birlehm und Olle Forsell Schefvert klatschen ab.

„Olle ist noch nicht lange bei uns, aber er ist schon ein ganz wichtiger Teil dieser Gruppe“, sagt Michael Jacobsen. Im Lexikon könnte neben dem Begriff Teamplayer ein Bild von Olle Forsell Schefvert stehen. Er macht nicht nur jeden Spieler um sich herum besser durch sein überragendes Auge, seine Intuition und seinen hohen Handball-IQ. Er ist zugleich auch ein entscheidender Baustein für das Mannschaftsgefüge. In jedem funktionierenden Kollektiv braucht es so jemanden wie einen stillen Anführer. Jemanden, der Strömungen erkennt, erfasst und im Sinne des Erfolges kanalisiert. Der das ohne große Worte macht und manchmal sogar so, dass es fast niemand bemerkt. Mads Mensah war so jemand bei den „alten Löwen“. Bei den „neuen Löwen“ heißt er Olle Forsell Schefvert.

Dabei ist der Mittelmann und Innenblocker nur eines von vielen Rädchen, die derzeit so gut ineinandergreifen wie schon lange nicht mehr. Dass aktuell kaum jemand mit Formtief abfällt, sich alle gegenseitig beflügeln, ist vielleicht der wichtigste Erfolgsfaktor der Löwen im Moment. Und die Grundlage für die Wiedergeburt einer Mannschaft, die auf der Suche nach Stabilität, Konstanz und Widerstandskraft endlich fündig geworden ist.