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„Wir müssen höllisch aufpassen“

Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen vor dem Start der VELUX EHF Champions League

Mit dem Heimspiel gegen Montpellier AHB starten die Rhein-Neckar Löwen in die VELUX EHF Champions League. Trainer Nikolaj Jacobsen gibt im Interview einen Ausblick auf die kommende Runde in der Königsklasse und bewertet die Gruppengegner der Löwen.

Herr Jacobsen, die Champions-League-Saison 2014/2015 steht unmittelbar vor dem Anpfiff. Wie groß ist Ihre ganz persönliche Vorfreude auf diese Herausforderung?

Nicolaj Jacobsen: Ich freue mich unheimlich auf die neue Saison in der Königsklasse. Wenn du da dabei bist, hast du eine ganze Menge richtig gemacht – und das haben die Löwen in der vergangenen Saison. Darauf können wir stolz sein und nehmen diese Aufgaben jetzt gerne an.

Sie kennen die Königsklasse als Spieler und Trainer seit Jahren. Ist dieser Wettbewerb tatsächlich das Premiumprodukt des europäischen Handballs?

Jacobsen: Ja, was die Spielstärke und die Wertigkeit betrifft auf jeden Fall. Das ist der größte Titel, den du im Vereinshandball gewinnen kannst und die Königsklasse ist immer so etwas wie das Extra für die Spieler, für die Vereine und für die Fans. In Spielen der Champions League siehst du die absoluten Stars der Szene, die im Bundesliga-Alltag nicht immer auflaufen. Wenn zum Beispiel Veszprém mit Laszlo Nagy, Momir Ilic, Mirko Alilovic antritt oder Skopje mit Arpad Sterbik und Sergej Gorbok kommt, ist das schon etwas Besonderes.

Mit den Gruppenspielen in der Königsklasse beginnt aber auch eine zusätzliche Belastung. Ist ihr Team für diese Aufgabe und die folgenden Rhythmuswechsel gerüstet?

Jacobsen: Das werden wir dann sehen, wenn wir in diesen Rhythmus gehen, aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir bestens vorbereitet sind. Meine Mannschaft hat ja auch in der Bundesliga gezeigt, dass sie auf einem guten Niveau ist. Natürlich sind die langen Reisen eine Belastung und man muss sich auch vom Kopf her auf die wechselnden Wettbewerbe einstellen. Aber viele Handballer würden viel dafür geben, wenn sie in der Champions League spielen könnten. Man sollte die Teilnahme an diesem Wettbewerb nicht zu einem Problem machen, sondern vor allem die positiven Möglichkeiten sehen, die sich auf der europäischen Bühne bieten.

Das Losglück war einmal mehr nicht unbedingt auf der Seite der Rhein-Neckar Löwen. Sie haben starke Teams in Gruppe C und stehen zudem vor langen Reisen. Diese Kombination hätte besser ausfallen können, oder?

Jacobsen: Das stimmt. Wenn man auf die anderen Gruppen schaut, haben wir sicher die schwerste erwischt. Hier spielen sechs gute Mannschaften um vier Plätze, die zum Weiterkommen berechtigen. Das wird alles andere als einfach.

Schauen wir uns mal die Gegner im Einzelnen an. Mit Veszprém kämpften die Löwen schon im Vorjahr um den Gruppensieg. Sind die Ungarn wieder der Favorit auf den Gruppensieg?

Jacobsen: Auf jeden Fall. Veszprém hat sich mit Christian Zeitz aus Kiel und Andreas Nilsson vom HSV Handball nochmals verstärkt. Diese Mannschaft hat sicher den Anspruch auf einen Platz im Final Four in Köln. Diese beiden Partien werden wie im Vorjahr zwei Highlights, die großen Handball versprechen.

Mit dem HC Vardar Skopje bekommen es die Löwen auch mit einem der aufstrebenden Teams aus Mazedonien zu tun. Ein harter Brocken, vor allem auswärts…

Jacobsen: Vardar wird die Mannschaft sein, mit der wir uns wohl um den zweiten Platz streiten werden. Auch Vardar hat wie Veszprém ganz andere finanzielle Möglichkeiten wie wir und hat sich mit dem Ex-Löwen Sergei Gorbok, Arpad Sterbik aus Barcelona und Blazenko Lackovic vom HSV verstärkt. Sie sind vergangenes Jahr ganz knapp im Viertelfinale gescheitert. Eine ganz starke Truppe.

Celje war zuletzt so etwas wie der Dauergegner der Löwen in der Königsklasse. Diesen Klub wollen Sie sicher hinter sich lassen.

Jacobsen: Ja, Celje sollten wir in beiden Begegnungen schlagen. Der Klub musste wieder Abgänge verkraften, hat aber jede Menge internationale Erfahrung. Außerdem kommen immer wieder junge Spieler nach.

Konnten sie sich schon ein Bild von Medwedi Tschechow machen? Der Glanz vergangener Tage scheint verblasst.

Jacobsen: Über Tschechow konnte ich mir ehrlich gesagt noch kein genaues Bild machen und weiß noch nicht so recht, was da auf uns zukommt. Da werde ich wohl einige Zeit ins Video-Studium investieren müssen (lacht).

Aus dem Lostopf sechs gab es leider keinenQualifikanten, sondern den französischen Rekordmeister Montpellier HB. Wo sehen sie die einstige Star-Truppe aus dem Nachbarland?

Jacobsen: Montpellier hatte zuletzt viele Abgänge zu verzeichnen, stand im vergangenen Jahr aber im Endspiel um den EHF-Cup. Das ist immer noch eine unangenehme Mannschaft mit viel Erfahrung.

Und was können die Fans von den Löwen erwarten?

Jacobsen: Wir wollen Veszprém so lange wie möglich ärgern, mit Platz eins in der Vorrunde könnte der Weg nach Köln schließlich etwas leichter werden. Aber in dieser Gruppe wird es zunächst darauf ankommen, sich überhaupt für das Achtelfinale zu qualifizieren. Da müssen wir höllisch aufpassen.

Die Löwen können sich in der Königsklasse auf viele routinierte Spieler verlassen. Wie sehen sie aber die Rolle ihrer Youngster wie Mads Mensah Larsen, Harald Reinkind oder Tim Suton? Werden auch sie ausreichend Erfahrungen sammeln können?

Jacobsen: Mit der zunehmenden Belastung werden wir in den kommenden Wochen jeden Spieler brauchen – auch die jungen. Im vergangenen
Jahr hatten die Löwen mit Gorbok, Sesum oder Manojlovic abgeklärte Kräfte auf der Bank, nun haben wir dort drei tolle Talente. Auch die werden ihre Erfahrungen sammeln und sich so weiterentwickeln. Und Mads kennt die Champions League schließlich schon aus Aalborg.

Sie haben einen Wunsch für diese Champions-League-Saison frei? Wären sie mit einem Freifahrtschein nach Köln einverstanden?

Jacobsen: Den würde ich sofort nehmen, aber so wird es wohl nicht kommen. (lacht) Das Final Four ist ein Traum und es ist natürlich immer ein Ziel, in Köln dabei zu sein. Es gibt aber andere Mannschaften, die noch vor uns stehen und andere Möglichkeiten haben. Trotzdem werden wir alles versuchen, um an diesen Teams vorbeizukommen.