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1, 2, 3, Uwe!
Abschiedsspiel von Löwen-Legende Gensheimer wird zu einem Abend voller Wahnsinn, Emotionen und lustiger Randgeschichten

Ausverkaufte SAP Arena, Anreise aus Hongkong – inklusive Bandscheibenvorfalls –, ein Weltmeister-Trainer, der direkt von der Siegerparty kommt: Die Wertschätzung für Uwe Gensheimer kennt scheinbar keine Grenzen. Und was soll man sagen? Dieser Mann hat es verdient. Eine Inspiration für Generationen von Nachwuchshandballern, eine Löwen-Legende, die nicht nur für den Klub, sondern auch für die Stadt steht, in der er spielt: So hat der Mann mit der Nummer drei die Herzen gewonnen und wird vollkommen zurecht am Dienstagabend noch einmal richtig gefeiert. Getreu dem Motto: 1, 2, 3, Uwe!
„Uw3 – The Last Spin“ heißt der Abend, und er endet, natürlich, mit eben diesem. 40 Sekunden vor Schluss „zieht“ Gensheimer-Kumpel Patrick Groetzki einen Siebenmeter, drückt seinem Freund den Ball in die Hand. Zwei Löwen-Legenden, zwei Freunde, eine letzte Aufgabe. So muss alles enden, und Uwe lässt sich Zeit. Es vergehen die 40 Sekunden, es ertönt die Schlusssirene. Uwe mit seinem Lauser-Lächeln holt aus, aber David Späth im Tor wird nichts machen. Er ist, wie die 13.200 Menschen auf der Tribüne und die vielen Dutzenden Journalisten, Fernsehleute, Spieler, Trainer, Betreuer und Mitarbeiter im Arena-Innenraum, lediglich Statist. Statist für den letzten Dreher, der, selbstverständlich, an Davids linkem Bein vorbei blitzsauber über die Torlinie zischt.
1, 2, 3, Uwe! Apfel scheitert am Sesum-Block

38:36 gewinnen Uwes Allstars das Show-Duell mit den Rhein-Neckar Löwen, bei denen Juri Knorr (Regeneration), Sebastian Heymann, Jannik Kohlbacher (beide Rehabilitation) und Ivan Martinovic (WM-Sonderurlaub) fehlen. Umso mehr „lastet“ auf den Etablierten. Mikael Appelgren, ein Mann wie gemacht für ein solches Spiel, entleert seine Trickkiste komplett, setzt mehrere Dreher an zu Uwes Ehren, wechselt mitten im Spiel die Teams und nimmt sich, nach einem feinen Tänzchen Ringelrein, einen Wurf aus dem Rückraum, der von Zarko Sesum geblockt wird. „Der hätte reingemusst“, witzelt Apfel später. Sein Ex-Trainer findet dessen durchaus starke Torhüterleistung nicht ganz so cool.
„Ich habe ein Jahr nicht verloren“, fasst Löwen-Trainer-Legende Nikolaj Jacobsen seine sportlichen Ambitionen für den Abend zusammen. „Äpplet hält gut. Ich hoffe, dass er bald ausgewechselt wird“, scherzt der dänische Weltmeister-Coach Richtung seines Kollegen Sebastian Hinze. Blöd nur, dass David Späth nicht viel schlechter hält, und, stilecht im Uwe-Trikot, per Dreher einen Siebenmeter verwandelt. In der kurzen Fußball-Einlage Mitte der zweiten Hälfte zaubern dann aber vor allem die Allstars. Außenrist-Pass Kim Ekdahl Du Rietz (der mit dem Bandscheibenvorfall aus Hongkong), Kopfannahme Marius Steinhauser samt Heber aus spitzestem Winkel: Das 28:28 ist einer der Höhepunkte auf der Platte.
1, 2, 3, Uwe! Legendäres Torhüter-Trio

Zu den weiteren Highlights zählen der Auftritt des 55-jährigen Blacky Schwarzer, der einige Bälle vom Kreis versenkt und sich für sein Alter ausnehmend gut schlägt. Der Führende der ewigen DHB-Torschützenliste macht Uwe, dem Zweiten dieser ehrenvollen Liste, sehr gerne seine Aufwartung, genauso wie das legendäre Torhüter-Trio Johannes Bitter, Silvio Heinevetter und Andi Wolff. Später, als die ersten Glückwünsche der Spieler, Trainer und Betreuer durch sind, findet auf dem Feld der nochmal emotionalere Teil statt, mit Grußbotschaften, Gesangseinlagen und den Worten Uwe Gensheimers an seine Fans: „Der größte Dank geht an Euch“, ruft Uwe den Menschen in der ausverkauften SAP Arena zu.
Unten auf dem Feld sprechen nacheinander Mark Schober für den DHB und Frank Bohmann für die HBL. Söhne-Mannheim-Sänger Rolf Stahlhofen intoniert „Meine Stadt“ und rührt Uwe damit genauso zu Tränen wie Andreas Kümmert mit seiner Akustikversion von „Rocket Man“. Uwe sieht auf dem Videowürfel, wie sein Wandgemälde im Arena-Treppengang neben dem von Andy Schmid entsteht und wie ihn Sportgrößen von Toni Kroos bis Alfred Gislason mit Worten des Lobes und der Bewunderung überhäufen. Das alles ist viel, genau richtig viel für jemanden, der seine Sportart geprägt hat wie nicht viele auf diesem Planeten. Dass er mit seinem Sohn Matti einläuft zu seinem letzten Spiel, rundet das Bild perfekt ab. Zumindest das, was alle sehen konnten. Es folgt ein kleiner, aber sehr feiner und lohnender Blick hinter die Kulissen von Uw3 – The Last Spin. Der Titel der Reportage im Übrigen ergibt sich aus dem Schlachtruf der Allstars an diesem besonderen Abend: 1, 2, 3, Uwe!
1, 2, 3, Uwe! Bitter entdeckt die Weinvorräte

Passend zu Uwes feierlaunigem Naturell befindet sich da, wo sonst die Mixed Zone für Interviews ist, eine Wein- und Bierbar. Die soll eigentlich erst nach dem Spiel eröffnen, was einigen Herren aus Uwes Team so gar nicht passt. Die mit dem meisten Durst und der meisten Erfahrung, Bitter, Heinevetter und Jacobsen, finden tatsächlich die Vorräte und gönnen sich ein erstes Schlückchen – hinterrücks eingefangen von der Arena- und Dyn-Regie. Wohin diese nicht kommt, sind traditionsgemäß die Kabinen. In der von Uwe geht es so locker zu, wie man meinen sollte bei einem solchen Spaß-Anlass. Auf die Frage, ob wegen der verschlossenen Tür schon Besprechung sei, meint der im Gang telefonierende Blacky nur: „Nein, die ist fünf Minuten vor Spielbeginn.“
Wegen des großen Besucher- und Verkehrsaufkommens verzögert sich die Abfahrt zur großen Party in der Schwetzinger Wollfabrik. Also macht man es sich in der Arena bequem. Hendrik Pekeler gibt einen Großauftrag am Zapfhahn ab und befüllt die Körbe von Backwaren-Partner Theurer kurzerhand mit mehreren Dutzend schäumender Bierbecher. So lässt sie sich aushalten, die Warterei. Schließlich wird die Party nach und nach in die benachbarte Residenzstadt verlegt, leert sich die SAP Arena, ist ein legendärer Abend Geschichte und bricht ein neues Kapitel an für die Rhein-Neckar Löwen genauso wie für Uwe Gensheimer.