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Abschied (4/7): Karol Bielecki – Feuer im rechten Arm

Wenn Karol Bielecki mit dem Ball in der Hand zum Wurf ansetzt, sind die gegnerischen Torhüter in Alarmbereitschaft. Es gibt nur wenige Spieler auf der Welt, die einen derart platzierten und harten Wurf haben, wie der Halblinke der Rhein-Neckar Löwen. Viereinhalb Jahre sorgte er mit dieser Fähigkeit für die „leichten“ Tore aus dem Rückraum und für Raunen auf den Rängen der SAP Arena. Im Sommer bricht Bielecki seine Zelte bei den Badenern ab und wechselt in seine polnische Heimat zum KS Kielce.

Karol Bielecki steht auch für den emotionalsten Moment, den die Rhein-Neckar Löwen bislang in der SAP Arena erlebten. Am zweiten Spieltag der Saison 2010/11 hallten mitreißende „Karol, Karol“-Sprechchöre durch die Halle, die niemanden kalt lassen konnten. „Man hat richtig feuchte Augen gekriegt in den letzten zehn Minuten. Schön, dass Karol das erleben darf“, sagte Löwen-Manager Thorsten Storm später. Auch Bielecki selbst wurde nach der Partie von den Tränen übermannt, winkte noch einmal ins Publikum und verschwand dann in der Kabine.

Nur knapp drei Monate zuvor schien die Karriere des Polen beendet, als er in einem Testländerspiel mit seinem Nationalteam gegen Kroatien so unglücklich mit einem Finger im linken Auge getroffen wurde, dass er sofort operiert werden musste, sein Augenlicht aber nicht gerettet werden konnte. Ein Handballspieler auf Weltklasseniveau mit nur einem Auge, das war schwer vorstellbar. Doch mit Hilfe der Löwen und unbändigem  Ehrgeiz schuftete Bielecki für sein Comeback und schaffte schneller, als viele gedacht hatten, die Rückkehr aufs Handballfeld. Gegen Göppingen endete der beschwerliche Weg und mit elf Toren war der Halblinke der Matchwinner beim 28:26 gegen Frisch Auf. „Ich weiß, was dieser Verein für mich in dieser schwierigen Situation getan hat und werde das nie vergessen“, ist Bielecki den vielen Helfern im Klub dankbar.

Umgekehrt sind die Löwen auch dem Rotschopf dankbar, der im Dezember 2007 gemeinsam mit Grzegorz Tkaczyk vom SC Magdeburg zu den Badenern wechselte und mithalf, die Löwen zu einer Top-Adresse in Europa zu machen. Insgesamt 821 Pflichtspieltreffer warf der Mann aus dem linken Rückraum und führte die Badener damit vier Mal ins Final Four nach Hamburg, einmal ins Champions League Final Four nach Köln und 2009 bis ins Endspiel des Europapokals der Pokalsieger. Mehrmals stand Bielecki mit seinem Team vor einem Titelgewinn. „Es ist schade, dass wir es nicht geschafft haben, wir waren sehr nahe dran“, trauert der Pole den vergebenen Möglichkeiten nach. Diese Niederlagen sind ein kleiner schwarzer Fleck in der Bilanz des Rechtshänders bei den Löwen.

Sie können die Gesamtbilanz allerdings nicht trüben. Zu positiv sieht Bielecki die Jahre bei den Löwen und in der SAP Arena. „Ich habe hier viele Freunde gefunden und mich immer wohl gefühlt“, sagt er und hat gleichzeitig die Gewissheit, dass der Klub im entscheidenden Moment für ihn da war.

STECKBRIEF KAROL BIELECKI

Im Verein: 12/2007 bis 6/2012
Erstes Spiel: 15. Dezember 2007 (SG Flensburg-Handewitt – RNL 36:28)
Letztes Spiel: 2. Juni 2012 (RNL – Bergischer HC 30:28)
Spiele gesamt: 150
Tore: 549
Tore Schnitt: 3,7
Tore max.: 11

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