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„Wir wollen unbedingt ins Viertelfinale“

Bjarte Myrhol im Interview

Vor dem Hinspiel im Achtelfinale der VELUX EHF Champions League gegen Pick Szeged am kommenden Freitag spricht Bjarte Myrhol über das Duell mit den Ungarn, seine Verletzungspause und über seinen Abschied von den Löwen zum Saisonende.

Bjarte, du musstest nach der WM-Pause zunächst wegen einer Knieverletzung pausieren und hast nach deinem Come­back gegen Bietigheim von deinem „Holz­bein“ gesprochen. Hast du es heute schon gewachst und poliert?

Bjarte Myrhol: Klar, die richtige Pflege gehört dazu (lacht). Aber es könnte tatsächlich etwas besser sein. Es ist leider noch nicht optimal.

Viele Fans waren überrascht, dass du mit einer Verletzung aus der Pause kamst. Hattest du damit schon in der Hin­runde Probleme?

Myrhol: Diese Sache begleitet mich schon die gesamte Saison, ich habe mehrere Monate mit Schmerzen gespielt. Ende Dezember gab es dann noch einmal einen Eingriff am Meniskus. Ob ich mir die Verletzung bei einer bestimmten Situa­tion zugezogen habe oder ob es mit der Belastung zusammenhängt, wissen wir nicht genau. Vielleicht ist es auch eine Mischung aus beidem.

Durch die Verletzung von Gedeon Guardiola musst­est du jetzt zumindest im Angriff schnell wieder einspringen? Hättest du dir noch etwas mehr Zeit zum Aufbau gewünscht?

Myrhol: Wir lagen eigentlich gut im Plan, viel­leicht hätte mir ein Tick mehr Pause noch gut getan, aber ich kann spielen und es wird dadurch auch nicht schlimmer. Ich habe jetzt eine Mischung aus normalem Training und Reha auf dem Programm, und unsere medizinis­che Abteilung ist wie immer Weltklasse. Es ist wirklich optimal, was man hier bei den Rhein-Neckar Löwen angeboten bekommt.

Wie schwer trifft euch Gede­ons Ausfall? Du hast lange genug im Mittelblock gespielt, um beurteilen zu können, wie wichtig diese Position ist.

Myrhol: Natürlich fehlt uns mit Gede­on ein Klasse-Mann auf dieser Position, man darf bei solchen Verletzungen aber auch nicht übertreiben. Wir müssen wie andere Mannschaften mit dieser Situation leben. Jetzt rückt eben der nächste ins Team und muss Gedeons Aufgaben übernehmen. Generell muss man sagen: Wir hatten bei den Löwen in der Vergangenheit auch viel Glück, von solchen Situationen verschont zu bleiben. Auch das ist sicher der Verdienst unserer medizinis­chen Abteilung.

Ihr habt Gedeons Ausfall, wie beispiels­weise, gegen Flensburg mit einer offensiven Abwehrformation kompensiert. Ist das eine weiter eine Option oder auch vom Gegner abhängig?

Myrhol: Diese offensive Abwehr haben wir zu­vor ja auch mit Gedeon gespielt. Wir können die 6:0-Abwehr offensiv oder defensiv spielen oder den Gegner mit einer 5:1-Abwehr noch früher unter Druck setzen. Mittlerweile haben wir da einige Varianten, die gut eingespielt sind und die wir je nach Situation oder Gegner abrufen können.

Stichwort Gegner: Für das nächste Spiel, das  Hinspiel im Achtelfinale der Champions League wurde euch Pick Szeged zugelost. Im Topf lagen noch Paris und Kolding-Kopenhagen. Wir schätzt du Szeged ein?

Myrhol: Im vergangenen Jahr hatten wir mit Kielce im Achtelfinale und danach Barcelona sicher kein Losglück in der K.-o.-Runde. Deshalb wäre Paris sicher wieder ein hartes Los gewesen, aber in dieser Phase gibt es ohnehin nur noch Top-Mannschaften. Wie werden zwei starke Spiele benötigen, um uns durchzusetzen.

Szeged ist der ewige Zweite in Ungarn, konnte die Lücke hinter Veszprem zuletzt aber etwas verkleinern. Siehst du das ähn­lich?

Myrhol: Szeged hat zuletzt eine gute Entwick­lung genommen. Mit Jonas Källmann haben sie einen Weltklasse-Linksaußen, und Trainer Juan Carlos Pastor hat erfahrene spanische Profis mitgebracht. Außerdem haben sie im vergan­genen Jahr den EHF-Cup gewonnen. Das sagt schon alles.

Es gibt zudem ein Wiedersehen mit Gabor Anscin, der 2009 bei den Löwen war, aber dann in der Hauptsache für Friesenheim am Ball war. Mittlerweile ist er ein etablierter Nationalspieler. Welche Erinnerungen hast du an ihn?

Myrhol: Gabor hat eine tolle Entwicklung gemacht, was mich aber nicht überrascht. Er hat mit seiner Größe und seinem Wurf schon damals viel mitgebracht. An ihm sieht man, was aus einem werden kann, wenn man richtig trainiert und als Handballer die richtigen Entscheidungen trifft.

Mit der Heimniederlage gegen Skopje habt ihr Platz zwei in der Gruppe C verpasst und damit auch die Chance, das Achtelfinal-Rück­spiel zuhause auszutragen. Wie wichtig kann das in den anstehenden zwei K.o.-Spielen sein.

Myrhol: Das ist natürlich nicht unerheblich und es macht schon Sinn, dass du als Gruppen-zweiter diese Belohnung erhältst. Im Optimalfall gewinnen wir unser Heimspiel und fahren mit einem Polster nach Ungarn. Aber wir können das weder planen, noch sollten wir uns zu viele Gedanken darüber machen. Am Ende wird sich die über zwei Spiele bessere Mannschaft durch­setzen.

Da du die Löwen am Saisonende Richtung Skjern in Dänemark verlässt, ist das mögli­cherweise deine letzte Saison in der Cham­pions League. Wirst du die Königsklasse vermissen oder bist du angesichts von 14 Gruppenspielen in der nächsten Spielzeit froh, dass du diesen Stress nicht mehr hast?

Myrhol: Auch falls sich Skjern in diesem Jahr nicht für die kommende Champions-League-Saison qualifizieren sollte, habe ich nicht mit der Königsklasse abgeschlossen. Ich möchte schon noch vier, fünf Jahre spielen und wer weiß, was noch kommt. Aber als Familienvater ist man irgendwann natürlich um jeden Tag froh, den man nicht unterwegs ist.

Wie beurteilst du die Entwicklung mit der Ausweitung der Gruppenphase?

Myrhol: Das Thema wird schon seit zehn Jahren diskutiert und geht mit Blick auf die Belastung der Spieler immer wieder in die falsche Richtung. Das ist schade, aber ich habe mich damit abgefunden.

Du redest nicht gerne über das Saisonende und den Abschied von den Löwen. Kannst du diese Gedanken aber immer von dir weg­schieben, wenn du beispielsweise weißt: So, das war das letzte Spiel in Flensburg, das letzte Mal in Berlin . . .

Myrhol: Natürlich kann man das nicht immer ausblenden, aber im März wäre es wirklich viel zu früh, schon an das Saisonende zu denken. Das würde mich zu stark ablenken, ich habe noch so viel mit den Löwen vor.

Wie lautet dein Ausblick auf das Spiel am Freitag zu Hause gegen Pick Szeged?

Myrhol: Wir müssen natürlich vorlegen, das wird schwierig genug. Ich hoffe unsere Fans werden uns dabei unterstützen, wir als Mannschaft wollen auf jeden Fall ins Viertelfinale der VELUX EHF Champions League, dazu brauchen wir vor allem zu Hause eine starke Leistung, und das geht nur mit der Unterstützung unserer Anhänger.