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„Wir fahren dorthin, um zu gewinnen“

Heidelberg. Er ist der Jüngste von allen, gerade mal 20 Jahre alt. Doch das merkt man ihm nicht an. Patrick Groetzki ist schon weit für sein Alter, clever, intelligent: Er ist einer der Rhein-Neckar Löwen, die auch abseits der Platte ihren Mann stehen. Der Junioren-Weltmeister macht den Mund auf, redet Klartext, spricht selbst dann, wenn es schwer fällt, wenn manche seiner Kollegen sich nach Negativerlebnissen fluchtartig in der Kabine verschanzen. Die Fans lieben ihn dafür. Groetzki ist ein echter Sympathieträger, kein Abzocker. Ein Typ zum Anfassen.

Der Junglöwe sagt, was er denkt. Und momentan denkt er vor allem an etwas, das für ihn aus sportlicher Sicht über allem steht: die Champions League. Am Samstag um 17 Uhr (live auf Eurosport) geht es ans Eingemachte: Die Löwen treffen im Achtelfinal-Hinspiel der Königsklasse auf BM Valladolid, wollen in Spanien die Krallen ausfahren. Groetzki, Rechtsaußen von Beruf, ist heiß. Er verrät: „Vor so einem Spiel ist die Vorfreude natürlich besonders groß. Wir fahren dort hin, um zu gewinnen.“ Insgeheim könnte der Jungstar aber auch mit einem Remis leben, sagt er.

Mit BM Valladolid verbindet der Pforzheimer Erinnerungen, schöne Erinnerungen: Vor zwei Jahren traf er mit den Löwen schon einmal auf die stolzen Spanier. Damals war die Bühne etwas kleiner, unbedeutender: Die Wege kreuzten sich anno 2008 im Halbfinale des Europacup der Pokalsieger. Daheim erkämpften sich die Löwen ein Unentschieden, auswärts einen 34:31-Sieg. Die Eindrücke sind noch frisch. Groetzki schwärmt, beginnt zu schmunzeln: „Die Stimmung in Valladolid war gigantisch. Die Fans entfachen dort einen richtigen Hexenkessel.“

Angst hat er vor der iberischen Hürde aber nicht. Groetzki glaubt an sich und sein Rudel, weiß, was möglich ist, wenn alle ordentlich zubeißen. Doch genau hier liegt das Problem: Bei den Löwen ist es bekanntlich oftmals ein schmaler Grat zwischen Genialität und Lichtsinn, zwischen Souveränität und Glück.

Die letzten beiden Partien dienen diesbezüglich als Paradebeispiel. Gegen Dormagen sorgte man für einen dienstäglichen Handball-Festschmaus, servierte den Anhängern im heimischen „Ufo“ einen 37:24_Leckerbissen. Aber es geht eben auch anders, ganz anders. Hannover lässt grüßen: Am vergangenen Sonntag bot die Lindgren-Sieben Magerkost, blamierte sich beim schmeichelhaften 27:26-Sieg bis auf die Knochen.

Wer und was morgen auf die Badener zu kommen wird, ist mittlerweile allen bekannt: Kent-Harry Andersson, der Sportliche Berater der Löwen, hat seine Beziehungen spielen lassen. Der Schwede organisierte mehrere Videomitschnitte des spanischen Tabellen-Dritten. Am Mittwoch-Vormittag führte Andersson erstmals Regie, spulte vor und zurück. Groetzki schaute genau hin, warnt: „Valladolid spielt einen extrem schnellen Handball, da müssen wir hellwach sein.“

Und kaltschnäuzig. Denn gerade im Tor von BM verbreitet ein Ausnahme_ Könner Angst und Schrecken. Altmeister Tomas Svensson hat hier das Kommando. Ein 42-jähriger Schwede, der durch beeindruckende Reflexe besticht. „Wenn du ihn warmschießt, hast du ein Problem“, pustet Groetzki tief durch. Mit Rückraumspieler Raúl Entrerrios und Linksaußen Havard Tvedten kann Trainer Juan Carlos Pastor – er trainiert auch die spanische Nationalmannschaft – zudem auf zweiweitere Ausnahme-Könner bauen.

Von Daniel Hund

 26.03.2010