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Alles Denkbare ist auch machbar (RNZ)

Göppingen. Als das Derby beendet war, kam, was immer kommt, wenn die Rhein-Neckar Löwen wichtige Spiele gewinnen: der Siegertanz. Die Gelben bildeten einen Kreis, umarmten sich und hüpften als riesiges Knäuel durch die Göppinger EWS-Halle. Doch diesmal, nach dem 30:29-Erfolg bei Frisch Auf, war es anders – deutlich emotionaler. Zudem jubelte im Schwabenland auch mal einer mit, der ansonsten eher für sich feiert. Gemeint ist Gudmundur Gudmundsson, der Trainer der badischen Handball-Sieben. Wie ein Gummiball hopste der kleine Isländer durch die „Hölle Süd“.

Bilder, an die man sich als Löwen-Fan gerne gewöhnen würde. Ausgelöst wurden sie durch 60 Handball-Minuten, in denen bei Uwe Gensheimer und Co. nicht alles passte – und genau das macht diesen Triumph im Landesderby so wertvoll. Denn die Löwen zogen sich am Dienstagabend nach schwachem Beginn selbst wieder aus dem Sumpf, bestachen durch viel Kampf und noch mehr Leidenschaft. Fakt ist: Diese Mannschaft ist gereift, fährt nun auch die Big Points ein, wenn es mal nicht läuft. Genau das zeichnet Spitzenteams aus. Der THW Kiel lässt grüßen. Löwen-Manager Thorsten Storm freut das. Er sagt: „Wir sind als Mannschaft besser geworden, warten auf unsere Chance und halten dagegen auch wenn mal etwas nicht gleich klappt.“

Ins Rampenlicht spielte sich auch mal wieder Krzysztof Lijewski. Der Pole brillierte auf Halbrechts, stellte Göppingen häufig vor unlösbare Aufgaben. Zuletzt war das anders: Der 28-Jährige stand oft neben sich und hatte kein Glück im Abschluss. Was vor allem mit Knieproblemen zusammenhing. Doch nun hat er sich zurückgemeldet. Mit sechs Toren und vielen guten Zuspielen. Storm fand’s klasse, verzichtet aber auf ein Sonderlob: „Krzysztof war gut, andere jedoch auch“, sagt er, „ausschlaggebend für den Sieg war nicht die individuelle Klasse eines einzelnen Spielers, sondern die Teamleistung.“

Und das soll auch so bleiben. Denn dann ist in dieser Saison noch viel möglich. Auch die Rückkehr in den erlauchten Kreis der Champions-League-Kandidaten. Hierzu müssen die Löwen unter die Top drei, wobei möglicherweise auch der vierte Platz am Ende reichen könnte. Storm und Gudmundsson hätten jedenfalls nichts dagegen. Doch rings um das Rudel ist man vorsichtig geworden. Die Vergangenheit hat so einiges gelehrt. Zwischen Wolke sieben und finsterem Tal bewegten sich stets die Löwen. Storm formuliert so: „Alles Denkbare ist auch machbar. Allerdings gilt das stets für beide Richtungen. Wir werden es erleben und planen weiterhin immer nur für die nächste Aufgabe.“

Die nächste Partie steigt am Samstag in der Mannheimer MWS-Halle: Dort treffen die Löwen um 19 Uhr im Viertelfinal-Rückspiel des EHF-Cups auf Gorenje Velenje. In Slowenien siegte die Gudmundsson-Sieben mit 27:25. Ein dickes Polster sieht anders aus. Storm beurteilt die Lage ähnlich: „Wir wollen auch das Rückspiel gewinnen. Nichts anderes zählt. Es ist eine große Chance für uns alle.“ Und weiter: „Ich hoffe auf eine volle Halle und eine tolle Stimmung, die würde den Jungs gerade in so einem Alles-oder-nichts-Spiel sehr helfen.“

Von Daniel Hund