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Am Dienstag gegen Wetzlar

Die HSG kommt mit neuem Trainer in die SAP Arena

Zwei Mal in Folge 30:29 gewonnen, elf Mal in den vergangenen zwölf Begegnungen als Sieger das Parkett verlassen, das EHF-Pokal-Halbfinale erreicht – die Rhein-Neckar Löwen haben gerade das, was man einen guten Lauf nennt. Und der soll am Dienstagabend im Heimspiel gegen die HSG Wetzlar (20:15 Uhr, SAP Arena) weitergehen…

Von der Papierform her und aufgrund der jüngsten Resultate dürfte alles für die Gelbhemden sprechen, doch Vorsicht ist geboten: Der 30:29-Erfolg am Samstagabend gegen Velenje hat viel Kraft gekostet und beim letzten Heimspiel gegen Wetzlar im Februar 2011 gab es ein böses Erwachen. Damals gingen die Löwen ebenfalls als haushoher Favorit in die Partie und hatten am Ende Glück, beim 26:26 wenigstens einen Zähler in Mannheim zu behalten.

„Wetzlar ist in dieser Situation ein sehr unangenehmer Gegner, da sie kurz vor einem Abstiegsplatz stehen“, weiß Löwen-Coach Guðmundur Guðmundsson um die Kampfkraft von Mannschaften in diesen Situationen. Zudem hat es bei den Hessen gerade einen Trainerwechsel gegeben, Kai Wandschneider löste den glücklosen Gennadij Chalepo ab und wird in Mannheim sein Debüt als HSG-Trainer geben. „Die HSG hat in dieser Saison schon viele gute Spiele gezeigt und starke Leute in ihren Reihen“, so der Isländer weiter. Wie schnell Leichtsinn eine Partie ruinieren kann, hat gerade die Schlussphase der ersten Hälfte gegen Velenje gezeigt. Deshalb fordert Guðmundsson vor der Länderspielpause noch einmal volle Konzentration von seinen Jungs. Wetzlar kommt mit einer Bilanz von fünf Niederlagen aus den letzten fünf Partien in die Quadratestadt.

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HSG Wetzlar im Porträt: Die graue Maus wird bunter

Ein wenig hatte die HSG Wetzlar den Status einer grauen Maus innerhalb der Handball-Bundesliga, denn der Klub aus Mittelhessen ist zwar ein fester Bestandteil der Eliteliga, doch Ausrutscher nach oben und unten blieben in den zurückliegenden Jahren aus. Es war meistens ruhig um die HSG, was sich in den vergangenen Wochen allerdings geändert hat. Zuletzt tauschten die Wetzlarer ihren Trainer nach einem enttäuschenden 19:20 gegen den TV Großwallstadt aus und zuvor bemühte der Klub die Sportgerichtsbarkeit, weil er nach einem 26:25-Erfolg über Frisch Auf Göppingen die Punkte zunächst aberkannt bekam. Der Grund: Mit dem früheren Löwen Andrej Klimovets hatten die Wetzlarer einen Akteur eingesetzt, dem parallel schon eine Spielgenehmigung von der TSG Haßloch vorlag.

Die zwei Punkte könnten in der Endabrechnung noch sehr wichtig werden, weil die HSG inzwischen tief im Abstiegsschlammassel steckt und nur noch knapp über dem Strich liegt. Eigentlich schien dieses Szenario für den Klub im Winter noch unwahrscheinlich, doch fünf Niederlagen hintereinander ließen die Mittelhessen im Klassement abrutschen. Darunter waren auch die bitteren Pleiten gegen die direkten Konkurrenten Bergischer HC (22:23), HBW Balingen-Weilstetten (25:28) und TV Großwallstadt (19:20). Mit Erfolgen in diesen Duellen hätte sich die HSG längst aller Sorgen entledigen können.

Immerhin gab es zwischendurch am Grünen Tisch einen Erfolg, denn in zweiter Instanz bekamen die Wetzlarer die Punkte gegen Göppingen zurück. Kurz vor dem Duell mit den Schwaben hatten die Verantwortlichen mit Klimovets einen erfahrenen Akteur verpflichtet, der in der Abwehr mehr Stabilität geben und am Kreis für Tore sorgen sollte. Seit Juni 2011 war der frühere Nationalspieler vertragslos und hatte sich deshalb bei der unterklassigen TSG Haßloch fit gehalten. Dort beantragte er auch eine Spielgenehmigung, die noch Gültigkeit besaß, als die Wetzlarer bei ihm anfragten und ihn kurz danach unter Vertrag nahmen. Seinen ersten Einsatz für die HSG hatte Klimovets schließlich gegen Göppingen und besaß zu diesem Zeitpunkt zwei Spielberechtigungen, was nach HBL-Regularien unzulässig ist.

„Wir hatten die Punkte gegen Göppingen sportlich erkämpft, deshalb war es unsere Pflicht, für sie zu kämpfen“, sagte HSG-Geschäftsführer Björn Seipp nach der Urteilsverkündung und die wieder errungenen Punkte. Klimovets dagegen wurde weiterhin hart bestraft, der gebürtige Weißrusse bleibt bis Saisonende gesperrt. „Die Schuld für die doppelte Spielberechtigung liegt beim Spieler“, erklärte Seipp, der zwar dafür gekämpft hatte, die Sperre des Kreisläufers zu verhindern, damit jedoch scheiterte.

Erfolgreich war der Geschäftsführer hingegen bei der Suche nach einem neuen Trainer. Gerade einmal 24 Stunden nach der Bekanntgabe der Trennung von Gennadij Chalepo wurde Kai Wandschneider als Nachfolger vorgestellt. „Ausschlaggebend für die Verpflichtung von Wandschneider war, dass er als systematischer Trainer bekannt ist, zudem über jede Menge Erstligaerfahrung verfügt. Er weiß, was es heißt, in der Handball-Bundesliga um den Klassenerhalt zu kämpfen“, begründete Seipp den Transfer. Wandschneider machte sich beim TSV Dormagen, der inzwischen als DHC Rheinland firmiert, einen Namen und führte den Klub aus der dritten bis in die erste Liga. Zehn Jahre lang zwischen 2001 und 2011 war er für die Westdeutschen tätig, beendete seine Tätigkeit dort aber im zurückliegenden Sommer. „Neben dem neuen Verantwortlichen auf der Trainerbank sind aber allen voran die Spieler in der Pflicht, alles für den Klassenerhalt der HSG Wetzlar zu tun“, sagte Seipp. Wandschneider unterzeichnete einen Vertrag bis Saisonende mit einer Option im Falle des Ligaverbleibs.

Auf Klimovets und dessen Erfahrung wird Kai Wandschneider verzichten müssen, wenn er als neuer Übungsleiter das Unternehmen Klassenverbleib in Angriff nimmt. Nicht mit von der Partie wird auch Tobias Hahn sein, der sich im Duell bei der HBW Balingen-Weilstetten vor knapp zwei Wochen einen Kreuzbandriss im linken Knie zuzog. Der Rechtsaußen steht der HSG damit für etwa sechs Monate nicht zur Verfügung und sorgt damit für einen personellen Engpass auf der rechten Seite. Die Aufgabe wird für den neuen Coach also nicht leicht, dabei sind die Voraussetzungen für eine bessere Zukunft eigentlich schon geschaffen.

In den Planungen für die neue Saison sind die Mittelhessen nämlich schon weit und verkündeten bereits vor drei Wochen, dass sie abgeschlossen seien. Die Verantwortlichen machten dabei einen guten Job und verpflichteten einige Hochkaräter. An der Spitze der neuen Akteure steht mit Michael Müller ein Löwe, der gerade in den zurückliegenden Wochen gezeigt hat, wie viel Qualität die Wetzlarer in der neuen Saison in ihren Kader bekommen.

Neben dem Linkshänder, der im erweiterten Kader der deutschen Nationalmannschaft steht, kommen mit Jens Tiedtke und Tobias Reichmann zwei weitere Deutsche, die als Verstärkungen zu sehen sind. Tiedtke ist ein routinierter Kreisläufer und kommt vom Liga-Rivalen TV Großwallstadt. Reichmann spielt aktuell noch beim Branchenprimus THW Kiel und kommt dort auf der Position Rechtsaußen nicht an Christian Sprenger vorbei, weshalb er in Wetzlar eine neue Chance sucht.

Hinzu kommt, dass zuletzt mit Daniel Valo und Kári Kristján Kristjánsson zwei Leistungsträger des derzeitigen Kaders ihre Verträge verlängerten und somit dafür sorgten, dass die HSG für die Saison 2012/13 gut aufgestellt scheint. „Unsere Personalplanungen sind nun abgeschlossen und somit weiß jeder Spieler des aktuellen Kaders, wo er steht und wie er sich für die Zukunft zu orientieren hat. Diese Klarheit zu schaffen, war Aufsichtsrat und Geschäftsführung im Sinne des Klubs und natürlich auch der Spieler wichtig, damit sich Mannschaft und Trainer voll auf die kommenden schweren Aufgaben im Kampf um den Klassenerhalt konzentrieren können“, sagte Seipp nur wenige Tage, bevor er die Trennung von Chalepo bekanntgab und sich die Situation in der laufenden Spielzeit noch einmal änderte.

Den ersten Auftritt nach dem Wechsel auf der Trainerbank haben die Wetzlarer nun in der SAP Arena. Ausgerechnet in Mannheim, wo die Wetzlarer bisher noch ohne Sieg sind. „Wir sind Außenseiter gegen die Löwen“, weiß der neue Coach Wandschneider und ist wahrscheinlich nicht unglücklich über den Spielplan. Schließlich können sein Team und er ohne Druck in der SAP Arena auftreten. Das wird sich anschließend ändern, denn in den Heimspielen gegen die TSV Hannover-Burgdorf und die MT Melsungen soll der Grundstein für den Klassenerhalt gelegt werden.

Durch die Misserfolge zuletzt sind die Wetzlarer in Zugzwang geraten und wollen mit dem neuen Trainer in die Erfolgsspur zurückkehren – am liebsten direkt in Mannheim, wo die HSG vor knapp einem Jahr immerhin ein kleines Ausrufezeichen setzen und nach dem erkämpften 26:26 mit einem Punkt im Gepäck die Heimreise antreten konnte. Bei einer Wiederholung würden sich die Mittelhessen wie Sieger fühlen.